Wahnsinnswoche 2018:03

In dieser Woche 132 Patientenkontakte und 15 Terminausfälle.


Ein AOK-Regionaldirektor möchte, dass niederlassungswillige Ärzte wie Industrieunternehmen behandelt und von Städten und Gemeinden quersubventioniert (statt von der AOK angemessen bezahlt) werden.


Depression eine körperliche Erkrankung? Falls Sie oder einer Ihrer Liebsten mal von solch einer Erkrankung betroffen sind, sollte man mit dem Hausarzt sprechen und / oder Fachärzte aufsuchen und nicht dem Irrtum erliegen, dass das nur ein kleiner Schnupfen der Seele sei.


Das grundlegende Problem liegt darin, dass der Client sowohl das Zertifikat als auch das Kennwort dazu kennt. Nein, es handelt sich nicht um die “Gesundheitskarte”, nur um das elektronische Anwaltspostfach. Die Frage ist, wie viele andere eGovernment-Lösungen ähnlich angreifbar sind und nur noch nicht entdeckt wurden.


Taiwanische Forscher haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sich aus Tweets Rückschlüsse auf eine bipolare Störung ziehen lassen.


Das Ausmaß der Datenangriffe in einigen norwegischen Krankenhäusern ist noch nicht bekannt (das betrifft 2,9 Millionen Einwohner).


Soulfood: Snapped Ankles – Jonny Guitar Calling Gosta Berlin

Wahnsinnswoche 2017:50

In dieser Woche 172 Patientenkontakte und 19 Terminausfälle.


Antidepressiva (SSRI) wirken nicht nur über die direkte Serotoninwiederaufnahmehemmung, sondern unabhängig davon auch über die Regulation der Kalziumkanäle und der neuronalen Plastizität.


Ein neues Medikament soll den Krankheitsprozess bei Chorea Huntington verlangsamen.


Nach einer Studie des Robert-Koch Instituts nimmt nur etwa ein Drittel der Personen mit depressiver Symptomatik Kontakt zu Psychotherapeuten und Psychiatern auf. Das entspricht der langjährigen Erkenntnis, dass auch Personen mit klinisch relevanten depressiven Störungen mehrheitlich unbehandelt bleiben.

Zentrales Ergebnis ist auch, dass ein Zusammenhang zwischen dem regionalen Angebot (Versorgungsdichte) und der Höhe der Inanspruchnahme besteht (Captain Obvious lässt grüßen), sodass die wohnortnahe Versorgung ausgebaut werden sollte.

Anderswo heißt sowas “angebotsinduzierte Nachfrage” und wird als als gesundheitspolitisches Problem bezeichnet: “Die Informationsasymmetrie zwischen Arzt und Patient gibt dem Arzt die Möglichkeit, auf den Umfang der „Nachfrage“ nach seinen Leistungen zu seinem ökonomischen Vorteil Einfluss zu nehmen. Bei entsprechender Information über Diagnose- und Therapiemöglichkeiten hätte der Patient diese Leistungen nicht nachgefragt.” Kontext: [1]


Cannabidiol has beneficial effects in patients with schizophrenia. Kontext: [1]


Zwölf Jahren dauerte die Suche nach der Ursache für bipolare Störungen. Jetzt steht fest: es gibt mindestens sieben


Der Weihnachtsmann und Rudolph müssen mal reden.


Ich hatte letzte Woche schonmal was zu den Ursachen der Depression. Jetzt kam noch ein Nachschlag.

Ich kann dazu nur sagen: natürlich hat eine depressive Erkrankung nicht eine Ursache, und natürlich lassen sich die pathopysiologischen Prozesse nicht monokausal erklären. Immer spielen biologische, individuelle und soziale Faktoren zusammen eine Rolle. Es gibt zwar auch heute noch die früher als “endogen” bezeichneten Verläufe, die anscheinend oder tatsächlich unabhängig von äußeren Faktoren eigendynamisch ablaufen, aber meist bestehen Zusammenhänge zwischen akuten oder chronischen emotionalen oder Stressbelastungen und der daraus resultierenden depressiven Entwicklung.

Man kann das Ganze natürlich – wie in den beiden Artikeln – auf eine politische Diskussionsebene heben und von neoliberalen Schuldzuweisungen an das Individuum faseln. Im Alltag hat sich alternativ eine pragmatische Herangehensweise bewährt, bei der die verschiedenen Einflussfaktoren betrachtet und Bewältigungsstrategien erarbeitet werden müssen. So etwas ist zeitaufwendig und kompliziert und erfordert oft eine längere, auch psychotherapeutische Begleitung.

Unabhängig von den Entstehungsbedingungen führen depressive Entwicklungen aber erstaunlich reproduzierbar auch zu körperlich betonten Symptomen (wie zum Beispiel Schlafstörungen, Antriebs- und motivationale Störungen, Grübelneigung, Kraftlosigkeit, Unruhe und Anspannung, bis hin zu suizidalen Impulsen). Nachweislich bestehen dann auch Veränderungen der synaptischen Aktivitäten und der Neuroplastizität in mehreren funktionellen Systemen, die mehrere Neurotransmitter betreffen. Hier setzt dann die in vielen Fällen nötige Symptomreduktion mit Medikamenten an, die in ebenfalls vielen Fällen zu einer Linderung der Beschwerden und zu einer Stärkung der Selbsthilfefähigkeit beitragen.

Es hilft nicht, diese Zusammenhänge als rein soziales, durch neoliberale Ideologie induziertes Phänomen darzustellen. Oft ist es hilfreicher, sich nicht als – typisch depressiv -faul, nutzlos oder überflüssig zu erleben, sondern darüber aufgeklärt zu werden, dass man behandelbar krank ist. Das nimmt dem Einen oder Anderen schon eine gewaltige Last von den Schultern, und wir können dann gemeinsam über Veränderungen zum Positiven verhandeln.

Wahnsinnswoche 2017:49

In dieser Woche 151 Patientenkontakte und 23 Terminausfälle.


“Menschen können nie Handelsware werden – auch nicht ihre Gesundheit und – nach meinem Dafürhalten – auch nicht als „Arbeitskräfte“. Diese soziale Frage ist in gar keiner Weise gelöst und die durchgehende Ökonomisierung des Gesundheitswesens der falsche Weg.” Konrad Schily (FDP) (paywall)


“Die Politik setzt, von Splittermeinungen abgesehen, parteiübergreifend auf die „industrielle Gesundheitswirtschaft“ als Motor zukünftiger gesamtgesellschaftlich ökonomischer Prosperität. Da gelten nun einmal die Spielregeln industrieller Produktion, nicht aber die Maßgaben einer partikularen, ärztlichen Standesethik.” Paul Unschuld über die Ökonomisierung der Medizin.


Apropos Ökonomisierung: Die US-Drogeriekette CVS will für rund 69 Milliarden Dollar den Versicherungskonzern Aetna kaufen.


Vorsicht beim Surfen im Netz: es besteht ein “immanentes Privatsphärerisiko“. Kritisch sind Tracker etwa auf Websites von Krankenhäusern. Auf einer HIV-Infoseite beispielsweise wurden “zahlreiche Tracker” entdeckt. Sie erfahren auch, wenn ein Nutzer den Button zur Terminvereinbarung anklickt und sich offenbar für eine HIV-Beratung interessiert.


In China wurde Anfang November der erste Roboter nach Bestehen einer schriftlichen Prüfung, die bisher Menschen vorbehalten war, als Medizinassistent mit Anamnese- und Diagnose-Berechtigung eingestuft.


Es ist verquer, falsch und auch politisch brisant, der Allgemeinheit weiszumachen, sie überschätze den Einfluss psychosozialer Einflüsse auf Depressionen gegenüber den biologischen.


Kaufen Sie sich ein Haus. Dann sinkt Ihr Risiko, an Schizophrenie zu erkranken. Scherz beiseite: die verbreitete Ansicht, dass Schizophrenien und andere Psychosen in allen Ländern gleich häufig auftreten, ist offenbar nicht korrekt. Eine Studie in JAMA Psychiatry ermittelt deutliche Schwankungen zwischen 17 Regionen, davon 16 in Europa, die auf starke soziale Einflüsse hinweisen.


Soulfood: Orkestra Obsolete play Blue Monday using 1930s instruments. Hier das Original.


KBV-Chef Gassen zur Bürgerversicherung: das Problem seien nicht verschiedene Versicherungsarten, sondern der Dauerzwangsrabatt der Ärzte an die Krankenkassen.

Wahnsinnswoche 2017:48

In dieser Woche 125 Patientenkontakte und 6 Terminausfälle. Nein, vor Weihnachten habe ich definitiv keine Termine mehr frei. Im Januar ist es auch schon eng. Im Februar könnte es wieder klappen…


Lauterbach (SPD) will die Bürgerversicherung (die Grünen, die Linke und Teile der AfD übrigens auch).

Warum?

Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung soll der Staat dadurch in den nächsten 15 Jahren rund 60 Milliarden Euro einsparen. Nix mit Gerechtigkeit oder so.

“Jeder Mensch braucht im Winter eine dicke Jacke. Die gibt es nun aber für 50 Euro, für 500 Euro und sicher auch für 5.000 Euro. Ein Gesetz, das jeden verpflichten würde, künftig nur noch die 50-Euro-Jacke zu tragen, wäre nicht links, sondern ballaballa.” (Aus einem gutgemeinten  Plädoyer für ein steuerfinanziertes Gesundheitswesen. Das dort angeführte Argument mit “Straßen, Schulen oder Feuerwehr” zieht aber in meinen Augen nicht so richtig…)


WTF der Woche: ein Fünftel der Deutschen glaubt doch tatsächlich, Menschen mit Depression müssten sich einfach nur zusammenreißen und als Therapie Schokolade essen.


Feelings are real but they aren’t reality.


Vitamin D soll – gerade in der dunklen Jahreszeit – bei verschiedenen psychischen Erkrankungen hilfreich sein. Aber Vorsicht: zwei Fallberichte zeigen, dass die Einnahme von vermeintlich harmlosen Vitamin-D-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln oder Präparaten schädlich sein kann. Beide entwickelten ein akutes Nierenversagen bei ausgeprägter Hyperkalzämie. Nehmen Sie nicht mehr als 800 IE pro Tag!


Soulfood: First Techno (Kraftwerk 1970). Und: “Tanzmusik” (1973).


Und noch ein Video. Es geht um die Machenschaften der Pharmaindustrie: Die Impfgegner-Lüge. (Witzig. Nehmen Sie das bloß nicht ernst…)


Nulla placere diu nec vivere carmina possunt quae scribuntur aquae potoribus. Machen Drogen womöglich kreativ? Hint: Nein. Aber die Vermutung liegt nahe, dass diejenigen Eigenschaften, die einen Menschen neugierig, offen und kreativ machen, ihn auch gerne zu Rauschmitteln greifen lassen.


Fühlen Sie sich manchmal beobachtet? Sie könnten Recht haben: ein Team von Computerwissenschaftlern der Stanford University hat vorgeführt, wie sich aus Bildern von Google Street Views für Orte, Stadtteile und Straßen ableiten lassen soll, welches Einkommen und welchen Bildungsgrad die dort lebenden Menschen haben, welcher Ethnie sie angehören und wie sie wählen.

Dazu passend: De Maizière (CDU) will, dass die Industrie dem Staat exklusive Zugriffsrechte einräumen soll, etwa bei privaten Tablets und Computern, Schließanlagen von Fahrzeugen, Smart-TVs oder digitalisierten Küchengeräten. Wenn Sie also zufällig in einer Gegend wohnen, wo die CDU keine Stimmen holt, müssen Sie sich künftig über nichts mehr wundern …


Suchen Sie noch ein Weihnachtsgeschenk für Katzenfreunde?

Wahnsinnswoche 2017:13

In dieser Woche 169 Patientenkontakte und 12 Terminausfälle.


Montag: Das Quartalsbudget für Kassenpatienten war voll. Diese Woche habe ich also nur noch ehrenamtlich gearbeitet.


Fühlen Sie sich wertlos und deprimiert? Schauen Sie mal genauer hin…


Anlässlich des Gründungsdatums der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Jahr 1948 findet jährlich am 7. April der Weltgesundheitstag statt. Das Thema für 2017 lautet “Depression – Let’s talk“. Kontext: [1]


Was für ein Jubel: Die Suche nach Psychotherapeuten wird jetzt viel schneller. Länger als vier Wochen soll kein Patient mehr auf den Termin bei einem Psychotherapeuten warten müssen. Details (pdf) der Strukturreform der ambulanten Psychotherapie.

Ist leider nur planwirtschaftliches Wunschdenken. Es wird nicht mehr Psychotherapeuten geben, und die Nachfrage übersteigt das Angebot jetzt schon um ein Vielfaches.

Dazu kommt noch der unglückliche Umstand, dass die neuen Leistungen schlechter bezahlt werden, als die genehmigungspflichtige Psychotherapie: 25 Minuten für nur 42,75 Euro statt 44,28 Euro. Falls jemand in ökonomischen Dimensionen denkt: das ist definitiv kein Anreiz, eine solche Sprechstunde anzubieten.

Entsprechend verstimmt sind die KBV (“Krankenkassen torpedieren neue Angebote – zum Nachteil der eigenen Versicherten”), die DGPT (pdf), und die BPtK (“Ein neuer Gipfel versorgungspolitischer Voreingenommenheit“).

Der BKK Dachverband (hier: Franz Knieps) bezeichnet die Kritik dagegen als “Fake News einzelner Lobbygruppen“: “Es stimmt nicht, dass die einzelne Leistung nunmehr schlechter bezahlt wird – pro Gesprächsminute mit dem Patienten werden die neuen Leistungen genauso gut vergütet wie bisherige Therapiesitzungen. Einziger Unterschied: Da der Therapeut den Patienten noch nicht kennt, benötigt er für diese Sprechstunde, anders als bei Stammpatienten, keine gesonderte Vorbereitungszeit.” Man sieht, der Mann kennt sich aus mit der Versorgungsrealität Desinformation. (Der Knieps hat übrigens früher schon ziemliche Böcke geschossen und gezündelt und selbst Fake News verbreitet…)


Übrigens: da ich eine psychiatrische und keine psychotherapeutische Praxis betreibe, wird sich an meinem Komfortangebot nichts ändern: Sie können im Notfall einfach weiter in die offene Sprechstunde kommen.


Sometime during the last quarter of 2016, the history of the world underwent a macroscopic quantum tunneling event, creating, according to the Many Worlds Interpretation, a new branch of the multiverse in which we are now trapped. The failure of much political polling is then understood by assuming that the particular branch we are on had very low amplitude in the quantum wave function of the multiverse. In this view, one must take a different attitude towards alternative facts than that proposed by the mainstream media.


Soulfood: One Shot – Ewaz vader.


Wahnsinn in den Medien: in dieser Woche 13x Sport, 7x Kunst, 3x Politik, 1x Straßenverkehr, 1x Aktien, 1x Abitur, 1x Helene Fischer, 1x Rihanna, 1x Handytarife. In der Stichprobe (N=30) diese Woche kein einziger Treffer im richtigen Kontext.

Wahnsinnswoche 2017:07

In dieser Woche 141 Patientenkontakte und 15 Terminausfälle.


Beschwerdemöglichkeiten (pdf) für Menschen mit psychischen Erkrankungen und ihre Angehörigen in Wuppertal.


Aufgrund wiederholter Nachfrage: Reboxetin darf Kassenpatienten seit 2011 nicht mehr verschrieben werden. In Einzelfällen war aber eine Umstellung auf ein anderes Medikament nicht möglich. Nun stellen einige Kassen Regressanträge gegen Ärzte, die Reboxetin in diesen Fällen weiter verschrieben haben. Möglicher Ausweg: der Hinweis auf einschlägige Gesetzes- und Richtlinientexte.

In § 31 SGB V, Absatz 1 heißt es nämlich: “Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen.”

Und in § 16 AM-RL, Absatz 5 (pdf): “Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt kann die nach den Absätzen 1 und 2 in ihrer Verordnung eingeschränkten und von der Verordnung ausgeschlossenen Arzneimittel ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen.” [1]


Wie Journalisten und Medien über Suizide berichten, zumal prominenter Personen, zeigt tatsächlich auch 2017 immer noch, wie kühl und lernunfähig diese Branche oft ist.


When I started to understand the lyrics of a Cocteau Twins song, I knew I was wrecked. Kontext: [2] [3]


Something for the weekend?

Wahnsinnswoche 2017:06

In dieser Woche 131 Patientenkontakte und 10 Terminausfälle.


Depressiv? Dann sind Sie besser als Nicht-Depressive dazu fähig, unlösbare Aufgaben frühzeitig zu erkennen und schlauerweise die Finger davon zu lassen.


Das Arbeitsgericht hatte mich als Gutachter vorgeladen. Ich war pünktlich am Mittwoch um 14 Uhr in Düsseldorf. Vor dem Saal herrschte verdächtige Ruhe. Anruf bei der Geschäftsstelle: der Termin sei aufgehoben worden, ob ich denn die Mitteilung nicht erhalten hätte? Nein, hatte ich nicht. Die war dann nachmittags im Briefkasten, versandt am Dienstag.

Donnerstag will ich dem Arbeitsgericht ein Fax mit neuen Terminvorschlägen schicken: “Teilnehmer antwortet nicht (Teilnehmer hat aber signalisiert)”. Dann schicke ich es eben online: “Ihr Fax konnte nicht übertragen werden.” Dann schicke ich es eben als Mail: “Aus [verschiedenen Gründen] erfolgt eine Bearbeitung elektronischer Post nicht. Für das Arbeitsgericht Düsseldorf besteht die Möglichkeit der Übersendung im EGVP-Verfahren.” Den in der Antwortmail enthaltenen Link angeklickt: “Der angeforderte URL konnte auf dem Server nicht gefunden werden.” Seufz. Also ab die Post mit dem Brief…


Erfüllt “Islamophobie” die diagnostischen Kriterien für eine Angststörung?


Das Negieren von Ideen verstärkt sie nur. Kontext: [1].


Telepolis lese ich immer wieder gern. Aber leider, Herr Rötzer, gefällt mir Ihr Artikel “Ärzte lieben weiterhin die Liberalen” so gar nicht.

Erstens verwirren Sie mich mit Zahlen zum durchschnittlichen Bruttojahresgehalt von Ärzten (Ihre Ansage: 64.100 Euro), wobei sie sowohl aus einem Bericht des Ärztenachrichtendienstes (dort ist aber von 82.744 Euro bei angestellten Ärzten die Rede), andererseits aus dem Gehaltsreport 2016 der Online-Jobbörse Stepstone zitieren (wo auf Seite 58 ebenfalls 82.744 Euro als Durchschnittsgehalt genannt werden, nachdem auf Seite 6 zunächst von 79.538 Euro die Rede war). Können Sie mir das irgendwie erklären?

Zweitens vermischen Sie die vermeintliche Liebe der Ärzte zur FDP mit der Ablehnung der so genannten Bürgerversicherung, weil die das lukrative Geschäft mit den Privatkassen vermiesen würde. Herr Rötzer: es gibt zwar private Krankenversicherungen, aber keine Privatkassen – das Kassenprivileg ist den gesetzlichen Krankenkassen vorbehalten, die ihr Geschäft nach dem Umlageverfahren finanzieren. Angestellte Ärzte haben ohnehin nur wenig Berührungspunkte mit privaten Krankenversicherungen – dieses lukrative Geschäft nehmen ihnen die Krankenhausgesellschaften schon ab. Bei niedergelassenen (nicht: angestellten) Ärzten mag das anders sein, aber die FDP hat in der Vergangenheit schon oft genug gezeigt, dass sie in gesundheitspolitischen Fragen nicht als ernstzunehmender Gesprächspartner zu Verfügung steht (ja, ich hab sie mal gewählt, aber ich kann aus Fehlern lernen).

Drittens suggerieren Sie eine unheilvolle Nähe von Ärzten zur Ausländerfeindlichkeit der AfD (die in ihrem Wahlprogramm keine klare Linie zur Gesundheitspolitik erkennen lässt und allein dadurch für einen denkenden Arzt unwählbar wird). Ihre ohne Begründung geäußerte Assoziation ist nicht nachvollziehbar.


Absacker zum Wochenende: :Wumpscut: – Madman Szpital.

Wahnsinnswoche 2017:03

In dieser Woche 159 Patientenkontakte und 9 Terminausfälle.


1.500 von der Servicestelle der KVNo vermittelte Termine wurden von den Patienten nicht wahrgenommen. Die Zahl der vermittelten Termine liegt bundesweit unter 120.000 (bei 580 Millionen ambulanter Behandlungsfälle). Ein Drittel der Menschen sucht allgemeine Informationen, ohne einen Termin zu erfragen. Ein weiteres Drittel hat nicht den nötigen Überweisungsschein. Das letzte Drittel benötigt tatsächlich Hilfe.


Fake News gibt es übrigens nicht nur im Internet. Kontext: [1] [2] [3] [4]. Passendes Video dazu.


Entstehungsbedingungen der Angst (kreationistische Sichtweise).


How the f*** is literally every Zappa song still totally relevant like 30 years later? [Lyrics]


Die Krankheitskosten der Depression: eine philosophische und gesellschaftskritische Analyse. Ich möchte noch den personenzentrierten Ansatz hinzufügen: wer trägt denn die Krankheitslast? Die Kranken selbst und ihre Familien, die sich – außer mit der Erkrankung – auch noch mit den existenziellen Folgen herumschlagen müssen: in manchen Fällen vom Krankengeld über ALG 1 hin zum ALG 2 und zur Erwerbsminderungsrente. Kontext: [5]


Fnord der Woche: Das Frühstück ist die gefährlichste Mahlzeit des Tages.

Wahnsinnswoche 2016:50

In dieser Woche 127 Patientenkontakte und 8 Terminausfälle.


Seit geraumer Zeit biete ich ja für Erstgespräche keine festen Termine mehr an, weil zu viele Leute dazu nicht erschienen waren. Wenn Sie also Gesprächsbedarf haben, kommen Sie einfach in die offene Sprechstunde. Ich erkläre Ihnen das gern auch während meiner Telefonzeiten. Es bringt aber nichts, fünf Minuten vor Beginn und dann nochmal fünf Minuten nach Ende meiner Telefonzeit jeweils eine Nachricht auf meinem Anrufbeantworter zu hinterlassen.


Hatte ich nicht erst letzte Woche was über Datensammelei und Smartphoneüberwachung geschrieben? Diese Woche: Datenschutz als Forschungshemmnis. Im Ausland wird fortgeschrittene deutsche Technologie bereits verwendet, und alles, was mit Datensparsamkeit zu tun hätte, gehört „ins vergangene Jahrhundert“…

Stellen Sie sich mal folgendes Szenario der näheren Zukunft vor: Sie steigen morgens in ihren Horch (Markenname verfremdet), um zur Arbeit zu fahren. HUD hochfahren, Ihre Nanoimplantate an Bord anmelden, den Startbefehl geben. Es ertönt die sonore Stimme der Bordelektronik in Ihrem auditorischen Kortex: “Du hast dich diese Woche zu wenig bewegt. Dein BMI ist zu hoch. Geh zu Fuß, Fettsack.”

Ein Autobauer arbeitet an sowas und möchte das System sogar so weit ausbauen, dass Sie beim Fahren (wenn das Auto Sie denn lässt) mit Ihrem Arzt in einer Online-Sprechstunde chatten können (Meldung beim Hippokranet – paywall). So weit kommt das noch… da lasse ich lieber meinen Avatar für mich arbeiten.

Probieren Sie doch in der Zwischenzeit mal diese Depri-App aus und sagen Sie mir, was Sie davon halten.


Termin beim Familiengericht am Rhein. Auf dem Flur fiel mir auf, dass sich zwei Leute angeregt und kollegial unterhielten. Im Termin gingen sie sich dann gegenseitig ein bisschen an die Kehle. Bin immer wieder verblüfft, wie wandlungsfähig Anwälte doch sind.

Die Frage, warum ich vom Befundergebnis eines Vorgutachters abgewichen war, konnte ich mit der empirisch gestützten Hypothese begegnen, dass sich die psychische Symptomatik im Rahmen einer rezidivierenden depressiven Störung möglicherweise in den letzten vier Jahren (wieder) verschlimmert haben könnte. So viel Zeit war nämlich seit der ersten Untersuchung vergangen.

Dann ging es noch um die Unterscheidung zwischen Verdeutlichungs- und Aggravationstendenzen. Nach M. Philipp: Verdeutlichung, Aggravation und Simulation in der sozialmedizinischen Begutachtung (MED SACH 112 3/2016; 91) handelt sich bei Verdeutlichungstendenzen um den mehr oder weniger bewussten Versuch, den Gutachter vom Vorhandensein der Beschwerden zu überzeugen. Aggravation beschreibt eine bewusst intendierte gravierendere Darstellung einer vorhandenen Störung zu bestimmten, klar erkennbaren Zwecken. Während sich der Nachweis von Aggravation bei der Beurteilung des Schweregrades der vorliegenden Gesundheitsstörung so auswirkt, dass das quantitative Leistungsvermögen höher bzw. der Behinderungsgrad niedriger einzuschätzen ist, als bei einem vom Untersuchten behaupteten Schweregrad zu erwarten wäre, führt der Nachweis einer Verdeutlichungstendenz nicht zu einer Korrektur der Schweregradeinschätzung der vorliegenden Gesundheitsstörung.

Nach konstruktiver Diskussion wurde ich nach 30 Minuten wieder entlassen. Hin- und Rückfahrt kosteten mich allerdings zusammen anderthalb Stunden (Hint: A46). Da wäre ein Chat via VPN vielleicht doch effizienter gewesen.


Rammstein: “Du Hast” als Bossa Nova Version. Als kleines Kontrastprogramm dazu: Mary Poppins Sings Death Metal. Genial.


Was ist eigentlich Desinformation?


Wenn Sie eine auf die Behandlung von Depressionen spezialisierte Klinik suchen, hilft Ihnen das Angebot der Deutschen Depressionsliga weiter.


Jeder zehnte Patient mit einer neu diagnostizierten Schizophrenie hat im Blut Antikörper gegen NMDA-Rezeptoren, die im Gehirn an der Pathogenese der Psychose beteiligt sind. Das kam in einer Studie in JAMA Psychiatry heraus, die auf neue, bisher ungeprüfte Therapieansätze hinweist. Der Nachweis der Antikörper allein belegt noch nicht, dass sie an der Pathogenese der Schizophrenie beteiligt sind. Bei zwei der Patienten änderten die Untersucher jedoch die Diagnose. Beide hatten auch im Liquor spezifische Antikörper. Sie waren tatsächlich an einer Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis erkrankt. Bei den anderen gehen die Forscher weiterhin von einer Schizophrenie aus. [1] [2]

Wenn ich die vorliegenden Informationen richtig verstehe, müsste sowohl eine Blut-, als auch eine Liquordiagnostik erfolgen, um eine mögliche Beteiligung des NMDA-Systems zu untersuchen.

Wahnsinnswoche 2016:49

In dieser Woche 140 Patientenkontakte und 15 Terminausfälle.


Überall werden Daten gesammelt (demnächst auch hier), wir können das nicht mehr wirklich nachvollziehen.

Fitness-Armbänder und Armbanduhren mit Gesundheitsfunktionen erfüllen die Datenschutzstandards nicht. Es bleibt unklar, wer Zugriff auf die Daten (die die Nutzer selbst nicht mehr löschen können) hat und wie lange sie gespeichert werden. Zusätzlich werden diese Daten für das Marketing verwendet und an verbundene Unternehmen weitergeben. Außerdem bestehen Gefahren durch Hackerangriffe. Überlegen Sie es sich also gut, ob Sie Ihre psychische Gesundheit wirklich von Ihrem Smartphone überwachen lassen wollen.

Kapitalgeber für Digital Health-Produkte der Zukunft sehen das nicht so eng. Sie wünschen sich eine Schnittstelle zwischen Konsumenten-Apps und digitaler Patientenakte und wollen damit das Arzt-Patienten-Verhältnis verbessern. Vor Goldgräberstimmung wird gewarnt…


Bei der Quellensuche jetzt auf diversen Seiten: “Schalten Sie gefälligst Ihren Werbeblocker ab, sonst können Sie unsere Inhalte nicht lesen”. Netter Versuch. Es gibt in der Regel auch noch andere Quellen. Ich schalte meinen Werbeblocker nämlich unter anderem deswegen nicht ab.


Wer Gutmensch sagt, verdient sich seinen Shitstorm: “In den letzten 15 Jahren ist das Wort ‘Gutmensch’ allmählich in den Besitz politischer Gruppierungen übergegangen, deren Spektrum von dümmeren Teilen der FDP über Thilo Sarrazin und Akif Pirinçci bis zu Rechtsextremen reicht.” Gedanken über weitere Hassworte hier.


Oxytocin verbessert das Rhythmusgefühl.


Medikamente, die auf den intrazellulären Dopamin Rezeptor (D2LR) einwirken, könnten künftig die Behandlung von Schizophrenie und Parkinson verbessern. Unabhängig davon könnten aber auch NMDA-Rezeptor-Antikörper zur Entstehung einer Psychose beitragen. Oder auch oxidativer Stress. Und Nikotin lindert die kognitiven Defizite bei Schizophrenie. Es bleibt verwirrend.


Ketamin aktiviert die Produktion neuer Proteine in Nervenzellen und könnte dadurch seine antidepressive Wirkung entfalten.


“Was kulturell jeweils als wahr gilt, ist kein ideeller Reflex einer irgendwie gearteten objektiven Realität, sondern Ergebnis gesellschaftlicher Konstruktionsprozesse.” Hier geht’s zur Theorie des Wahns.


Je länger größere Kinder mit ihren Smartphones herumspielen, desto später kommen sie mit Drogen in Berührung.


Wenn Sie selbst mal etwas recherchieren möchten: Open Knowledge Maps.


Passieren Ihnen auch ständig nervige Missgeschicke? Entspannen Sie sich… bestaunen Sie die Schönheit des Wetters