http://storify.com/ifabs/praxisproblem-arzt
Einsortiert unter:Medical Practice Insights
http://storify.com/ifabs/praxisproblem-arzt
Einsortiert unter:Medical Practice Insights
Johnson & Johnson (J&J) hat sich zu Schadensersatzzahlungen von mindestens 68,7 Millionen Dollar an hunderte Frauen bzw. deren Angehörigen bereit erklärt, die durch die Verwendung der Verhütungspflasters “Ortho Evra®” venöse Thromboembolien, Herzinfarkte und Schlaganfälle erlitten hatten. Der sehr ausführliche Report bei Bloomberg nennt auch Zahlen. So sollen typischerweise Todesfälle mit mehr als 1 Million Dollar, Fälle von tiefer Venenthrombose mit 125.000 bis 175.000 Dollar und Lungenembolien mit 140.000 bis 300.000 Dollar abgefunden worden sein. Die Summen hängen von den Umständen des jeweiligen Falles ab.
Über 4000 Frauen und deren Familien hatten gegen J&J Klage eingereicht, weil J&J es versäumt haben soll, in der Werbung auf das erhöhte Risiko von Thrombosen gegenüber den üblichen oralen Kontrazeptiva hinzuweisen.
Die enthaltenen Östrogenmengen der US-Variante und der des in Europa verkauften Pflasters unterscheiden sich geringfügig. Janssen-Cilag, die deutsche Tochterfirma der Pharmakonzerns Johnson & Johnson (J&J), steht auf dem Standpunkt, dass es sich bei Evra® um ein gänzliches anderes Produkt als das amerikanische handele. Doch die tägliche Hormonabgabe ist laut Herstellerangaben für beide Evras genau gleich. Bei beiden sollen 20 Mikrogramm Östrogen täglich direkt ins Blut gehen. Der WDR hatte im April 2006 einen aufschlussreichen Beitrag gesendet, in dem auch Wolfgang Becker-Brüser, der Herausgeber des Informationsdienstes Arznei-Telegramm, seine Bedenken zu dem Verhütungspflaster äusserte. Die Stiftung Warentest hatte im Juli 2008 die Konsumentinnen über eine neue Studie zum Risiko von Ortho Evra® informiert und zur Vorsicht geraten, insbesondere bei Frauen, die bereits ein erhöhtes Risiko für Thrombosen haben.
Ärzte unternehmen inzwischen eine Vielzahl von Aktivitäten , um die Zufriedenheit ihrer Patienten zu steigern. Ein solcher Ansatz ist das Angebot von nach dem Terminsystem organisierter Praxen, ergänzend eine eigene “offene Sprechstunde” einzurichten, zu der Patienten ohne Termin kommen können. So auch ein Orthopäde, der diesen Sprechstunden-Typ jeden Tag von 10:00 Uhr bis 11:00 Uhr […]
Was waren die Themen? Was sind die neuen Entwicklungen? Was gibt es zu berichten?
Am Samstag 2. Februar 2013 fand im grossen Hörsaal der Universität Basel der MS-Informationstag «Aus der Forschung für die Praxis» statt. Dieser, wie schon die vergangenen Jahre, gut besuchte Anlass wird vom Universitätsspital Basel zusammen mit der Schweizerischen MS-Gesellschaft organisiert und von den Pharmaunternehmen Bayer Schering, Biogen-Idec, Merck Serono, Novartis und Teva Pharma unterstützt. Die diesjährigen Themen waren:
Prof. Dr. Kappos moderierte den Anlass.
Der Augenarzt Dr. Konstantin Gugleta stellte mit eindrücklichen Bildern die optische Kohärenztomografie (engl. optical coherence tomography), kurz OCT und deren Anwendung bei Multiple Sklerose (MS) vor. OCT ermöglicht die Anfertigung von hochauflösenden Schnittbildern (3D-Tomografien) mit einer zum histologischen Bild vergleichbaren Qualität. Die OCT funktioniert analog zu Ultraschall, aber mit Licht. Aus Platzgründen werde ich in einem eigenen Artikel näher auf die spannende optische Kohärenztomografie (OCT) eingehen, siehe Optische Kohärenztomografie (OCT).
Dr. Konstantin Gugleta deklarierte ohne Interessenkonflikte zu sein.
Prof. Dr. Pasquale Calabrese räumte in seinem witzigen Vortrag mit falschen Mythen über Stress auf.
Mythos | Fakt |
---|---|
Stress ist grundsätzlich schädlich. | Stress ist eine nützliche körperliche und psychische Funktion. |
Stress ist eine Zivilisationskrankheit. | Auch Höhlenmenschen hatten schon Stress. Man denke nur an Mammutjagt oder Säbelzahntigerangriffe. |
Stress entwickelt sich überwiegend im Beruf. | Stress gehört zum Leben. |
Es spielt also nicht nur der äussere Reiz eine Rolle, sondern auch die Wahrnehmung und Reaktion durch die Person.
Der Weg vom Alarmsystem bis zur Reaktionsauslösung wird als Stressachse bezeichnet. Bei Stress werden verschiedene Hormone ausgeschüttet. (Cortison ist eines dieser Stresshormone).
Leistungsfähigkeit und Stress | CC BY-SA Patientensicht.ch
Stress ist also nicht per se schlecht. Neben einem Zuviel an Stress (Distress/Hyperstress)), kann es auch ein Zuwenig an Stress (Hypostress) geben. Ohne eine gewisse Aktivierung, ohne ein gewissen Druck bewegt man sich nicht. Der optimale Bereich wird als Eustress bezeichnet. Es verhält sich ähnlich wie beim Beinbruch. Früher hat man das Bein eingegipst und vollkommen entlastet. Heute schützt man es und lässt eine gewisse Belastung zu. Die Verheilung läuft so besser und schneller.
Eine dauernde Aktivierung ohne Entlastung, ein Dauerstress macht jedoch krank. Es kann zu Fehlverschaltungen kommen. Stress kann Depressionen auslösen. Stress kann durch dämpfende Massnahmen reguliert oder durch vorbeugende Massnahmen verhindert werden.
Stress und Depressionen können bei MS aber auch organisch durch Läsionen ausgelöst werden, beispielsweise wenn das Regulationssystem geschädigt wird.
Das Wohlbefinden eines Menschen hängt von verschiedenen Faktoren ab:
Insgesamt ist es ein komplexes Regulationssystem.
Er machte keine Angaben über Interessenkonflikte.
Bei MS gibt es drei Klassen von Medikamenten:
Dr. Marcus D’Souza ging auf die neuen Medikamente bei der symptomatischen Therapie ein. Sie verändern den MS-Krankheitsverlauf nicht, aber sie haben das Ziel die Lebensqualität zu verbessern.
Alle drei Medikamenten sind in der Schweiz noch nicht zugelassen. Ein Einsatz ist auf Verschreibung möglich (Off-Label). Die Kosten von monatlich bis 1000 Franken werden jedoch nicht automatisch von der Krankenkasse übernommen.
Dr. Christoph Lotter der MS-Gesellschaft informierte über die verschiedenen Angebote und Aktivitäten der MS-Gesellschaft:
Der Immunologe Prof. Dr. Tobias Derfuss informierte über Impfungen und MS.
Nach Infektionen ist das Schubrisiko bis zu 3× erhöht. Eine erhöhte MRI-Aktivität nach Infektionen ist feststellbar.
In der westlichen Welt ist die Zahl von Infektionen wegen Hygienemassnahmen, besseren Lebensumständen und Impfungen stark zurückgegangen.
Zwei Arten von Impfungen werden unterschieden: die Aktive und die Passive. Bei der Aktiven wird das Immunsystem zum Aufbau der Schutzfunktion angeregt. Bei der Passiven wird die Schutzinformation als Blutprodukt direkt übertragen. Die passive Form wird nur selten, z.B. in Notfällen eingesetzt.
Eine Metaanalyse2 zeigt ein geringes Risiko für Diphterie und Tetanus.
In einer Studie wurden die Schübe nach einer Grippeimpfung untersucht. Zwischen der Placebo- und den Geimpften gab es keine nennenswerten Unterschiede.
Kein Einfluss von Beta-Inferferonen auf die Grippe wurde festgestellt.
Es wurde kein negativer Einfluss von Fingolimod auf das Impfansprechen festgestellt.
Impfungen sollten frühsten zwei Wochen nach dem Cortison-Einsatz erfolgen.
Totimpfstoffe gelten aus gut verträglich, Lebendimpfstoff bedingen eine gewisse Vorsicht.
Empfohlen | Nicht empfohlen / begingt genaue Abklärung |
---|---|
Tetanus, Dipherie, Influenza, Pneumokokken, Pertussis, Hepatitis B | Gelbfieber, Tollwut |
VZV (Windpocken Lebendimpfung, vor Einsatz von Fingolimod, wenn keine Immunität besteht) |
Prof. Dr. Tobias Derfuss informierte das Publikum zu Beginn des Vortrages über seine Interessenkonflikte.
Prof. Dr. Ludwig Kappos betonte zu Beginn die Kompensationsmöglichkeiten des Gehirns. Im frühen Stadium ist das Gehirn in der Lage Schädigungen zu kompensieren. Es gibt noch wenig feststellbare Symptome. Wenig klinisch feststellbare Symptome heisst also nicht automatisch, dass das Krankheitsfortschreiten stehen bleibt.
Phasen der MS-Schädigung | CC BY-SA Patientensicht.ch
Anschliessend gab er einen Überblick über die aktuellen und die kommenden MS-Medikamente. Er verglich die Wirksamkeit, die Wirkungseigenschaften, die Nebenwirkungen von
Das noch nicht zugelassene Alemtuzumab ist ein immunsuppressives Medikament. Es wird das stärkste MS-Medikament werden. Seine Wirkung wird als «Neustart des Immunsystems» beschrieben. Als Nebenwirkungen wurde eine grössere Infektanfälligkeit, wie auch das Auftreten von anderen Immunerkrankungen festgestellt. Wegen der Nebenwirkungen macht das Medikament nur bei schweren Krankheitsverläufen Sinn.
Im Artikel Informationsveranstaltung «Medikamentenentwicklung und MS» der MS-Gesellschaft habe ich bereits über BG-12 und zu Teriflunomide geschrieben.
Er nannte Faktoren, wie das Potential der Medikamente besser ausgeschöpft werden kann. Zum Schluss zeigte er Kriterien, die zu einer höheren Wirkungserwartung führen.
Prof. Dr. Kappos informierte das Publikum zu Beginn des Vortrages über seine Interessenkonflikte.
Einige ausgewählte, allgemeine Fragen des Publikums3:
Warum werden wir auf neue Medikamente «gluschtig» gemacht, die gar nicht oder nur schwer erhältlich sind?
Es ist das Ziel über neue Entwicklungen zu informieren. Eine Zulassung ist beantragt worden. Diese Medikamente werden wahrscheinlich in Zukunft erhältlich sein.
Ist die Zeckenimpfung (FMSE Impfung) empfohlen?
Ja, wenn ein Risiko eines Zeckenbisses mit FMSE-Erreger vorhanden ist.
Fördern die Beta-Intererone oder Copaxone Depressionen?
Das Thema wird kontrovers diskutiert. Bei Personen «ohne Vorgeschichte» wurde kein erhöhtes Risiko festgestellt.
Das Publikum wurde erfreulicherweise jeweils zu Beginn eines Vortrages über das vorliegen vonInteressenkonflikten informiert, wie es die SAMW-Richtlinien vorsehen. Prof. Kappos und Derfuss erklärten, dass ihre Forschung auch von grossen Pharmaunternehmen finanziert wird, da die staatliche Finanzierung nicht ausreichend ist. Diese Transparenz ermöglicht dem Publikum das Gehörte eigenständig einzuordnen.
Das war ein gelungener und gut besuchter Anlass. Mit ca. 500 Teilnehmern zählt dieser Anlass zu den grösseren fachorientierten Publikumsveranstaltungen. Die Vorbereitung war gut und die Organisation klappte reibungslos.
Die Vorträge waren ausnahmslos gut verständlich und informativ. Persönlich am interessantesten fand ich die Vorträge über die optische Kohärenztomografie (OCT) und den Stress. Es wurde angekündigt, dass die Folien in etwa zwei Wochen ins Netz gestellt werden.
Ein solcher Anlass ist ein guter Weg für die Wissenschaftler ihren Wissensstand und ihre Haltung, wie beispielsweise beim Thema Impfen, dem Publikum zu vermitteln.
Die MS-Gesellschaft hatte einen Infostand mit Broschüren aufgestellt. Mitarbeiterinnen standen für Fragen zur Verfügung. Ein solcher Anlass gibt die Möglichkeit die Köpfe hinter den Texten und Broschüren zu sehen.
Ich versuchte die wesentlichen Informationen der Veranstaltung ausgewogen wiederzugeben. Ich hoffe dieser Bericht war hilfreich.
Die Vorträge können als PDF heruntergeladen werden, siehe News-Meldung der MS-Gesellschaft.
Gemäss Wikipedia wird 4-Aminopyridin / Fampridin unter dem Markennamen Avitrol® ebenfalls als Vogelgift vertrieben. Ist dies eine Frage der Dosis?
Während dem Schreiben dieses Artikels ist mir eine eigene Frage in den Sinn gekommen: Wer ist von Redner wie geimpft? Dies wäre interessant zu wissen, denn man soll Leute nicht Worten, sondern nach Taten beurteilen.