Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) als Baustein der Telematikinfrastruktur


Foto flickr creative commons CC-Lizenz. Autor: fujoshi

Seit längerem wird die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) als ein Modul der neuen Telematikinfrastruktur gedacht, wurde wegen des Moratoriums und der Beschränkung auf die Module Notfalldaten, Datenaustausch zwischen Ärzten (KOM-LE) und Versichertenstammdatenaktualisierung (VSDD) sowie dann auch elektronische Fallakte (eFA übrigens nicht identisch mit ePA=elektronische Patientenakte) dann aber zusammen mit dem eRezept zurückgestellt, da es in der ursprünglichen Konzeption darauf aufbaute.

Nun aber gibt es einen neuen Versuch die AMTS ganz ohne eRezept erneut an die Telematik anzubinden. Herr Dr. Jürgen Faltin aus dem Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen aus Rheinland Pfalz, stellte das Konzept auf der eHealth conference in Hannover vor.

Als Ausgangspunkt nannte Herr Faltin Zahlen aus 2009. Demnach  lösten bundesweit mehr als 80 Prozent aller Bundesbürger mindestens ein Rezept in einer Apotheke ein, dabei ist die Selbstmedikation nicht berücksichtigt, mehr als 7 Mio. Patienten erhalten elf oder mehr verordnete Wirkstoffe in einer Verordnung. Ausgehend von der Tatsache, dass damit auch das Risiko der Wechselwirkung steigt, zumal wenn noch apothekenpflichtige, das heisst nicht rezeptpflichtige Medikamente dazu kommen, ergibt sich die Notwendigkeit einer AMTS Prüfung ganz von alleine.

Als Beispiel nannte Herr Faltin den damaligen Lipobay Skandal, wobei historisch gesehen eben dieser Skandal als die Geburtsstunde der eGK angesehen werden kann.

In den meisten Apotheken ist es seit langem Standard, die Arzneimittelhistorie (AMDOK) auf sog. Kundenkarten zu speichern. Dies ist eine Apothekenanwendung, in der die tatsächlich ausgegebenen Arzneimittel, also auch die OTC („over the counter“=apothekenpflichtige, aber nicht rezeptpflichtige)  Arzneimittel erfasst werden. Dazu kommen noch Kosmetika, ggf. Angaben zu Hilfsstoffen und Pflegemittel.

Diese Kundenkarten sind aber bislang nicht vernetzt, sind also bez. AMTS unwirksam, wenn ein Versicherter seine Medikation aus mehr als einer Apotheke bezieht, z.B. weil er seine nervenärztlichen Medikamente oder sein Viagra mit Absicht nicht aus der Apotheke in der Nachbarschaft unter den Augen von Bekannten und Verwandten bezieht. Schlecht ist es dann, wenn genau diese Medikamente Wechselwirkungen mit einer anderen Verordnung haben, die aus einer weiteren Apotheke bezogen wurde. Dies bleibt dann unbemerkt, vor allem wenn die Verordnungen noch von mehreren Ärzte ausgestellt werden, die nichts voneinander wissen.

Die Idee ist es nun, in einem telematischen Projekt AMDOK in zwei Standorten, genannt wurden Trier und Bochum, in einem Testverfahren die Kundenkarten unter Federführung der Apotheker zu vernetzen mit dem Ziel  die apothekenübergreifende Erfassung von AMTS Daten und damit die Qualitätssteigerung der Arzneimittelversorgung der Patienten zu bewirken.

Der Apotheker soll mit Hilfe der übergreifenden AMTS Prüfung folgende Problemfelder erkennen:

  • Doppelmedikation
  • Arzneimittelinteraktionen
  • für eine Altersgruppe untypische Medikation
  • atypisches Einnahmeverhalten
  • Arzneimittelallergien
  • Kontraindikationen

Kooperationspartner sollen die Apothekenrechenzentren und die Landesapothekerkammern sein. Voraussetzung ist aber neben der eGK die Verfügbarkeit der TI Komponenten, aus die man sich nach Beendigung des Moratoriums geeinigt hat, sowie die Abstimmung mit der gematik und dem Datenschutz in den Ländern.

Meine Kritik an der grundsätzlich guten Idee ist einzig, dass  die Ärzte erst in einem weiteren Schritt beteiligt werden sollen. Ich als Hausarzt würde aber auch gerne frühzeitig über den gleichen Überblick über die Medikamentendaten verfügen können, der in diesem Plan zumindest zunächst exklusiv nur den Apothekern zugebilligt wird.

Quelle:

persönliche Mitteilung Herr Faltin, eHealth conference Hannover

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