Eine „sichere“ Gesundheits-App entwickeln: So geht das!

Verbraucher und Patienten nennen als Hauptgrund warum sie bisher keine Gesundheits-Apps nutzen die Angst vor dem Ausspähen persönlicher Gesundheitsdaten (GAPP-Studie). Die Europäische Kommission hat die Tragweite des Problems erkannt und reagiert. Mit einem sog. Code of Conduct on Privacy for mobile health applications will sie dafür sorgen, dass das Vertrauen in Gesundheits-Apps wachsen kann. Sie gibt Entwicklern von Health-Apps Empfehlungen an die Hand, wie EU Datenschutzrichtlinien in Health-Apps umgesetzt werden können. Anbieter von Health-Apps, die sich freiwillig zur Einhaltung dieser Regeln verpflichten, werden in ein zentrales Register aufgenommen, das auf EU-Ebene neu aufgebaut werden soll. Wer will, kann sich außerdem auditieren lassen, die Kosten für diesen Prozess trägt jeder Health-App Anbieter selbst.

Für welche Health-Apps gelten die Empfehlungen?

Für alle Apps, die Daten erfassen und oder verarbeiten, die eine klare Zuordnung zur Gesundheit des Nutzers oder seines gesundheitlichen Risikos erlauben, gelten die in der Empfehlung ausformulierten erhöhten Anforderungen an den Schutz der persönlichen Gesundheitsdaten. Es ist also abhängig, in welchem Kontext eine App genutzt wird, welchen Zweck sie mit der Erhebung und Auswertung dieser Daten verfolgt, d. h. für eine Fitness-App, die zwar Nutzerdaten aufzeichnet diese aber nicht für eine gesundheitsbezogene Fragestellungen auswertet, gelten die einfachen Datenschutzregeln wie für jede andere App auch.

Was müssen Entwickler von Gesundheits-Apps tun, die in das Register der EU aufgenommen werden wollen?

In einer Erklärung geben sie Aufschluss darüber, in welchem gesundheitsbezogenen Kontext und in welchem Umfang sie personenbezogene Daten erheben. Diese Angaben werden auf Vollständigkeit und Plausibilität geprüft – Annex I – Privacy Impact Assessment

Aufbau und Pflege des Registers bezahlen die App-Anbieter mit einer Art Mitgliedsbeitrag, der sich an der Anzahl der Apps und der Größe der erreichten Nutzerzielgruppen, und damit der Wirtschaftskraft des Anbieters orientiert.

Wer überprüft die Einhaltung der freiwilligen Selbstverpflichtung?

Die Apps der Hersteller, die im Register gelistet sind, werden stichprobenartig überprüft, Verstöße können grundsätzliche auch von den Nutzern selbst und jedem anderen Marktteilnehmer gemeldet werden.

Bei jedem Update einer Gesundheits-Apps Apps obliegt es dem Hersteller erneut zu prüfen, ob die im Code of Conduct on Privacy festgelegten Anforderungen durch das Update tangiert sind. Gegebenenfalls muss der Anbieter die erforderlichen Nachbesserungen vornehmen oder andernfalls von der freiwilligen Selbsterklärung zurücktreten. In diesem Fall wird der Anbieter im zentralen Register gelöscht.

Role Model – Freiwillige Selbstverpflichtung für Gesundheits-Apps

Ganz ähnlich arbeitet auch HealthOn mit dem Ehrenkodex. Seit 2012 können sich Anbieter von Gesundheits-Apps freiwillig zur Einhaltung von sieben Qualitäts- und Transparenzkriterien verpflichten. Der Ehrenkodex geht über die reinen Aspekte des Datenschutzes hinaus. Mit Hilfe erweiterter Herstellerangaben zu Autoren, zu den verwendeten Quellen sowie zur Unabhängigkeit der gesundheitsbezogenen Informationen und Services ist es möglich, neben der Sicherheit der Nutzerdaten auch die Vertrauenswürdigkeit der Inhalte einer App abzuschätzen.

Wie wichtig das ist, zeigt eine aktuelle Untersuchung der aus Nutzersicht beliebtesten Gesundheits-Apps in fünf Anwendungsgebieten, die auch aus Public Health Sicht hohe Relevanz besitzen (“Top” Gesundheits-Apps: Von den Besten lernen. Top Gesundheits-Apps: Beliebt, vertrauenswürdig, wirksam?) Alle 44 deutschsprachigen und kostenlosen Apps wurden im Mai 2016 im Hinblick darauf untersucht, wie umfassend ihre Hersteller Angaben machen zur Qualität und Transparenz der gesundheitsbezogenen Services und Inhalte. Hier die Ergebnisse:

Datenschutz und Sicherheit

  • Datenschutzerklärung 20%. Nur jede fünfte App bietet eine Datenschutzerklärung innerhalb der App. Wo und wie Daten gespeichert werden, wer die Daten in welchem Umfang und wofür nutzt, bleibt damit völlig im Dunkeln. Das zeigt den großen Bedarf nach Aufklärung, sowohl auf Anbieter- als auch auf Nutzerseite.
  • Kontaktangaben 59%. Bei mehr als einem Drittel der Apps fehlen Kontaktangaben
  • Impressum 30%. Nur ein Drittel der App-Anbieter gibt sich mit einem Impressum eindeutig zu erkennen. Wie will der Nutzer in diesem Falle seine Rechte durchsetzen oder Schadenersatzansprüche geltend machen, wenn die Kontaktdaten eines rechtsverbindlichen Ansprechpartners fehlen?

Unabhängigkeit, Offenlegung potentieller Interessenkonflikte

  • Werbefrei 43%. Ohne offensichtliche Werbung kommen 43 Prozent der untersuchten Apps aus, die Frage ist, wie sich diese Apps finanzieren? Zahlen  Nutzer mit ihren Daten?
  • Hinweise zur Finanzierung 86%: Bei den meisten Apps lassen Werbeeinblendungen und Sponsoren-Hinweise, sowie Hinweise auf In-App-Käufen vermuten, wie sich die kostenlose App finanziert. Keine der Apps informiert mit einem expliziten Finanzierungshinweis.

Interessenkonflikte aufzudecken, ist für Nutzer damit fast unmöglich.

Sachverständigkeit

  • Nennung der Autoren 25%. Nur jede vierte App informiert, wer für die Richtigkeit der medizinischen Inhalte, sowie der Sinnhaftigkeit des App-Konzeptes verantwortlich ist. Fragen zur Sachverständigkeit lassen sich ohne diese Angaben nicht prüfen.
  • Nennung von Quellen 9%. Wie soll ein Nutzer erkennen können, ob Informationen aktuell sind, wie im Zweifel überprüfen, ob vertrauenswürdige, und wissenschaftliche akzeptierte Grundlagen, z. B. Leitlinien verwendet wurden, wenn keine Quellen genannt werden?

Unter den untersuchten 44 Top-Apps waren 3 Apps (7%) mit umfassenden Angaben machen zu allen sieben HealthOn-Kriterien. Sie können sich mit dem Siegel des HealthonApp-Ehrenkodex in Richtung ihrer Nutzerzielgruppen als vertrauenswürdig zu erkennen geben.

Weitere Beiträge zum Screening “Top” Gesundheits-Apps, das die Initiative Präventionspartern im Mai 2016 durchgeführt hat:

 

Top Gesundheits-Apps: Beliebt, wirksam, vertrauenswürdig?

Um besser zu verstehen, warum bestimmte Gesundheits-Apps bei Nutzern besonders beliebt sind, hat die Initiative Präventionspartner im Mai 2016 aus einem Screening von über 800 Apps insgesamt 44 deutschsprachige, kostenlose Gesundheits-Apps identifiziert, die das Ranking der beliebtesten Gesundheits-Apps in den folgenden, aus Public Health Sicht relevanten Anwendungsgebieten anführen (s. Top Gesundheits-Apps: Von den Besten lernen).

  • Bluthochdruck [n= 10)
  • Raucherentwöhnung (n=8)
  • Rückenschmerz (n= 9)
  • Ernährung Schwangere/Baby (n=10)
  • Angststörungen (n= 7)

Untersucht wurden u. a. auch die Unterstützungsfunktionen der Apps, ihr visuelles Gesamtkonzept sowie die Angaben der Hersteller, auf die Nutzer angewiesen sind, um Qualität und Transparenz der gesundheitsbezogenen Informationen und des gesundheitsförderlichen Gesamtkonzeptes einer App einschätzen zu können (Healthon Ehrenkodex).

Was schätzen Verbraucher und Patienten ganz offensichtlich an Gesundheits-Apps? Welche Funktionen werden mit hohen Downloadzahlen belohnt?

  1. Ansprechendes Design: Die Analyse der Screenshots der Best Practise Apps, zeigt, dass Design für die Beliebtheit eine große Rolle spielt. Die Apps auf den vorderen Beliebtheitsplätzen zeichnen sich alle durch ein ansprechendes Design, eine klare Menüführung aus. Gefällt eine App auf den ersten Blick, schließen Nutzer offensichtlich von Design auf den professionellen Inhalt. Sie laden diese Apps häufiger herunter und bewerten sie auch häufiger. Wie lange und wie oft sie die Apps dann nutzen, lässt sich aus den Metriken der App-Stores nicht ableiten, in Google Play erkennt der Nutzer lediglich, wie viele Downloads eine App erreicht hat. Nur der Entwickler sieht auch die Anzahl der Installationen und kann diese ins Verhältnis setzen zur Anzahl der Downloads.
  2. Erklärungen zum besseren Krankheitsverständnis: Was kann ich selbst tun? Besonders viele Top-Apps im Anwendungsgebiet Ernährung (90%) und Rückenschmerzen (78%) setzen auf erklärende Gesundheitsinformationen, z. B. worauf bei gesunder Ernährung zu achten ist, bzw. wie man Rückenschmerzen vorbeugen bzw. besser bewältigen kann. Informationen sind auch bei Apps zur Bewältigung von Angsterkrankungen weit verbreitet (57%) und auch bei Bluthochdruck-Apps (50%). Von jeder sechsten App werden diese Informationen nutzerbezogen vermittelt z. B. in Form von Selbsttests zur Einschätzung der individuellen Belastungssituation bzw. zur Analyse des eigenen Ernährungsverhaltens. Auf diese Weise wird sich der Nutzer seiner eigenen Risiken bewusst. Information als Schlüssel für bessere Gesundheitskompetenz? Viele Apps setzen auf diesen Weg, und von Nutzern scheint dies mit Downloads honoriert zu werden.
  3. Vereinfachtes Datenhandling: Bei Apps zum Selbstmanagement chronischer Krankheit fällt auf, dass 40 Prozent der beliebtesten Blutdruck-Apps die vom Patienten selbst erhobenen Messwerte automatisch aus den Messgeräten übernehmen und diese zentral abspeichern können. Nutzer gehen offensichtlich das Risiko ein, ihre sensiblen Gesundheitsdaten in der Cloud zu speichern, wenn das Datenhandling für sie auf diese Weise einfacher wird, z. B. die Möglichkeit Daten auszutauschen (90%) und zu synchronisieren. Alle Top Blutdruck-Apps sind digitale Tagebücher (100%) mit der Möglichkeit, die Einträge in Form von Verlaufskurven auszuwerten (100%) und dadurch Auffälligkeiten schneller zu erkennen und Zusammenhänge einfacher herstellen zu können, z. B. zur Einnahme von Medikamenten, zur Stressbelastung im Alltag, zu Trainingseinheiten in der Freizeit etc.
  4. Praktische Hilfe beim Erlernen, Einüben neuer Fähigkeiten, Stärkung von Ressourcen zur Selbstbewältigung: Die Top Apps zum Selbstmanagement von Rückenschmerzen bieten in großer Mehrheit Audio- und Videounterstützung (78%). Wie führe ich Bewegungsübungen richtig durch, wie kann ich Entspannungsübungen wirksam in meinem Alltag einbauen? Audioanleitungen in Angst-(14%) und Rückenschmerz-Apps (78%) helfen z. B. auch dabei, Atemübungen und Techniken der Muskelentspannung zu erlernen. Selbst aktiv werden! Diese Möglichkeit bieten Apps und das schätzen offensichtlich viele App-Nutzer.
  5. Spielerische Anreize, Motivation. Insbesondere Raucher-Apps versuchen, spielerische Anreize zu setzen, mit Belohnungen zu arbeiten (25%), damit der Nutzer besser durchhalten kann. Die graphische Aufbereitung von Messdaten und Tagebucheinträgen macht die Ergebnisse von Verhaltensveränderungen sichtbar und wirkt auf diese Weise ebenfalls motivierend: Nutzer sehen z. b. die Zahl der eingesparten Zigaretten, erkennen die tägliche Kalorienaufnahme, den Gewichtsverlust, die Veränderung von Stimmung, die Verbesserung von Lebensqualität und werden für erreichte Ziele belohnt, mit Motivationsbotschaften, Punkte, Pokalen etc.

Fazit: Verbraucher und Patienten bringen offensichtlich viel Eigenmotivation mit, wenn sie, in der Regel ganz ohne Empfehlung von Therapeuten, auf eigene Faust in den Stores nach unterstützenden Apps suchen, um Krankheiten besser zu bewältigen (Bluthochdruck, Rückenschmerz, Angststörungen), oder ihr Gesundheitsverhalten zu verändern (Ernährung, Rauchen). Das eröffnet aus Versorgungssicht interessante Möglichkeiten der digitalen Gesundheitsförderung. Grundsätzlich schaffen es nur wenige Gesundheits- und Medizin-Apps das Interesse der Nutzer auf sich zu ziehen, so dass sie relevante Downloadzahlen erreichen. Lediglich 910 Apps in der Kategorie Gesundheit und Fitness bzw. 232 Apps in der Kategorie Medizin haben mehr als 50.000 Downloads (Health-App Dashboard 6/2016). Sie genauer anzuschauen wird den Akteuren der Gesundheitswirtschaft helfen, patientenorientierte Gesundheits-Apps zu entwickeln.

Sie werden genutzt – sind sie denn auch wirksam?

Zur Einschätzung der Qualität einer Gesundheits-App als digitales Werkzeug zur Stärkung der Selbstbefähigung und Förderung der Gesundheitskompetenz von Patienten gehört neben der Patientenorientierung sicher auch die Einschätzung der Apps nach wissenschaftlichen Kriterien: Sind Unterstützungsansatz und gesundheitsbezogene Informationen evidenzbasiert und leitlinienkonform, können Apps ihre Wirksamkeit in kontrollierten Studien nachweisen? Ein ganzheitlicher Evaluations- und Bewertungsansatz für Gesundheits- und Medizin-Apps bezieht diese Fragenstellungen mit ein und liefert damit auch die Basis für eine Nutzenbewertung. Diesen Ansatz zu entwicklen, ist eine interdisziplinäre Aufgabe unter Einbeziehung der Nutzerzielgruppen (Verbraucher, Patienten).

Im Moment werden Gesundheits- und Medizin-Apps von Verbrauchern und Patienten als „Stand-alone-Lösung“ genutzt. Der beidseitige Datenaustausch zwischen Patienten und Leistungserbringern wird in Pilotprojekten erprobt, die Funktionen zum Teilen von Daten bieten heute schon sehr viele Gesundheits-Apps an. Patienten, z. B. Diabetiker, haben großes Interesse, diese Funktionen zu nutzen (DDG Poster DiMAPP Studie) und knüpfen hohe Erwartungen an Apps als neue Bausteine in der medizinischen Regelversorgung (QuAppKOM).

Außerdem untersucht im Rahmen des Screenings Top Gesundheits-Apps: Wie schneiden Top Gesundheits-Apps in Punkto Qualität und Sicherheit ab?

„Top“ Gesundheits-Apps: Von den Besten lernen

Zu den 10 bedeutendsten Ursachen für die Krankheitslast in Deutschland zählen Herzkreislauferkrankungen (Herzinfarkt, Schlaganfall), Rückenschmerzen, Depression und Lungenkrebs (Plass 2014). Alle diese Krankheiten lassen sich zum großen Teil auf verhaltensassoziierte Risikofaktoren (Übergewicht, Bewegungsmangel, Stressbewältigung) zurückführen. Weil es so schwierig ist, Gesundheitsverhalten dauerhaft positiv zu verändern und fördernde Impulse in vielfältige Lebensbereiche einzubringen, z. B. in der Familie, am Arbeitsplatz sowie in der Freizeit, knüpfen sich an Gesundheits-Apps große Erwartungen: Sie erreichen Menschen überall und rund um die Uhr. Sie könnten Verbrauchern und Patienten verhaltensbedingte Risiken bewusstmachen und ihnen im Alltag dabei helfen, diese zu vermeiden. Soweit die Rationale für den Einsatz von Gesundheits-Apps.

Kontrollierte Studien, die den wissenschaftlichen Nachweis erbringen, dass Apps die Prozesse der Lebensstilveränderung positiv unterstützen können, gibt es bisher nur wenige (Lucht 2015). Auch Ergebnisse zur Langzeitnutzung von Gesundheits-Apps stehen aus. Marktanalysen liefern Hinweise, dass eine durchschnittliche Nutzungsdauer von 30 Tagen von 20 bis 70 Prozent der Gesundheits-Apps erreicht wird – mit großen Unterschieden abhängig davon, wofür die App im Selbstmanagement genutzt wird (Mevvy 2015).

Die vorliegende Analyse der Initiative Präventionspartner basiert auf dem Screening von über 800 Apps (n= 878) in fünf, aus Public Health Sicht besonders relevanten Indikationen.

  • Apps für die Ernährung von Schwangeren sowie von Babys und Kleinkindern in den ersten Lebensjahren: Die Ernährung in dieser frühen Lebensphase prägt maßgeblich die Gesundheit im Erwachsenenalter (BZgA). Eine App, die Mütter beim gesunden Aufwachsen ihrer Kinder unterstützt und im besten Fall auch sozialbenachteiligte Zielgruppe erreicht, ist daher gesundheitspolitisch höchst relevant und ein sinnvoller Baustein in der Gesundheitsförderung
  • Apps für Menschen mit Angsterkrankungen: Knapp 7 Millionen sind in Deutschland Betroffen, die Krankheitskosten aufgrund von Fehlzeiten am Arbeitsplatz sind hoch, der Krankheitsverlauf häufig chronisch. Die Mehrheit der Betroffenen (56%) nimmt keine verhaltenstherapeutischen Maßnahmen in Anspruch (Wittchen & Jacobi 2013).
  • Apps zum Selbstmanagement von Bluthochdruck. Bluthochdruck gehört zu den Hauptrisikofaktoren für die Entwicklung von Herzkreislauferkrankungen, auf die die meisten Todesfälle in Deutschland zurückzuführen sind (Schlaganfall, Herzinsuffizienz und Herzinfarkt). Etwa ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung ist betroffen (RKI 2015).
  • Apps zur Vorbeugung bzw. zur Bewältigung von Rückenschmerzen. Rückenschmerzen verursachen hohe Krankheitskosten, viele Millionen Menschen sind in Deutschland betroffen, ihre Versorgung ist defizitär (Nationales Versorgungsforum Schmerz 2015), die Stärkung der Selbstaktivierung hat einen hohen Stellenwert in schmerztherapeutischen Versorgungskonzepten (Überall 2015).
  • Apps zur Unterstützung der Raucherentwöhnung. Jeder Dritte Deutsche raucht (Statisches Bundesamt 2013), 110.000 Todesfälle jährlich lassen sich auf Tabakkonsum zurückführen.

Die über die Stichwortsuche in Google im April 2016 ermittelten Treffer (englisch- und deutschsprachig, kostenlose & kostenpflichtige Apps, Kategorien Gesundheit & Fitness und Medizin) wurden nach ihrer Beliebtheit aus Nutzersicht sortiert. Als Maß für die Beliebtheit wurde das Produkt aus durchschnittlicher Nutzerbewertung (Skala 1 bis 5 Sterne) und Anzahl der Nutzerbewertungen herangezogen. Apps mit weniger als 5.000 bzw. 1.000 Downloads wurden nicht weiter untersucht. Insgesamt wurden in den fünf Indikationsgebieten 198 Apps identifiziert:

  • Blutdruck-Apps, n = 49 (> 5.000 Downloads)
  • Ernährungs-Apps, Schwangere/Baby, n= 44 (> 1.000 Downloads)
  • Rückenschmerz-Apps, n= 40 (> 5.000 Downloads);  n= 56 (> 1.000 Downloads)
  • Angst-Apps, n= 38 (> 1.000 Downloads)
  • Raucher-Apps, n= 27 (> 1.000 Downloads)

Um das Angebot aus Sicht deutschsprachiger Verbraucher einzuschätzen, wurde im Mai 2016 eine Subgruppenanalyse der Top-Apps durchgeführt, bei der nur die deutschsprachigen und kostenlos verfügbaren Apps berücksichtigt wurden. In keinem Indikationsgebiet mit Ausnahme von Bluthochdruck konnten 10 Top-Apps identifiziert werden, weshalb in diesen Indikationen auch Apps mit weniger als 1.000 Downloads (s. Methodik) herangezogen wurden.

Wie viele Nutzer erreichen die Top-Apps?

Blutdruck-Apps verzeichnen mit großem Abstand die meisten Downloads gefolgt von Raucher-Apps und Rückenschmerz-Apps. Die mittleren Downloads deutschsprachiger Apps für Ernährung von Schwangeren und Babys sowie der Apps zur Bewältigung von Angststörungen liegen deutlich darunter. Hier die mittleren Downloads (Summe der Downloads durch Anzahl der Apps) nach Anwendungsgebieten:

  • Bluthochdruck [n= 10; ): 400.000
  • Raucherentwöhnung (n=8; ): 168.000
  • Rückenschmerz (n= 9): 88.333
  • Ernährung Schwangere/Baby (n=10): 34.000
  • Angststörungen (n= 7): 4.000

Wie erklären sich die Unterschiede der mittleren Downloads pro App?

  • Zum einen könnte der Leidensdruck durch krankheitsbedingte Einschränkungen das Interesse der Nutzer an Apps zur Selbsthilfe erhöhen. Beispiel Blutdruck
  • Auch die sog. Selbstwirksamkeitserwartung könnte Unterschiede erklären. Bei Menschen mit Angststörungen ist sie möglicherweise geringer ausgeprägt, als bei Bluthochdruckpatienten, die sich eher zutrauen, durch eigenes Zutun ihre Krankheit positiv beeinflussen zu können.
  • Ein weiterer Grund könnten Unterschiede in der Ausgereiftheit der App-Konzepte sein: Tagebuch-Apps zum Datenmanagement sind schon länger im Markt und möglicherweise schon besser auf die Bedürfnisse der Nutzer angepasst, als Apps für Menschen mit Angststörungen.

Fazit: Bei genauer Betrachtung zeigt sich, dass das Angebot an Gesundheits- und Medizin-Apps in aus Public Health Sicht relevanten Anwendungsgebieten für deutsche Verbraucher und Patienten längst nicht so riesig ist, wie das gemeinhin bei rein quantitativer Betrachtung des Angebotes vermutet wird. Die Mehrzahl der Apps – auch der Gesundheits- und Medizin-Apps – liegt weitgehend ungenutzt in den Stores (Healthon Dashboard 6/2016).

Um vorhandene Ressourcen effektiv zu nutzen, sollten gesundheitspolitisch verantwortliche Akteure sich vor der Entwicklung eines App-Angebotes

  • an sog. “Leuchtturm-Apps” und „Best Practise“ Beispielen orientieren, um von diesen zu lernen, was eine gute, relevante, bei Nutzern beliebte Gesundheits-App auszeichnet.
  • das Angebot sorgfältig anschauen:  Wo gibt es bisher noch zu wenige, qualitätsgesicherte Angebote, wo herrscht bereits ein Überangebot aus Patienten- und aus Versorgungssicht?
  • bereits überlegen, welche Methoden erforderlich sind, um den Nutzen von Gesundheits- und Medizin-Apps zu evaluieren, um diese dann auch als Bausteine in die Regelversorgung integrieren zu können?

Details zur Methodik Top App Screening 5/2016: Alle Top-Apps wurden außerdem im Hinblick auf ihre Unterstützungsfunktionen sowie die Erfüllung von Qualitäts- und Transparenzkriterien (healthOn Ehrenkodex) untersucht.

Quellen

Lieber einen Arzt, der mit Apps arbeitet?

Die Patienten in den USA haben eine klare Präferenz: Sie würden einen Arzt bevorzugen, der seinen Patienten im Behandlungsprozess eine App anbietet – das sagen 59 Prozent der über 2025 befragten erwachsenen US Verbraucher, von denen 1.736 in hausärztlicher Betreuung sind (1). Wenn Patienten Behandlungs- und Beratungsleistungen eines Arztes auch virtuell nutzen können, ist das für fast die Hälfte (47%) der Befragten ein Pluspunkt, ebenso wenn der Arzt die Trackingdaten aus Wearables seiner Patienten in Therapieentscheidungen mit einbezieht (38%). Hier gibt es deutliche Unterschiede abängig vom Alter der Befragten, d. h. für die Hälfte (50 %) der 18 bis 35 Jährigen ist das ein positives Auswahlkriterium, bei den Baby Boomern (55 Jahre und älter) nur für jeden Dritten (29%).

Über alle Altersgruppen betrachtet, besitzt jeder Dritte ein sog. Wearable (27%), etwa die Hälfte (55%) nutzt dies täglich. Die große Mehrheit würde dem Arzt Zugriff auf diese Daten geben (78%). Ein Wearable ihrer Krankenkasse würde die Hälfte der Befragten nutzen, um im Gegenzug für ihre Daten niedrigere Versicherungsbeiträge bezahlen zu müssen.

Wie viele Befragten zeichen Daten auf, und wofür?
Hier die Ergebnisse nach Alterskategorien: 18 bis 35 Jahre, 35-54 Jahre, Älter als 55 Jahre

  • Besitzen ein Tracking Tool (Wearable): 39%, 26%, 20%
  • Nutzen dies im Fitness-Kontext: 27%, 20% 13%
  • Nutzen dies zum Krankheitsmanagement: 7%, 6%, 4%

Blick nach Deutschland: Nach einer repräsentativen Umfrage unter 1.236 Personen von Bitkom Research nutzen derzeit 31 % der Bundesbürger ab 14 Jahren so genannte Fitness-Tracker zur Aufzeichnung von Gesundheitswerten (2).

Quelle:

Category: 

Symptom-Checker-Apps besser als Arzt und Krankenschwester?

Es hat lange gedauert, bis der erste Computer Deep Blue den Schachgroßmeister Kaspari geschlagen hat. 1996 war das eine Sensation (1). In einem aktuellen Versuch traten Arzt und Krankenschwester gegen die Symptomchecker-App “Check” an. Die Ergebnisse sind erstaunlich und öffnen den Blick auf die sinnvolle Nutzung künstlicher Intelligenz (KI) im Gesundheitsbereich: Bei 102 fiktiven Patienten gab die App 100 Prozent Empfehlungen, die zu einem sicheren Ausgang führen würden, verglichen zu 97 Prozent im Falle von Ärzten und Krankenschwestern (2). Weil die KI-Doktoren die Ersteinschätzung fiktiver Patienten schnell und kostengünstig vornehmen, könnten sie als sinnvolle Entlastung in Ambulanzen und Notaufnahmen genutzt werden, und bereits während der Wartezeit des Patienten mit der diagnostischen Erstabklärung beginnen und somit wertvolle Zeit einsparen.

Noch vor einem Jahr wurde der Einsatz sogenannter Symptom-Checker-Apps im Ersteinschätzungsprozess von Krankheitssymptomen (Triage) kritisch bewertet (3). Viele der untersuchten Apps zogen auch unwahrscheinliche Diagnosen mit in Betracht, was insbesondere ängstliche Patienten unnötig verunsichern kann.

Quellen

Category: 

Was macht Raucher-Apps "beliebt"? Top-Apps im Fokus

Alle Jahre wieder zum Weltnichtraucher-Tag am 31. Mai richten Gesundheitsexperten und Public Health Verantwortliche mahnenden Appelle an die noch immer große Zahl von Rauchern. Mit gutem Grund: Rund 110.000 Todesfälle jährlich sind in Deutschland auf Tabakkonsum zurückzuführen. Viele Raucher wollen aufhören, schaffen es aus eigener Kraft nicht. Der Weg aus der Tabaksucht ist steinig, die langfristigen Erfolgsquoten sind niedrig (AWMF 2015). Kann der Griff zu einer Antiraucher-App beim Ausstieg helfen? Was zeichnet eine “beliebte” Raucher-App aus?

Screening der beliebtesten Raucher-Apps Mai 2016

Die Initiative Präventionspartner hat Google Play nach Raucher-Apps durchforstet und die beliebtesten, kostenlosen und deutschsprachigen Angebote identifiziert und analysiert.
Hier die Ergebnisse:

  • Wie viele Raucher-Apps gibt es? Betrachtet man die Apps, die mit den Suchbegriffen (s. Methodik) angezeigt werden und die in die Kategorien Gesundheit & Fitness sowie Medizin gehören und mehr als 1.000 Downloads haben, so umfasst das Angebot insgesamt 27 Apps. Lediglich 6 davon sind deutschsprachig und kostenlos. Der Nutzer erkennt dies erst, wenn er die App tatsächlich herunterlädt. Denn: In den Stores gibt es keine Filter, die die Treffer auf deutschsprachige oder auf kostenlose Angebote eingrenzen. Das macht die Suche für Nutzer sehr mühsam. 
  • Was können die Raucher-Apps?
    • Die Mehrheit der Apps arbeitet quasi als Rechner (63%), mit denen Tabakkonsum und oder die Ausgaben für Zigaretten berechnet und graphisch visualisiert werden (63%), was den Nutzer dazu motivieren soll, standhaft zu bleiben, und das Verlangen nach Zigaretten zu überwinden. Jede vierte Raucher-App (25%) arbeitet dabei zusätzlich mit spielerischen Motivationsanreizen, d. h. Belohnungen in Form von “Pokalen” oder ähnlichem.
    • Diese Daten können bei etwa einem Drittel der Apps als Tagebucheinträge festgehalten (38%) oder als Statusmeldungen mit anderen geteilt (50%) werden. Auf diese Weise soll es leichter werden, die Unterstützung von Gleichgesinnten, Freunden etc. in Anspruch zu nehmen.
    • Die Hälfte aller Apps bietet Informationen zu den gesundheitsschädlichen Folgen des Tabakkonsums (50%), etwa ein Drittel stellt dabei einen direkten Bezug zum Nutzer her (25%), d. h. zeigt die individuellen Folgen für den Nutzer (z. B. Hautalterung, Sauerstoffgehalt etc.)
  • Was wissen wir über die Wirksamkeit dieser Apps? Unter den deutschsprachigen Angeboten gibt es keine App, die ihre Wirksamkeit in wissenschaftlichen Studien unter Beweis gestellt hat, im Gesamtscreening der beliebtesten Raucher-Apps mit mehr als 1.000 Downloads, das ingesamt 27 Apps umfasst, sind unter den englischsprachigen Apps zwei, die in kontrollierten klinischen Studien Erfolgsquoten von 13 % bzw. 8 % erzielt haben. Im Beliebtheitsranking landen diese beiden Apps auf den Plätzen 21 bzw. 16 von 27. Die Beliebtheit errechnet sich aus dem Produkt aus durchschnittlicher Nutzerbewertung (Skala 1 bis 5) und Anzahl der Nutzerbewertungen.
  • Wie viele Nutzer werden erreicht mit diesen Apps? Im Ranking der beliebtesten, deutschsprachigen Raucher-Apps erreicht die beliebteste App zwischen 1 und 5 Millionen Downloads. Damit repräsentiert eine App 76 % der gesamten Downloads der beliebtesten, deutschsprachigen Raucher-Apps. Drei Apps erreichen zwischen 100.000 und 500.000 Downloads. In der Summe erreichen die untersuchten Raucher-Apps mindestens 1.351.200 und maximal 6.606.00 Downloads. Zum Vergleich die Zahl der Raucher in Deutschland:
    • Jeder dritte (29%), der älter ist als 15 Jahre, raucht. Das typische Probieralter für den Tabakkonsum liegt zwischen dem 11. und 15. Lebensjahr
    • Der Frauenanteil der Raucher (20,3%) in der Bevölkerung ist etwas niedriger als der Männeranteil (24,5%) (Statistisches Bundesamt 2013).
  • Wie umfassend klären die Raucher-Apps ihre Nutzer über Qualitäts- und Transparenzkriterien auf?
    • Keine der verwendeten Apps macht Angaben zu Quellen der gesundheitsbezogenen Informationen
    • Nur eine der 8 untersuchten deutschsprachigen Raucher-Apps nennt einen Autor. Nutzern ist es damit nicht möglich einzuschätzen, wie fundiert oder aktuell die genannten Zahlen z. B. zur schädlichen Wirkung von Tabak etc. tatsächlich sind, und das obwohl viele der Apps Werte berechnen (63%) und Gesundheitsinformationen vermitteln (50%).
    • Keine der Apps macht Angaben zun Datenschutz, obwohl sich mit vielen Apps nutzerbezogenen Daten in Tagebüchern abspeichern (38%) oder mit Dritten teilen lassen 50%).
    • Bei den meisten untersuchten Apps ist das Finanzierungskonzept offensichtlich (Werbeeinblendungen, In-App-Käufe), bei einem Drittel der App, die werbefrei angeboten werden, bleibt es vollkommen offen, d. h. hier könnte der Nutzer auch mit seinen Daten zur Kasse gebeten werden. Bei etwaigen Verstößen wäre es schwer, Rechte einzufordern, da nur bei einer der untersuchten Apps ein Impressum (13%) aufklärt, wer für die App rechtlich verantwortlich ist.
  • Was charakterisiert die Nummer 1 im Ranking der 27 beliebtesten, kostenlosen deutsch- und englischsprachigen Raucher-Apps?
    • Ein klarer Aufbau, ein ansprechendes Design sowie Unterstützungshilfen, die von Nutzern als hilfreich eingeschätzt werden. Die App motiviert durch Darstellung des Erreichten, informiert in kurzen, verständlichen Informationseinheiten über gesundheitliche Aspekte des Rauchens. Sie bietet Zugang zu einer unterstützenden Community und erreicht über 1 Million Downloads

Fazit:

Deutschsprachige Apps zur Raucherentwöhnung, die einen qualitätsgesicherten Unterstützungsansatz bieten, gibt es derzeit nicht. Dabei sind Anti-Raucher-Apps aus Public Health eine gute neue Option in der digitalen Gesundheitsförderung. Denn:

  • Rauchen hat eine hohe Relevanz, da Tabakkonsum einen Risikofaktor darstellt für zahlreiche Erkrankungen mit hoher Krankheitslast (z. B. Bluthochdruck, Schlaganfall, Ischämische Herzerkrankung, COPD, Krebserkrankungen) (Plass 2014)
  • Aufgrund der weiten Verbreitung von Smartphones in Altersgruppen und sozialen Schichten, in denen die Prävalenz für Tabakkonsum besonders hoch ist, bieten sich sehr gute Möglichkeiten der Zielgruppenerreichbarkeit.
  • Kostenlose Apps können einen niedrigschwelligen Zugang zu Aufklärung und verhaltenstherapeutischer Unterstützung bieten.
  • Aufgrund der technischen Möglichkeiten bieten Apps gute Voraussetzungen, die Methoden zur Selbstbefähigung qualitätsgesichert umzusetzen, um Betroffene mit Hilfeangeboten jederzeit, rundum die Uhr und angepasst an ihre individuelle Bedürfnislage in ihren Lebenswelten zu erreichen.
  • Über die Apps lässt sich der Unterstützungs- bzw. Interventionsgrad situationsangepasst variieren, z. B. durch Einbeziehung von Peergruppen (Betroffene, Freunde) oder einem erweiterten Unterstützungsnetzwerk, das bei Gefahr eines Rückfalls auch qualifizierte Unterstützung durch Therapeuten bieten kann.
  • Eine App zur Raucherentwöhnung kann sinnvoll in andere Versorgungsprogramme eingebunden werden, z. B. Disease-Management Programme für Diabetes und Bluthochdruck, Primärpräventive Gruppenschulungen

Quellen

Links & Wissenswertes

 

Diabetes DMP: Weniger Bürokratie, bessere Qualität dank App?

Es gibt viel zu koordinieren und zu organisieren in den strukturierten Versorgungsprogrammen von Diabetikern (§137f SGB V):

  • Einzel- oder Gruppen-Schulungen für Diabetiker Typ 1, Typ 2, mit Insulin, mit Bluthochdruck, für Diabetiker mit ICT (intensivierte Insulintherapie)
  • regelmäßige Termine bei Fachärzten zur augenärztlichen Untersuchung oder zur Fußkontrolle,
  • die Quartalstermine zur Erfassung der Blutzuckereinstellung im DMP
  • nachhaltige Veränderung des Verhaltens hin zu einem gesundheitsförderlichen Lebensstil

Das alles zu regeln und darüber hinaus auch das Bewegungs- und Ernährungsverhalten dauerhaft zu verändern, ist für viele Diabetiker eine Herkulesaufgabe, die immer wieder aufs Neue viel Motivation und Geduld erfordert. Arzt und Patient sind gleichermaßen frustriert, wenn Ziele nicht wie vereinbart erreicht werden. Der gute Wille ist da, aber im Alltag scheitert es häufig an der Umsetzung.

Könnten Apps als neue Bausteine an neuraligischen Punkten im DMP Diabetes zukünftig sowohl den Arzt entlasten als auch den Patienten unterstützen, z. B.

  • Zugang zu individuellen Online-Schulungen für Diabetiker vereinfachen,
  • Verständigung zwischen Arzt und Patient über die Therapieziele und deren Erreichungsgrad erleichtern, helfen, die Erwartungen aneinander besser zu klären
  • Erinnerung an Termine, an Schulungen erleichtern,
  • als virtuelle Coaches zwischen den DMP-Terminen die so dringend benötigten Motivationsimpulse vermitteln, und darüber hinaus erinnern an Termine, an die Selbstmessung von Blutdruck, Blutzucker, Körpergewicht etc.?

Apps im DMP Diabetes: Ihre Meinung ist gefragt!

Die aktuelle HealthOn Umfrage QappKOM (= Qualität verbessern durch eine App als Kommunikations-, Organisations-, Motivationshilfe im DMP Diabetes) fragt Diabetiker, Ärzte sowie Vertreter von Krankenkassen nach ihrer Einschätzung und ihren Erwartungen an Apps im Diabetes-DMP, nach den Rahmenbedingungen, unter denen eine App als gemeinsames Arbeitsmittel von Arzt und Diabetiker sinnvoll genutzt werden könnten.

  • Befragungszeitraum: 13. Mai bis 15. Juni
  • Befragungsmethode: anonymisierte, fragebogen-gestützte Online-Umfrage
  • Befragungsteilnehmer: drei Befragungsgruppen
  • Wer führt die Befragung durch? Healthon e. V. und die Duale Hochschule Lörrach, Gesundheitsmanagement
  • Dankeschön für Befragungsteilnehmer: Ergebnisse der Befragung sowie eine Auswahl kostenloser Testübersichten der jeweils 10 beliebtesten Gesundheits-Apps in ausgesuchten Anwendungsfeldern.

Wir freuen uns, wenn Sie den Link zum Fragebogen über Ihre Netzwerke teilen, damit möglichst viele ihre Erwartungen einbringen können. Die Ergebnisse sollen beim der Herbsttagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft vorgestellt werden.

Die Ergebnisse der Vorläuferstudie DiMAPP (= Diabetes-Management mit Apps) zeigt das hohe Interesse von Diabetikern an der Nutzung von Diabetes-Apps: Poster P 118, Deutscher Diabetes Kongress Mai 2016

 

 

Category: 

DiMAPP-Studie beim DDG: Was erwarten Diabetiker von einer "guten" Diabetes-App?

Diabetiker haben ein hohes Interesse an Apps zum Selbstmanagement ihrer chronischen Erkrankung und glauben mehrheitlich, dass sie unterstützt mit Apps besser mit ihrem Diabetes klar kommen. Die bisherigen Erfahrungen der befragten Diabetiker mit Apps sind überwiegend positiv. Zukünftige Wünsche und Erwartungen betreffen in hohem Maße die Anwenderfreundlichkeit und den sog. “Spaßfaktor” von Apps, Voraussetzung dafür, dass Apps dauerhaft genutzt werden.
Insbesondere im Hinblick auf die Konnektivität und Kompatibilität von Diabetes-Apps mit Messgeräten und anderen Apps, sehen Diabetiker Optimierungsbedarf. In Sachen Unterstützungsfunktionen von Diabetes-Apps gibt es deutliche Unterschiede zwischen Typ 1 und Typ 2 Diabetiker: Typ 2 Diabetiker haben ein höheren Bedarf an Informationen zur Verbesserungen des Krankheitsverständnisses, an Rezeptvorschlägen, an Lernvideos, die zeigen, wie  man z. B. richtig misst. Auch die Erinnerung an Medikamenteneinnahme und Arzneimittelwiederbestellung sowie die Erinnerung an das regelmäßige Blutzuckermessen hat für sie einen höheren Stellenwert. Für Typ 1 Diabetiker steht im Gegensatz dazu in erster Linie das Datenmanagement im Vordergrund, für das sie sich Unterstützung erwarten. Unabhängig vom Erkrankungstyp messen die Diabetiker dem Autausch der Daten mit dem Arzt und dem Zugriff auf die eigenen Patientenakte eine hohe Bedeutung zu.

Diabetiker, die bereits Apps nutzen, gehen in erster Linie auf eigene Faust in die Stores. Diabetiker ohne Erfahrung mit Apps sehen in stärkerem Maße Diabetologen und Diabetesassistenten als Ansprechpartner für die Empfehlung einer App. Unabhängig vom Erkrankungstyp und der Vorerfahrung mit Apps hat die Selbsthilfe für Diabetiker eine hohe Bedeutung, wenn es um Empfehlungen für Diabetes-Apps geht. Nur etwa jeder Dritte Diabetiker fühlt sich gut informiert über das Angebot an Diabetes-Apps. Unter den Diabetikern, die noch keine Apps nutzen, weiß nur jeder Fünfte, wie er eine gute Diabetes-Apps finden kann. App-Nutzer, gehen in erster Linie auf eigene Faust in die Stores, Diabetiker ohne Erfahrung mit Apps sehen in stärkerem Maße Diabetologen und Diabetesassistenten als Ansprechpartner für die Empfehlung einer App. Über 70 Prozent alle Befragten – App-Nutzer und App-Nicht-Nutzer gleichermaßen – fänden einen unabhängigen Ratgeber “Diabetes-Apps” hilfreich, der das Angebot transparent und die Apps untereinander vergleichbar machen würde.

Quelle

Kramer U, Zehner F (2016). Diabetes-Management mit Apps: Derzeitige und zukünftige Nutzung, Einstellungen, Erfahrungen und Erwartungen von Diabetikern. Online-Befraung von Diabetikern. Diabetologie und Stoffwechsel 2016, 11 – P118

Zum Poster Download

Category: 

Health-Apps: Lieblinge der Verbraucher, Schmuddelkinder des Gesundheitssystems

Sie sind in der Regel von zweifelhaftem Nutzen, nicht wissenschaftlich evaluiert, sie werden von Nichtmedizinern entwickelt, die in erster Linie wirtschaftliche Interessen verfolgen. Und trotzdem nutzt in Deutschland jeder dritte Smartphonenutzer diese Gesundheits-Apps (1). Warum greifen Patienten nach diesen Health-Apps, auch wenn sie kein Arzt oder Apotheker empfohlen hat, auch dann, wenn sie ganz offensichtlich ohne die erforderliche Zulassung als Medizinprodukte angeboten werden? Lässt sich das alleine mit der Neugier und dem Spieltrieb oder der Unbedarftheit ihrer Nutzer erklären? Ist das eine Übergangserscheinung, die ihren Reiz bald wieder verliert? Oder schließen diese Health-Apps als Missing Link vielleicht doch relevante Lücken im Gesundheitssystem, unter denen Verbrauchern und Patienten leiden?

Was ist mit den vielen Millionen chronischen Schmerzpatienten, Diabetikern und Blutdruckpatienten, die im Alltag auf sich selbst gestellt sind, die den Zeitdruck in den Praxen spüren, die langes Warten gewohnt sind, die immer wieder (wohlwollend) ermahnt werden, ihren Lebensstil zu ändern und die Therapieempfehlungen einzuhalten, mit der Umsetzung aber weitgehend auf sich selbst gestellt bleiben?
Wenn Betroffene auf eigene Faust in den App-Stores nach vermeintlich hilfreichen Unterstützungshilfen suchen (Schmerz-Apps, Diabetes-Apps, Blutdruck-Apps), wer kann es ihnen verdenken? Zum Orientierungsvakuum, das die gesundheitspolitischen Akteure jetzt in einer aktuellen Studie beklagen (2), haben diese selbst wesentlich beigetragen. Die wenigen App-Angebote von Behörden, Ministerien, der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung, der Krankenkassen, der medizinischen Fachgesellschaften, der Universitäten etc. sind im Dickicht der Health-Apps kaum auszumachen. In ihrer Beliebtheit bei Nutzern (Nutzerbewertung; erreichten Downloads) unterscheiden sie sich von Health-Apps anderer Anbietergruppen nicht grundsätzlich positiv (z. B. Vergissmeinnicht, Gesundheit Männer, SchmerzApp). Die meisten Apps der Behörden und Institutionen setzen wie die anderer Anbieter auch, offensichtlich auf den Vertrauensvorschuss ihrer Nutzer, denn aufgrund der Lücken in den Basisangaben können Verbraucher und Patienten die Vertrauenswürdikgeit der Angebote selbst kaum einschätzen.

Vielleicht kann der Siegeszug der Health-Apps als Aufforderung an das System verstanden werden, sich kritisch mit der derzeitigen Patientenorientierung und den Möglichkeiten der aktiven Patientenbeteiligung auseinanderzusetzen. Wie können Präventions- und Selbsthilfeprogramme im digitalen Zeitalter aussehen, um Betroffene zukünftig besser zu erreichen? Welche Unterstützung brauchen Patienten, um sich auf Augenhöhe mit Leistungserbringern und Kostenträgern auseinanderzusetzen und selbstbestimmt auch in Fragen ihrer Gesundheit entscheiden zu können?

Health-Apps als Bausteine sowohl in der Gesundheitsförderung und Prävention als auch in der Gesundheitsversorgung werden die Arzt-Patientenbeziehung ganz sicher verändern. Diese Veränderung kann Freiräume schaffen für eine neue Qualität in der Behandlung und in der Individualisierung der Prävention und Therapieführung. Im Zeitalter von Digital Health, das eine Flut an Informationsquellen und neuen Dienstleistungskonzepten zur Gesundheitsvorsorge und Krankheitsbewältigung hervorbringt, wird der Arzt des Vertrauens als Orientierungshilfe wichtiger denn je. Denn Patienten müssen Informationen einordnen und deren Relevanz beurteilen können, um sie in die partizipativ Entscheidungsfindung gemeinsam mit ihrem Arzt einzubeziehen.

  1. Bitkom 2016. https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Gemeinsame-Presseinfo-von-Bitkom-und-BMJV-Fast-ein-Drittel-nutzt-Fitness-Tracker.html
  2. CHARISMHA – Studie zu Chancen und Risiken von Gesundheits-Apps. 25.04.2016. Beauftragt vom Bundesministerium für Gesundheit

 

Category: 

„Off-label use“ von Health-Apps am Beispiel FreeStyleLibre

Das FreeStyle Libre Flash Glukose Messsystem macht den Alltag von Diabetikern einfacher, Blutzucker messen geht jetzt ohne Pieks mit einem Sensor, der am Oberarm angebracht wird. Bisher brauchen Nutzer noch ein Lesegerät, mit dem sie die Daten aus dem Sensor anzeigen können. Das ändert sich in Kürze mit der App – LibreLink. Sie nutzt die sog. NFC-Verbindung (= Near field communication), um direkt auf dem Display marktüblicher Smartphones die Messdaten anzuzeigen. Diese App braucht die Zulassung als CE gekennzeichnetes Medizinprodukt. In Deutschland ist die autorisierte App vom Hersteller noch nicht auf dem Markt, stattdessen finden Verbraucher auf der Suche nach “FreestyleLibre” vier „Off-label” Apps ohne CE-Zulassung, zwei davon sind deutschsprachig. Die Beschreibungstexte dieser Apps weisen deutlich darauf hin, dass sie keine Haftung für Fehler übernehmen. Davon lassen sich Nutzer offensichtlich nicht abschrecken, viele testen die App im Selbstversuch, bemängeln in den Kommentaren die festgestellten Abweichungen zwischen den Sensordaten und den in der App angezeigten Daten. Trotzdem kommen die Nutzer insgesamt zu einem sehr guten Urteil:

Google Play, 24.04.2016
App-Name Bewerbungstext im Store Bewertung (Skala 1 bis 5) Anzahl Bewertungen Downloads
Liapp “Die inoffizielle Android-App für den Abbott Freestyle Libre Sensor” Testbericht 4,4 164 1.000 – 5.000
Glimp “Zum Diabetes und Blutzucker geeignet, mit Abbott Libre und Libre Pro kompatibel” Testbericht 4,3 218 1.000 – 5.000

Was zeigt dieses Beispiel?

  • Ist der erwartete Nutzen einer App groß genug, lassen sich Anwender von fehlenden Standards offensichtlich nicht abschrecken.
  • Der Prozess der Zulassung braucht Zeit. Das entstehende Angebotsvakuum nutzen Wettbewerber und drängen mit nicht zugelassenen “Off-label Health-Apps” auf den Markt. App-Anwender sind bereit, sich selbst vom Nutzen und der Zuverlässigkeit dieser Apps zu überzeugen.
  • Nationale Regulierungsprozesse mit dem Ziel des Verbraucherschutzes können im globalen Markt einfach ausgehebelt werden.

FAZIT: Die extrem kurzen Lebenszyklen digitaler Innovationen lassen sich mit der Taktfrequenz behördlicher Regulierungsprozesse allenfalls reaktiv steuern. Verbraucher und Patienten haben eine hohe Motivation, Digital Health Innovationen zu testen, zu bewerten und sie durch ihr Feedback zum Wohle anderer Betroffener weiterzuentwickeln. Diese “Weisheit der Masse”, d. h. das direkte und schnelle Feedback vieler Anwender könnte zukünftig der Entwicklung patientenorientierter, effizienter Digital Health Produkte und Dienstleistungen wichtige Impulse geben.

Die App „LibreLink“ von Abbott ist bisher in Deutschland nicht verfügbar.

Quellen

 

Category: