Das Wochenmagazin ZEIT berichtet, dass die Gefühlsarbeit auf den Intensivstationen an das Pflegepersonal delegiert werde. Das habe eine Untersuchung an der Uni Göttingen aufgezeigt. Während die Mediziner sich demnach eher der technisch-wissenschaftlichen Seite der Patientenbetreuung widmeten, würde die emotionale Betreuung hinten an stehen. Dem Verhältnis der Berufsgruppen zueinander täte das nicht immer gut – die Pflegenden würden sich als Anwälte der Patienten sehen, die den Ärzten immer hinterher rennen, während diese sich herablassend zeigten. Unzufriedenheit entstehe auch, weil die Anforderungen an die Pflegenden in diesem Arbeitsumfeld sehr hoch seien, die Bezahlung das aber kaum berücksichtigen würde. Abhilfe könnte eine Pflegekammer schaffen. Das meint im Artikel zumindest auch der Präsident der Ärztekammer Berlin, Ellis Huber. Moment mal, Ellis Huber? Der war von 1987 bis 1999 Präsident der Ärztekammer in Berlin. Stimmt – der Beitrag in der Zeit ist ja auch schon von 1989 – aber in Teilen immer noch aktuell. (Zi)
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Intensivkind & Pflegedienst: Der Start I.
Gut zwei Wochen sind rum und sie hatten es schon gar nicht mehr geglaubt, dass von der Krankenkasse irgendeine Post kommt, ohne nach zu fragen. Doch Ihre Stunden an Pflegedienst, ob pro Tag, pro Woche oder eben Monat, sind genehmigt. Sie müssen jetzt…
Eine ganz gewöhnliche Nacht in einem ganz gewöhnlichen Krankenhaus: Arschwischen.
"Ich bewundere, daß Du das kannst! Ich könnte das nicht, anderen Leuten den Hintern abwischen!"
Ne, is klar. Das ist auch meine Hauptbeschäftigung, Ärsche abzuputzen. Wenn es danach ginge, müßte auch jeder bewundert werden, der sich selbst das Gesäß nach dem Kacken reinigt.
Von mir aus bewundert mich, aber nicht dafür. Für mich ist Kot Kot, ob es nun meiner ist oder ein fremder. Auch der Papst muß mal kacken, und das riecht sicher auch nicht nach Weihrauch. Und von hinten sehen alle gleich aus, ob Banker oder Penner.
Vergangene Nacht habe ich exakt einen Arsch abgeputzt und zweimal jemandes Stuhlgang bewundert, ob und wieviel Blut darinnen sei. Waren etwa ein und drei Eßlöffel, falls es jemanden interessiert. Mehr hatte ich mit Arsch und Stuhlgang nicht zu tun.
Gegen viertel nach zwei meldete sich Herr C., ein schwer krebskranker Patient, wegen starker Schmerzen. Das läßt sich beheben, und er bekam entsprechende Medikamente. Und sagte: "Wenn ich jetzt zu Hause wäre, ich würde mich erschießen. Vor zwei Wochen war ich schonmal kurz davor." – Ziemlicher Tobak. Klang ernstgemeint. Die Existenz entsprechender Waffen bestätigte er. Nein, hätte er keine Schmerzen, würde er auch nicht so denken, antwortete er auf meine Frage. "Dann wäre es sicherlich sinniger, Sie von Ihren Schmerzen zu befreien, oder?" – Es dauerte etwas, bis ich ihn soweit hatte, daß ich entspannt gehen konnte. Es war nicht einfach gewesen, ihn zu überzeugen, daß es keinen Sinn macht, sich abzumurksen, solange es noch Möglichkeiten gibt.
Gegen halb vier hatte ich dann Herrn O. (mtastasierender Blasenkrebs -blutend, daher mit Spülkatheter-, COPD und weiteren Unerfreulichkeiten, ausgemergelt, bettlägerig) endlich überzeugt: Er klingelte nur für die Erneuerung der Spüllösung oder wenn der Katheter verstopft war. Irgendwann hatte ich ihm gesagt, er wäre mir zu bescheiden, er solle sich gefälligst auch mal für seine anderen Bedürfnisse melden. Und wenn es für ein Gespräch sei.
Tat er irgendwann dann auch:
"Erst kam der Krebs. Und dann die Metastasen…"
"Das war schwer für Sie, als Sie das erfahren haben, denke ich?"
"Oh ja…"
"Ihnen geht es jetzt auch ziemlich schlecht. Kann ich etwas für Sie tun?"
"Ich weiß nicht recht…"
"Wie meinen Sie denn, wie es weitergehen soll?"
"Ich will sterben."
"Sind Sie sich sicher?"
"Absolut… Ich denke, einen Monat habe ich noch."
"Hm. Sie verstehen, daß ich das nicht beeiflussen kann. Ich kann auch nicht sagen, ob Sie recht haben damit, WIE lange das dauert. Was ich machen kann ist, Ihnen die Zeit, die Ihnen noch bleibt, etwas zu erleichtern."
"Ja…"
"Sie haben mehr Luftnot als vorhin, wie ich das sehe. Stimmts oder hab ich Recht? Dafür zum Beispiel dürfen Sie sich auch gerne melden. Luftnot ist widerlich, ich hab das einmal gehabt, das hat gereicht. Soll ich mal was dagegen tun?"
"Ja, bitte…"
Ich zog fünf Milligramm Morphin auf.
"Morphin ist ja eigentlich ein Schmerzmittel, wie Sie wissen. Aaaaaaber, das Zeug kann noch mehr: Es dämpft zum einen das Atemzentrum und außerdem senkt es auch noch den Sauerstoffbedarf." (Und es entspannt und euphorisiert etwas)
Eine halbe Stunde später atmete er wesentlich entspannter und war sichtlich zufrieden.
Eine ganz gewöhnliche Nacht in einem ganz gewöhnlichen Krankenhaus.
Natürlich wische ich auch mal Ärsche ab.
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