Ist das wirklich Scharlach?

Seufz. Liebe Kindergartenkinder-Eltern, ihr kennt das wohl alle:

Kaum sind wir in der Kita die Läuse los, hängt auch schon das nächste dicke rote Schild an der Tür: „Es sind Fälle von Scharlach aufgetreten.“ (Als nächstes kommt dann wieder Durchfall, Hand-Mund-Fuß-Krankheit und dann sind wir wieder bei den Läusen…).

So ist das, da müssen wir alle durch. Und ich bin ja dankbar, wenn wir so schnell und gut informiert werden.

Bei Scharlach taucht bei mir aber immer reflexartig der Gedanke im Kopf auf: Na wenn das mal wirklich Scharlach ist…

Zu häufig habe ich nämlich erlebt, dass automatisch jede Halsentzündung als Scharlach bezeichnet wird.

Ich erinnere mich an meine eigene Kindheit, wo ich gefühlt jedes Jahr mindestens einmal „Scharlach“ hatte.

Wann ist es denn nun wirklich Scharlach?

Halsentzündungen werden zu einem sehr großen Anteil von Viren hervorgerufen. Viren machen keinen Scharlach und können auch nicht mit einem Antibiotikum behandelt werden.

Zu einem kleineren Anteil sind Bakterien schuld wenn der Hals weh tut. Dann sind die Mandeln vielleicht dick und rot oder sogar eitrig (gibt es auch bei bestimmten Viren, aber das ist eher typisch für Bakterien).

Bakterien, die Halsentzündungen machen, sind auch wieder unterschiedlicher Art. Am häufigsten sind bestimmte Bakterien, die sich Streptokokken nennen. (Beziehungsweise die wir Streptokokken nennen. Keine Ahnung wie die sich selbst nennen…).

Diese Streptokokken können wir mit einem Abstrich nachweisen (wie fast alle Tests nicht zu 100%, aber doch recht genau) und wir können sie antibiotisch behandeln.

Aber auch wenn ein Abstrich „positiv“ ist (also Streptokokken nachgewiesen sind) und die Halsentzündung mit einem Antibiotikum behandelt werden soll, handelt es sich nicht unbedingt um Scharlach, sondern meistens „nur“ um eine sogenannte Tonsillopharyngitis (der Name bedeutet auch nichts anderes als Mandel-und Rachen-Entzündung auf Medizinersprache).

Die Besonderheit bei Scharlach ist, dass es sich zwar auch um Streptokokken handelt, aber solche, die eine bestimmte Eigenschaft haben: sie können Toxine abgeben (das sind „Bakteriengifte“), die sich dann im Körper verteilen.

Durch diese Toxine kommt es dann dazu, dass die Krankheit auch an anderen Stellen des Körpers sichtbar wird. Das heißt: Es gibt einen Ausschlag! Der Ausschlag (wie Sandpapier) kann nach Stunden oder auch erst 3-4 Tagen auftreten und fängt typischerweise in der Leistengegend und Hals/Brustbereich an und breitet sich von dort aus. Andere Möglichkeit die Wirkung der Toxine zu sehen ist, dass sich Haut abschuppt, besonders an Händen und Füßen. Das kann auch noch Wochen später stattfinden.

Noch einmal zusammengefasst der typische Scharlach:

  • Halsentzündung durch Streptokokken
  • Fieber
  • Himbeerzunge (sieht so aus wie der Name schon sagt)
  • ein Gesicht mit blassem Dreieck um den Mund herum
  • Ausschlag
  • Hautabschuppung

Es gibt noch andere Formen von Scharlach, zum Beispiel eine Infektion der Haut oder auch sehr schwere Verläufe, die aber glücklicherweise selten sind und worauf ich jetzt nicht näher eingehe.

Wichtig ist zu wissen, dass Scharlach bedeutet, dass sich die Erkrankung durch die Toxine auch an anderer Stelle im bzw. am Körper zeigt.

Später kann es auch noch zu Folgeerkrankungen kommen, die zum Beispiel Gelenke, Herz oder Nieren betreffen, die aber auch selten geworden sind.

Zur Behandlung wird vom Robert-Koch-Institut die Gabe von Penicillin für 10 Tage empfohlen, alternativ auch ein anderes Antibiotikum, bei dem die Behandlung kürzer ist, was aber wegen der Bildung von Resistenzen nur die zweite Wahl wäre.

Wenn ein Antibiotikum gegeben wird und das Kind keine Krankheitszeichen zeigt, also sich fit genug fühlt und natürlich auch fieberfrei ist, kann es theoretisch schon ab dem 2. Tag wieder in Kita oder Schule gehen. Persönlich würde ich mein Kind aber eher länger zu Hause lassen und halte es auch nicht für so realistisch, dass es nach so kurzer Zeit wieder bereit ist zum stundenlangen Toben…

Wenn kein Antibiotikum gegeben wird besteht laut Robert-Koch-Institut noch eine Ansteckungsgefahr bis zu 3 Wochen, je nach Krankheitsbild auch länger.

„Und kann mein Kind Scharlach auch mehrmals bekommen?“

Ja, kann es. Es gibt verschiedene Varianten von Scharlacherregern, und wenn es beim nächsten Mal einem anderen Erreger begegnet, kann es sich auch wieder anstecken.

Die Ansteckung läuft übrigens über Tröpfcheninfektion, direkt von Mensch zu Mensch oder auch mal über Gegenstände als „Schmierinfektion“. Und nach 1-3 Tagen Inkubationszeit (selten länger) weiß man dann, ob es einen erwischt hat…

Und wer jetzt noch wissen möchte, ob es uns auch schon erwischt hat:

Ich dachte zuerst ja. Nach dem letzten Wochenende kam mein Sohn in den frühen Morgenstunden weinend vor Halsschmerzen zu mir. Ich habe ihm etwas gegen die Schmerzen gegeben und er durfte den Rest der Nacht bei mir kuscheln.

Und anstatt dann den Vormittag damit zu verbringen die Kinder anderer Mütter zu untersuchen, konnte ich also beobachten, wie es meinem eigenen Sohn im Verlauf des Tages erging. Zum Glück dann sehr gut. Er war bald wieder so fit, dass ihm langweilig wurde (immer gut 😉 ). Aber der an dem Tag geplante Kindergeburtstag in der Verwandtschaft fiel für uns natürlich aus.

Es ist jedenfalls erst einmal bei einem Virusinfekt geblieben, ich habe nichts weiter an Medikamenten gegeben und alles ist wieder in Ordnung.

Noch. Das „Achtung-Scharlach-Schild“ hängt noch immer.

Und am Wochenende steht bei uns zu Hause Kindergeburtstag an. Drück uns die Daumen…

The post Ist das wirklich Scharlach? appeared first on Mama ist Kinderärztin.