Antidepressiva Vergleichsdosierungen: Stimm mit ab!

Das schöne an so einem blog ist ja, dass man auch wissenschaftlich wenig fundierte Erfahrungswerte aufschreiben kann. Die veröffentlicht man, und dann kann man die Community fragen, welche Erfahrungen jeder einzelne Leser zu dieser speziellen Frage gesammelt hat.

Ich überlege schon seit einiger Zeit, ob es möglich ist, Vergleichsdosierungen der Antidepressiva zu bestimmen. Bei manchen Medikamenten ist das aus pharmakologischer Sicht einfach, so entsprechen 10 mg Escitalopram sowohl pharmakologisch als auch der Wirkung nach 20 mg Citalopram. Aber welche Dosis Duloxetin entspricht welcher Dosis Vortioxetin?

Ich habe zwei Varanten aufgeschrieben und möchte Euch bitten, mir zu sagen, welche für euch eher schlüssig ist.

Los geht´s:

Variante 1

Variante 1 hat für einige Medikamente einen Bruch zwischen der mittleren und der hohen Dosis, für andere Medikamente nicht. Die Dosissteigerungen sind nicht immer linear. Der schwierige Schritt ist der Unterschied zwischen einer hohen Dosis und einer sehr hohen Dosis. Bei einigen Medikamenten meine ich, dass die Verdoppelung der der mittleren Dosis eine hohe Dosis ergibt, so beim Citalopram, Escitalopram und Vortioxetin. Bei anderen Medikamenten meine ich, dass eine um 50 % höhere Dosis als die mittlere Dosis zu einer hohen Dosis führt, so bei Venlafaxin, Duloxetin, Mirtazapin und Amitriptylin. Eine Verdoppelung der mittleren Dosis erscheint mir hier schon sehr hoch und oft nebenwirkungsreich. Natürlich sind die Kategorien “Hoch” und “Sehr hoch” nicht so gut kalibriert…

Medikament Niedrige Dosis Mittel Hoch Sehr hohe Dosis
Citalopram 10 mg 20 mg 40 mg
Escitalopram 5 mg 10 mg 20 mg
Venlafaxin 75 mg 150 mg 225 mg 300mg
Duloxetin 30 mg 60 mg 90 mg 120 mg
Vortioxetin 5 mg 10 mg 20 mg
Mirtazapin 15 mg 30 mg 45 mg 60 mg
Amitriptylin 50 mg 100 mg 150 mg 200 mg

Mathematisch überzeugender ist natürlich Variante 2:

Varante 2

Hier werden alle Dosierungen linear über die vier Dosisstufen erhöht. Wirkt diese Tabelle für Dich passender?

Medikament Niedrige Dosis Mittel Hoch Sehr hohe Dosis
Citalopram 10 mg 20 mg 30 mg 40 mg
Escitalopram 5 mg 10 mg 15 mg 20 mg
Venlafaxin 75 mg 150 mg 225 mg 300mg
Duloxetin 30 mg 60 mg 90 mg 120 mg
Vortioxetin 5 mg 10 mg 15 mg 20 mg
Mirtazapin 15 mg 30 mg 45 mg 60 mg
Amitriptylin 50 mg 100 mg 150 mg 200 mg

Stimm hier ab:

(Wenn Du dies in einem RSS-Reader oder per email liest, geh auf die Webseite http://www.psychiatrietogo.de und stimm da ab! Nach der Stimmabgabe siehst Du die Antworten der anderen Leser)

13 Gedanken zu “Antidepressiva Vergleichsdosierungen: Stimm mit ab!

  1. opu 14. Oktober 2015 / 09:35

    Mm. Laut Literatur sind 20 mg escitalopram NICHT gleich 40 mg citalopram

    Es gibt durchaus viele Leute , die bis zu 100 mg escitalopram nehmen , was ist das dann? Ne Mega ultra giga hohe dosis?
    Nee Scherz beiseite, anscheinend ist die Verträglichkeit und Dosierung wesentlich individueller als es die Standard Dosierung wieder spiegelt. Ich finde 45 mg escitalopram nicht mal als hoch. Andere finden 20 mg viel.

    Je mehr man in das Thema reingeht , desto mehr hat man den Eindruck, dass Psychiatrie reines experimentieren ist. Wobei man doch eigentlich so langsam hinter die Mechanismen steigt , die im Gehirn passieren. Mehr oder weniger.

    Dass Herr Dreher vehement den unterschied zwischen citalopram und escitalopram ignoriert , zeigt , dass es doch etwas dauert , bis Erkenntnisse in der Praxis ankommen 😉

    Und ein Beitrag zu Sertralin fehlt mir auch noch. Zumal es mit escitalopram als bestes Antidepressivum abgeschnitten hatte.

  2. mesugarcube 14. Oktober 2015 / 13:39

    Mein subjektiver Eindruck ist, dass die erste Tabelle stimmt, ich handhabe es ähnlich. Aber nüchtern betrachtet wüsste ich keinen Grund, warum die zugelassene Höchstdosis bei manchen Präparaten „hoch“ und bei anderen „sehr hoch“ sein sollte. Auffällig ist ja, dass es die Mittel mit größeren Dosierungen sind, die bei „sehr hoch“ landen. Ich könnte mir vorstellen, dass man bei diesen Medikamenten in mehr Schritten auftitriert, weil man mehr Intervalle zur Verfügung hat (statt Citalopram 10, 20, 30, 40 z.B. Venlafaxin 37,5, 75, 112,5, 150 etc.). Nach vier Erhöhungschritten ist gleichviel Zeit vergangen, in der es dem Pat. besser gehen kann. Mit Venlafaxin bin ich aber erst bei der halben Maximaldosis gelandet. Daher erreicht man diese vielleicht seltener und empfindet sie daher als außergewöhnlicher.

  3. Jay 14. Oktober 2015 / 18:05

    Laut Packungsbeilage kann Venlafaxin aber bis zu 375mg/Tag gegeben werden.

  4. Ovid 14. Oktober 2015 / 18:29

    ich bin kein Arzt. Aber meine Erfahrung als Patient hat mir gezeigt, dass es oft besser ist, mit einer niedrigen Dosis einzusteigen und dann langsam aufzudosieren. Und ganz wichtig: Irgendwo muss Schluss sein! Wenn etwas NICHT hilft, hilft auch VIEL davon nicht! Daher besser eine niedere Dosis als „hohe Dosis“ anzusehen und bei fehlendem Erfolg notfalls das Präparat zu wechseln. Sonst hat der Patient nur verstärkt Nebenwirkungen und sonst keinen Nutzen.
    Daher Tabelle 2.

    • opu 14. Oktober 2015 / 18:54

      Dem kann ich nur widersprechen. Venlafaxin gibt man auch bis 450 mg oder mehr . Escitalopram, sertralin etc. Gibt man durchaus auch wesentlich höher. Teilweise mit wir Nebenwirkungen. Nehme selber 45 mg escitalopram und habe kaum Nebenwirkungen und es wirkt ganz gut. Es hängt rein von diversen individuellen Faktoren ab.

  5. Benedita 15. Oktober 2015 / 09:14

    mathematischer Gehirnstoffwechsel 😉 gefällt mir

  6. Tom Sawyer 19. Oktober 2015 / 21:02

    Mathematisch überzeugender wäre Variante 2 nur unter der Voraussetzung, das Antidepressiva mit steigender Dosis linear stärker wirken. Das wiederum setzt aber voraus, das Antidepressiva überhaupt wirken. Davon mal abgesehen, ist eine lineare Wirksteigerung bei einer Subtanz, die Rezeptoren blockiert garnicht vorstellbar, da recht bald Sättigung eintritt und darüber hinaus nur sinnlose Überdosierung stattfindet. Was bei welchem Medikament niedrig und hoch dosiert ist, sollte meinem Verständnis nach ausschließlich medizinisch/naturwissenschaftlich begründet werden und nicht danach, was in Umfragen und Zahlenknobeleien als stimmiger empfunden wird.

    • opu 17. November 2015 / 00:53

      Dass Antidepressiva wirken lässt sich eindeutig messen. Sogar an welchen Rezeptoren lässt sich messen.

      Glauben tut man in der Kirche .

      Die Frage ist eher, ob man jedem schlechten Presseartikel glauben sollte.

      Und vor Allem sollte man genau lesen.

  7. BananenHund 3. Dezember 2015 / 15:37

    Antidepressiva – Bei mir persönlich musste sehr viel ausprobiert werden. Und weil’s da meiner Erfahrung nach (man unterhält sich ja auch mit anderen Patienten) total unterschiedliche, teilweise widersprüchliche Erfahrungen gibt, wollte ich zunächst eigentlich gar nicht kommentieren.

    Allerdings ist mir im Beitrag dieser Satz aufgefallen „so entsprechen 10 mg Escitalopram sowohl pharmakologisch als auch der Wirkung nach 20 mg Citalopram“ – und dem möchte ich widersprechen.

    Ich habe Beides genommen. Und ich schwöre Stein und Bein, dass mich Citalopram im Gegensatz zu Escitalopram total müde und schläfrig gemacht hat. Ich hatte echte Schwierigkeiten, meinen (damals) Halbtags-Job durchzustehen. Mein Psychiater sagte mir, das sei zwar sehr ungewöhnlich, aber er hätte zwei andere Patienten, denen es genau so gegangen ist.

    Daher denke ich, dass man die Substanzen nicht so ohne Weiteres tabellarisch miteinander vergleichen kann.

    Nun bin ich allerdings auch ein „Spezialfall“ – auf SSRIs reagiere ich extrem empfindlich.

    Beispiel: Escitalopram habe ich in Tropfenform bekommen, weil meine Empfindlichkeit zu dem Zeitpunkt bereits bekannt war. Meine Einstiegsdosis waren 2 mg. Also WIRKLICH wenig. Trotzdem musste ich wegen der Nebenwirkungen (Doppelt-Sehen, Durchfall, Zittern in einem Ausmaß, dass ich keinen Brief eintüten konnte etc.) die ersten 10 Tage zu Hause bleiben. Nach der Eingewöhnung hat’s mir aber echt gut getan. Bis ich nach ca. einem halben Jahr immer mal wieder zwei bis drei Tage lang starkes Fieber hatte (kurz unter 40°) – das Fieber komplett ohne weitere Symptome (wie z.B. Kopfweh, Schnupfen, Magenschmerzen, Durchfall o.Ä.).

    Ich will jetzt nicht allzusehr ins Detail gehen, die Liste der getesteten Medikamente ist lang, die Nebenwirkungen gingen bis hin zu Gedächtnislücken – und das bei geringsten Dosierungen – SSRIs sind wahrscheinlich generell nichts für mich.

    Aktuell bin ich bei Elontril morgens und Opipramol abends (letzteres als Tropfen, weil mir die Tabletten zu stark sind) – erfreulicherweise komplett ohne Nebenwirkungen, die Wirkung ist aber auch eher subtil.

    • opu 3. Dezember 2015 / 16:02

      Schaut man nach , welche Rezeptoren citalopram und escitalopram beeinflusst, findet man gewisse Unterschiede. So bindet Citalopram mehr an den Antihistamin Rezeptor H1 als Estalopram. Dies dürfte die Müdigkeit erklären und kommt oft vor. Mich hat Citalopram total schlapp gemacht und ich hatte auf nichts mehr Lust und habe 24 Stunden im Bett gelegen. Viele andere Menschen berichten auch von häufiger Müdigkeit.

      Dies ist bei escitalopram weniger stark.

      Leider kennen viele Ärzte die Medikamente nicht sonderlich gut …

      Ein Blick in die Rezeptor Bindungs Affinitäten lässt einen schlauer werden und erahnen wie das Medikament vermutlich wirken dürfte.

  8. Peter.P 11. Dezember 2016 / 05:25

    Interessanter weise werden im amerikanischen Raum Venlafaxin bis zu 600mg eingesetzt…. was sagt man dazu

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