Michaela Brohm Ist das was wir tun persönlich relevant, bereichernd und plausibel? Viele erleben ihr Tun anscheinend eher als sinnlos. Rund 20 % der Gesamtbevölkerung leiden, so der Begründer der Logotherapie Viktor Frankl bereits in den späten vierziger Jahren, an einer noogenen Neurose – also einer aus dem Geist entstehenden, mit Sinnverlust einher gehenden, nicht auf psychische oder physische Ursachen basierende Neurose. Eine Sinnlosigkeitsneurose sozusagen…
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Standardinternistengebiet oder so ähnlich
Und da war nun mein alleiniger Trost, die Übersetzerin, welche genauso verwirrt erschien wie ich. Der Patient, dessen Stärken auch nicht unbedingt im kohärenten Erzählen logischer Zusammenhänge lag, schaute uns hilflos an.
Nach einer gefühlt halbstündigen Anamnese waren wir etwa soweit:
A) Herr Gozolowsko sprach eher nicht so viel deutsch.
B) Herr Gozolowsko schien keinen Hausarzt zu haben und war daher ins allseits beliebte Klinikum Beteigeuze gekommen.
C) Das eigentliche Problem war immer noch unklar. Immerhin hatte Herr Gozolowsko aber sehr ausführlich dargestellt, warum er keinen Hausarzt habe.
Es beständen Schmerzen. So überall, zum Beispiel in Bauch und Rücken. 10 Jahre lang. Oder 5. Man habe auch mal operieren wollen. Was wüsste er nicht. Wäre er etwa Arzt? Nein. Also. Dann wäre alles besser gewesen und jetzt aber auch nicht mehr. Deswegen wäre er ja auch hier! So!
Da die Befragung nun schon viel zu lange chaotisch zwischen den Gründen warum der Patient keinen Hausarzt habe, der mysteriöse Operation und den nicht weniger unspezifischen Schmerzen hin und her driftete, beschloss ich mich nochmals auf den Bauch als äh Standardinternistengebiet zu konzentrieren. Fieber, Übelkeit, Erbrechen, Besonderheiten bei Wasserlassen oder Stuhlgang? In zähen Verhandlungen kamen wir auf 5 Mal Nein. Vielleicht Blut im Stuhlgang? Nach einer weiteren längeren Diskussion mit der Übersetzerin meinte diese schließlich hilflos: „Der Stuhlgang wäre ohne Blut, aber es kam mal Blut aus dem Rücken.“ „Aus dem Rücken?!“ „Öh, ja.“ „Eine Verletzung?“ „Ich weiß es auch nicht!“ sagte die Übersetzerin und warf die Arme in die Luft.
Ich beschloss den Patienten einfach mal ausführlich zu untersuchen.
Die Aufnahmeschwester reichte mir schon mal den Bogen voller unauffälliger Laborwerte durch die Tür. Immerhin etwas.
Also los. Der Bauch war weich und Herr Gozolowsko deutete an, dass er im Augenblick auch gar keine Bauchschmerzen hätte. Hm.
Auf zum Rücken aus welchem Blut käme. Vielleicht ein aufgeplatzter Pickel? Der Rücken war Pickel-, Verletzungs- und Narbenfrei. Zumindest die genaue Schmerzlokalisation am Rücken wollte ich nun wissen: „Herrn Gozolowsko WO tut es denn sonst immer weh?“ – „Weiter unten.“ –„ Hier?“ – „Nein noch weiter unten.“ – „Da?“- „Noch weiter unten.“ – „Hm also jetzt müssen sie doch gerade mal die Hose ausziehen.“
Und da wo dann schon kein Rücken mehr war, lugte ein hässliches pickelartiges Gebilde hervor, welches der Grund für Herrn Gozolowskos allgemeines Unwohlsein, die Schmerzen und das Blut war. Pilonidalsinus nennt man das. Sehr unangenehm in der Tat.
Kein Plan ob Herrn Gozolowsko das alles einfach zu peinlich gewesen war oder ob aufgrund der Sprachschwierigkeit Rücken eine kreative Umschreibung für Gesäß gewesen war. Wir stellten den Patienten den Allgemeinchirurgen vor, die solche Dinge professionell und diskret behandeln.
nachlese
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