Alternative Krebstherapien erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Die Erfolgsraten von Chemotherapie und Bestrahlung sind oft bescheiden, die Nebenwirkungen enorm und die Menschen sind zunehmend vom Besuch beim so genannten "Schuldmediziner", der nicht über den Tellerrand blickt, enttäuscht. Sie wenden sich ab von der Symptombekämpfung und möchten stattdessen die Ursachen für ihre Erkrankungen heilen. Doch sogleich ist […]
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Wundersalbe, die II.
“Medizin und Wahnsinn” heißt die Kolumne von Werner Bartens, der als “Leitender Redakteur” im Wissenschaftsressort der “Süddeutschen Zeitung” fungiert. Liest man seinen jüngsten Beitrag im “SZ-Magazin”, dann kann man diesem Titel eine bislang ungeahnte programmatische Bedeutung zusprechen.
Denn wer nach dem
Regividerm-Skandal das Thema “Wundersalben” medial vorerst für ausgereizt gehalten hat, hat nicht mit Werner Bartens gerechnet. Und der setzt sogar noch einen drauf. Denn gegenüber den Wunderwirkungen der von Bartens gefeierten neuen Wundersalbe mutet der Anspruch ihres rosafarbenen Pendants, die Hautkrankheiten Neurodermitis und Psoriasis nebenwirkungsfrei zu heilen, geradezu bescheiden an.
Die neue Wundermixtur kann viel mehr: Sie hilft “Unfallopfern, Diabetikern, Verbrennungsopfern, Tumorpatienten, womöglich auch Nervenkranken und Menschen mit Infarkt oder Schlaganfall”. Und Bartens berichtet mit einer Ehrfurcht und Bewunderung über den Wundersalbenerfinder Augustinus Bader, gegen die sich die einschlägigen Ausführungen des Neuen Testaments (“Und Jesus zog umher in ganz Galiläa […] und heilte alle Krankheiten und alle Gebrechen im Volk”) wie nüchterner medizinischer Fachjournalismus ausnehmen:
Zehn Tage nach dem Unfall in der Badewanne soll die Operation stattfinden, bei der das tote Gewebe beseitigt wird. Doch nach zehn Tagen gibt es für die Ärzte nicht mehr viel zu tun. Die Füße von Harley Sophia sind komplett und ohne Komplikationen zugeheilt, nur die besagte Stelle zwischen dem dritten und dem vierten Zeh am rechten Fuß weist Narben auf.
Bartens schwärmt weiter:
Klar, der “blonde Bayer aus Augsburg”, von dem die SZ ein so tolles Foto gemacht hat, ist in seinem tiefsten Inneren ein bescheidener Mann. Erst jetzt, wo seine Ergebnisse “fachlich abgesichert” sind, geht er damit an die Öffentlichkeit. Bader, der selbstlose und zurückhaltende Heiler, der nichts verspricht, was er nicht halten kann. Bartens, der intime Kenner der Szene, mit dessen Hilfe die sensationellen Ergebnisse der wirklich großen Wissenschaftler erstmals an die Öffentlichkeit gelangen.
Dass schon vor fünf Jahren, am 13.5.2005, eine Pressemitteilung zu einer von Augustinus Bader ins Leben gerufenen Konferenz unter der Überschrift “Narbenfreie Heilung für Verbrennungsopfer” ähnlich wundersame Erfolge verlautbart hat, soll den Eindruck nicht trüben. Sicher nur ein Versehen der Pressestelle:
Stichwort “fachlich abgesichert”. Neben der wundersamen Fußheilung berichtet Bartens noch von einer Handvoll weiterer “Heilversuche” mit dem Wundermittel:
– Bei einem “ehemaligen” Kraftsportler heilte es eine Hüftkopfnekrose (“Inzwischen stemmt der Mann wieder Gewichte”)
– Bei einem Kind, das sich mit einer “giftigen Substanz” die Speiseröhre verätzt hatte, injizierte Bader das Mittel in die Speiseröhre (“Das Mädchen wurde gesund und kann wieder normal essen und trinken.”)
– Der Berner Sennenhund von Augustinus Bader vergiftete sich mit Schneckenkorn, woraufhin sein Herrchen sich kühn zum Tierversuch entschloss. (“Sechs Stunden später erwachte der Hund aus seinem Dämmerschlaf, zwei Tage später war er wieder zu Hause, wo er bis heute mit den Kindern spielt.”)
– Bei einem Bootsunfall verletzte sich ein Freund von Bader, eine Querschnittlähmung “drohte”. Bader “ließ ihm seine Wachstumsfaktoren spritzen”. (“der Freund bewegt sich heute völlig normal”)
– Und schließlich eine MS-Patientin, bei der nicht nur eine große Wunde heilte, sondern die auch ihr gelähmtes Bein wieder bewegen kann. (Die Patientin “rief neulich begeistert bei Bader an”.)
Bartens ist lange genug im Geschäft, um zu wissen, dass nicht alle seine Leser mit solchen Geschichten zu überzeugen sind. Schließlich verfügt ein substanzieller Teil des Personals der katholischen Kirche und auch mancher Provinzheilpraktiker über ein vergleichbares Inventar an Heilerfolgen. Aber Bartens weiß mehr:
Arbeitet man sich durch die Publikationsliste von Augustinus Bader, so findet man in der Tat zahlreiche Veröffentlichungen. Viele behandeln die Vermehrung von Leberzellen in Bioreaktoren, ein eher dröges Thema. Langfristiges Ziel solcherlei Forschung ist es etwa, Leberzellen außerhalb des Körpers zu vermehren, um das so entstehende Gewebe außerhalb oder gar innerhalb des Körpers zum Ersatz von Leberfunktionen einzusetzen.
Von seinem Wundermittel konnte ich in der Datenbank PubMed nichts finden. Tierversuche mit dem Mittel, dem logischen und ethisch gebotenen Zwischenschritt auf dem Weg zum Einsatz am Patienten? Dokumentierte Fallberichte bei Menschen, wie sie bei derart sensationellen Resultaten üblicherweise publiziert werden? Fehlanzeige. Auch die Publikationsliste auf der Home-Page des Professors gibt nach gründlicher Durchsicht keine entsprechenden Resultate her. Eine Anfrage der “Stationären Aufnahme” an Werner Bartens von Anfang dieser Woche zu den Literaturstellen, auf die er in seinem Artikel anspielt, blieb bis heute unbeantwortet.
Wie dem auch sei. In jedem Fall drängt sich der Eindruck auf, Augustinus Bader sei der Idee nicht ganz abgeneigt, mit seinem geheimnisvollen Heilverfahren ein wenig Geld zu verdienen. Bartens schreibt:
Diese geistreiche Wortschöpfung hat sich Bader in der Tat beim Deutschen Patent- und Markenamt schützen lassen, und zwar zunächst als Wort- und jüngst auch als Wort-Bild-Marke. Natürlich hat es sich auch die Domains “sanamander.com” und “sanamander.de” gesichert. Nicht er persönlich, aber eine Bionethos Alphacells GmbH, die in dem alten Herrenhaus in der Nähe von Leipzig residiert, das früher einmal eine Außenstelle des Leipziger Klinikums war, und das er mit seiner Familie bewohnt. Geschäftsführerin der Bionethos Alphacells GmbH ist eine Dr. Sabine Bader, vermutlich seine Ehefrau.
Die Bionethos Alphacells GmbH teilt sich Anschrift und Telefonnummer mit einem beeindruckenden Strauß an klangvoll benannten Firmen: Der Bionethos Holding GmbH (der Firmenname findet sich in zahlreichen Patentanmeldungen von Bader, sie wurde im April 2009 aufgelöst), der Bionethos Innovation GmbH, der Bionicor GmbH (aufgelöst im April 2009), der Genedrugs GmbH und der International Foundation Regenerative Medicine GmbH. Letztere dient als Veranstalter der von Bader ins Leben gerufene Konferenz zur “Regenerativen Medizin”. Augustius Bader selbst fungiert nur bei der Bionethos Innovation GmbH als Geschäftsführer; in den anderen Fällen findet sich der Name Dr. Sabine Bader.
Bei einer derartigen beruflichen Belastung verwundert es nicht, dass dem Professor bislang noch keine Zeit für klinische Studien mit seinem Wundermittel geblieben ist.
EU-Kommissar stärkt Vertrauen in chinesische Milchprodukte
Auf einer Pressekonferenz in China hat EU-Handelskommissar Peter Mandelson demonstrativ ein Glas Milch getrunken, um sein ungebrochenes Vertrauen in die Qualität chinesischer Milchprodukte zu beweisen (Video).

In China waren zuvor rund 50.000 Kinder nach dem Konsum von mit der Chemikalie Melamin verseuchten Milchprodukten erkrankt. Melamin verursacht Nierenschädigungen und Nierenstein-Bildung. Vier Kinder sind bislang in Folge der Vergiftung an Nierensteinen gestorben.
Neun Tage nach seinem Auftritt wurde bei Peter Mandelson ein Nierenstein diagnostiziert:
“Hospital tests yesterday confirmed that there is a small stone. This will be dealt with by the normal procedures later today.”
(via)
Praxen-Eintrittsgebühr für Pharmaberater
Dem Pharmaaussendienst geht es schlecht. Stellenabbau, Leiharbeit, Gehaltsreduzierungen. Was zwei Unternehmensgründer nicht von Versuchen abhält, ihren Euro beim Vertrieb der Pharmaunternehmen zu kassieren. Der Schlüssel soll ein Terminportal im Internet sein. Ärzte können Gesprächszeiten für Pharmaberater festlegen, die dann vom Aussendienst gebucht werden.
Bei Pharm2Med bezahlt der Pharmaberater bzw. dessen Arbeitgeber für jeden über das Portal gebuchten Besuch 6 Euro (7,50 Euro pro Klinikarzt). Für den Arzt ist das kostenlos. Der Andrang hält sich in Gremzen. Bisher nutzen laut der Internetseite 238 Ärzte den Dienst. Da auch Gruppenpraxen und Praxisgemeinschaften darunter sein werden, reduziert sich die effektive Anzahl der Praxen, die eine Buchung über den Dienst von den Pharmaberatern verlangen, weiter.
Dabei steht das Business-Modell auf ethisch wackeligen Füssen. Der Kodex der Freiwilligen Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie legt im Punkt 7 des § 18 fest:
Damit würde sich der Arzt schon einmal vom Besuch der Pharmaberater der 68 Mitgliedunternehmen, die sich dem Kodex verpflichtet haben, entledigen.
Während die Dienstleistung von Pharm2Med schon ethisch bedenklich ist, scheint der andere Anbieter in Deutschland diese Grenze überschritten zu haben. Bei Causalo soll der vermittelte Besuch sogar 25 Euro kosten. Das würde die Kosten des Aussendienstes für die Pharmauntermehmen um 30% erhöhen. Vom Arzt verlangt das Unternehmen nochmal 120 Euro pro Jahr. Jedoch rein formal, denn der Arzt erhält jeweils 15 Euro von Causalo für die “Dokumentation von Pharmagesprächen zur Qualitätssicherung”. Er verdient also an jedem Besuch. Praktisch ein Kick-Back, der mit der bisher unbezahlten Zeit grechtfertigt wird, die der Arzt dem Pharmaaussendienst widmet. Der Causalo-Gründer verweist in einem Artikel im Kassenarzt auf 157 Millionen Euro, mit denen jährlich Ärzte die Pharmaindustrie derzeit durch ihre Zeit mit dem Pharmareferenten subventionieren würden.
Bei 20-30 Pharmaberatern jeden Monat ein interessantes Zubrot für den Arzt.
Kein Wunder, dass 55% der von Causalo befragten Ärzte an einer honorierten Besuchsdokumentation interessiert sind.
Bei 15 Euro wird die Erinnerung an bessere Zeiten wach, in denen es für die forschenden Pharmaunetrmehmen noch keine Grenze von 5 Euro gab, die im Kodex nun für Werbegaben im Rahmen einer produktbezogenen Werbung vorgeschrieben ist.