Ein coliquio-Mitglied berichtet über eine junge Patientin mit Schmerzen in den Beinen, Schleimhauttrockenheit, Gewichtszunahme (zehn Kilogramm in sechs Monaten) und starke Müdigkeit. Bis zu einer hinzugekommenen Thrombophlebitis nahm die Frau mehr…
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Ärzte zu Polizisten
Peter Sawicki Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), das den Nutzen von Arzneimitteln und Therapien bewertet, in einem Streitgespräch mit dem Präsidenten der Bundesärztekammer Jörg-Dietrich Hoppe. Das Gespräch hat Spiegel-Journalist Markus Grill geführt und ist in der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins erschienen.
Mich hat das an einen Spruch erinnert, den
Petr Skrabanek in seinem Buch: “The Death of Humane Medicine and the Rise of Coercive Healthism” zitiert:
Bald rezeptfreies Abnehmen mit alli® in Europa

Die europäische Arzneimittelbehörde EMEA hat gestern dafür gesorgt, dass Sanofi-Aventis die Diätpille Acomplia® wegen ernsten Nebenwirkungen vom Markt nehmen muss. Dies hat beim Konkurrenten GlaxoSmithKline (GSK) sicherlich Begeisterung hervorgerufen. Denn gleichzeitig hat die EMEA empfohlen, den Wirkstoff
Orlistat aus der Rezeptpflich
zu nehmen. GSK hatte die OTC-Vermarktungsrechte für das Arzneimittel zur Behandlung von Adipositas von Roche erworben, das unter dem Handelsnamen Xenical® als rezeptpflichtiges Medikament in den Apotheken erhältlich ist.
In den USA wird “alli®”, der Markenname des GSK-Medikaments mit der halben Dosierung von Xenical® seit Juni 2007 rezeptfrei verkauft.
GSK feiert dies als Meilenstein im Kampf gegen Übergewicht. Da Orlistat ein bekannter Wirkstoff ist und alli® seit über einem Jahr in den USA vermarktet wird, lohnt es sich, die Hoffnungen von GSK genauer zu betrachten.
Orlistat hemmt fettzerlegende Enzyme lokal im Magen-Darm-Trakt und hat keine bekannten systemischen Wirkungen. Die Hauptfunktion ist die Verringerung der Fettresorption aus der Nahrung, wodurch die Energieaufnahme (in Kalorien) verringert wird. Damit erklärt sich das grösste Problem von alli®. Nicht aufgenommes Fett wird es ausgeschieden. Leider oft in Form von öligen Stühlen. Wird die aufgenommene Fettmenge nicht reduziert, kommt es zu massivem Durchfall auf Grund der vermehrten Fettausscheidung. Nebenwirkungen sind Magenkrämpfe, Blähungen fettige (bis 31%) und flüssige Stühle (bis 13%), Defäkationsdrang (22%), Blähungen mit Stuhlabgang (24%) und Stuhlinkontinenz (8%). Die Prozentangeben beziehen sich auf die Xenical®-Zulassungsstudien. Die verringerte Orlistat-Dosis in alli® soll das Ausmass der Nebenwirkungen begrenzen. Manche Ärzte loben sogar den erzieherischen Effekt des Präparats.
Beim Marketing von alli® ist GSK offensiv herangegangen und hat diese Nebenwirkung einfach zum Behandlungseffekt
erklärt. Selbst der, inzwischen abgesetzte, verantwortliche GSK Vize-Präsident für die Diätpille hatte seine persönliche Erfahrung damit
gemacht.
Unerfreulich für ein Medikament, das als Lifestyle-Produkt vermarktet wird. Selbstkasteiung ist nicht gerade populär.
GSK setzte in den USA beim Marketing auf das Internet. Zum einen gibt es eine Produktseite: myalli.com, inkl. einer Social-Communty (myalliplan.com). Desweiteren Question Everything, eine eher virale Internetseite, mit allgemeinen Informationen über Ernährung und Gewichtsreduktion. Und ein blog durfte nicht fehlen. Alles um sich von obskuren Diätmittel-Angeboten im Netz abzugrenzen. GSK versuchte es aber noch mit einem neuen Marketing-Instrument: Ein 140-seitiges Buch, das in Apotheken und Verbrauchermärkten für $ 5 verkauft wird – Are You Losing It? Autoren sind US-Diät-Gurus bzw. eine TV-Köchin. Damit sollten die Verbaucher für das Thema sensibilisiert werden. Und wer keine 140 Seiten lesen kann, für den gab es natürlich Marketing-Aktivitäten in Kooperation Selbsthilfeorganisationen und Fachverbänden: Der Vereinigungen Shaping America’s Youth und North American Association of the Study of Obesity.
Das Ergebnis dieser Anstrengungen hat bisher GSK eher enttäuscht. Das Marktforschungsunternehmen IMS hat im ersten halben Jahr Umsätze von 121 Millionen Dollar ermittelt. GSK nannte für das erste Quartal 2008 rund 17 Millionen Dollar. Sicher auch, weil die Wirkung den Marketing-Aussagen nicht stand hält. In einer Meta-Analyse haben Wissenschaftler 30 randomisierte und plazebokontrollierte klinische Studien
bewertet, in denen die Diätpillen über einen Zeitraum von einem Jahr und länger eingenommen wurden. Im Mittel brachten die Studienteilnehmer 100 kg auf die Waage und kämpften mit einem BMI von 35-36. In den Studien mit Orlistat konnten die Patienten im Vergleich mit Plazebo sich nur über eine Reduktion von durchschnittlich 2,9 kg freuen.
Spannend wird sein, wie die Entscheidung der EMEA von den ärztlichen Fachverbänden und den Verbraucherorganisationen aufgenommen wird. In einem Editorial des BMJ äussert Gareth Williams, Medizinprofessor an der Universität Bristol, Ende 2007 Bedenken gegen eine Therapie, die nicht durch Ärzte überwacht wird und die nicht auf eine Änderung des Lebensstils abzielt.
…
Selling anti-obesity drugs over the counter will perpetuate the myth that obesity can be fixed simply by popping a pill. The only real beneficiary will be GSK.
Ursachen der Suchtentwicklung
Die Gründe für die Entstehung einer Sucht oder Abhängigkeit sind vielfältig und sehr unterschiedlich.Es gibt zahlreiche Theorien über mögliche Ursachen,aber nach wie vor gibt es keine allgemein anerkannte,wissenschaftlich gesicherte Erklärung darüber weshalb es bei manchen Menschen zu einer Abhängigkeitserkrankung bzw.einer Sucht kommt bei anderen mit ähnlichen Konsummustern oder Verhaltensweisen jedoch nicht.
Für die Fachwelt ist klar,dass die Gründe für die Entstehung einer Abhängigkeit nicht in der Droge oder in sonst einem Umstand allein liegen.Sie sind immer das Resultat des Aufeinandertreffens verschiedener Faktoren.
Es sind biologische,psychologische,soziale,gesellschaftliche und schließlich drogenspezifische Aspekte,die sich in einem komplexen,prozesshaften Geschehen wechselseitig beeinflussen.Faktoren,die eine Entwicklung eines problematischen Umgangs mit Suchtmitteln fördern,sind:
■ Das soziale und gesellschaftliche Umfeld sowie die konkrete familiäre,schulische oder berufliche Situation des Menschen mitsamt den Anforderungen,die sich daraus ergeben.
■ Und das Suchtmittel selbst mit seinen spezifischen Eigenschaften und Wirkungen,in der jeweiligen Dosierung,Häufigkeit und Dauer seiner Einnahme,der Verfügbarkeit sowie der Situationen und dem Kontext seines Konsums.
In der Präventionsarbeit wird Suchtmittelabhängigkeit und süchtiges Verhalten heute vor allem als Symptom oder Ausdruck von dahinter verborgenen Problemen verstanden.
Das Suchtmittel hat danach eine bestimmte Funktion,indem es z. B. Störungen in der persönlichen oder psychosozialen Entwicklung eines Menschen verdecken oder ersetzen soll,oder fehlende Bewältigungskompetenzen für die wachsenden Aufgaben des Alltags zu ersetzen versucht.
Um die Entstehung einer Sucht zu verstehen – oder sollte man angesichts des noch lückenhaften Wissens über die dahinterstehenden Prozesse besser von „erahnen“ sprechen – müssen auch die wissenschaftlichen Erkenntnisse über Vorgänge im Gehirn mit einbezogen werden.