Heute war wieder eine da…………….eine 89-jährige, die gerade aus der Klinik wieder entlassen wurde.
Sie war vor ein paar Tagen kurzfristig in die Praxis gekommen, weil sie ihre linke Hand und den Unterarm nicht mehr spürte. Nach wenigen Minuten war das wieder besser geworden und dann ganz verschwunden.
Sie hatte keine wesentlichen Vorerkrankungen, lebt selbstständig und alleine in ihrem Haus, war selbst mit dem Auto gekommen, nahm keine Medikamente ein. Der Blutdruck war normal, der Blutzucker war normal, kein Hinweis auf Herzrhythmusstörungen und die in der Praxis durchgeführte neurologische Untersuchung brachte keinerlei Auffälligkeiten.
Trotzdem konnte ich allein auf Grund des Alters der Patientin einen kleinen Schlaganfall oder eine sogenannte TIA (Transitorische ischämische Attacke) nicht ausschließen und schickte sie, auch weil erst sehr wenig Zeit seit der Episode vergangen war, mit dem Rettungswagen ist Krankenhaus.
Fünf Tage später kam sie wieder. In der Klinik war sie ausführlichst untersucht worden mit Bildern vom Kopf (Computertomogramm und MRT), Gefäßdarstellung der Gehirndurchblutung, Langzeit-EKG. Man hatte nichts Auffälliges finden können.
Sie war sehr erleichtert, aber auch niedergeschlagen. „Ach, Herr Doktor, stellen Sie sich vor, dann ist mein Geldbeutel in der Klinik verschwunden, aus meiner Handtasche mit allem drin, Ausweis, Versicherungskarte, Geld, Führerschein, Bankkarte. Ich verstehe gar nicht, warum sie nicht wenigstens die Karten und Ausweise zurückgeben, ist doch eh alles gesperrt.“
Selbst ein e-Rezept konnte ich ihr nicht so einfach ausstellen, da sie es ja ohne Versicherungskarte gar nicht abholen kann.
Sie wendet sich zum Gehen, „und dann soll ich auch noch nicht Autofahren. Das können Sie mir doch nicht nehmen, Herr Doktor, ich fahre seit mehr als 70 Jahren und brauche mein Auto.“
„Moment“, denke ich, sage ich. Schaue dann noch einmal genau in den Entlassungsbrief. Tatsächlich, die Neurologin hat ein Fahrverbot für vier Wochen ausgesprochen.
Ob das sinnvoll ist, wo die Diagnose eines Schlaganfalls oder einer TIA nicht einmal bestätigt werden konnten, weiß ich nicht. So sage ich es auch der Patientin. Aber an dem ausgesprochenen Fahrverbot kommen wir nicht vorbei. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand von dem Fahrverbot weiß, selbst wenn die Patientin kontrolliert wird, ist äußerst gering. Es wird in der Regel nicht an die Verkehrsbehörde gemeldet. Aber wenn ein Unfall passiert, kann der Gesundheitszustand überprüft werden und das kann strafrechtliche und andere Konsequenzen haben, z B beim Versicherungsschutz. https://schlaganfallbegleitung.de/lebensgestaltung/autofahren
So ein Pech: Geld weg, Papiere weg und dann auch noch das letzte bisschen persönlicher Freiheit genommen.
„Eine Woche ist schon rum“, versuche ich zu trösten, „nur noch drei Wochen“.
https://www.adac.de/gesundheit/gesund-unterwegs/strasse/autofahren-nach-schlaganfall/