Reanimation


In letzter Zeit habe ich sehr viel über Laienreanimationen mitbekommen. Es ist ein wichtiges Thema, gerade für Menschen, die sich sonst nicht mit dem Thema Erste-Hilfe beschäftigen.

Ich selbst habe jedoch bereits seit ca. 1,5 Jahren nicht mehr reanimiert. Im Rettungsdienst gehört dies jedoch irgendwie dazu. Es ist zwar nicht so, dass man ständig einen Menschen reanimieren muss, doch man ist immer darauf vorbereitet, denn es ist eben auch ein relativ häufiger Notfall. Bei mir war es eine sehr lange Zeit, dass ich das letzte Mal in eine solche Situation gekommen bin.

Bei einer meiner letzten Nachtschichten wurden mein Kollege, ein älterer Rettungsassistent, und ich als Fahrerin am Abend zu einem Krampfanfall als Notarzteinsatz in ein Altenheim alarmiert. Wir rückten zügig aus und fuhren mit Sondersignal in wenigen Minuten zum Altenheim. Der Notarzt wurde vom Fahrer des Notarzteinsatzfahrzeuges daheim abgeholt und traf fast gleichzeitig mit uns auf dem Gelände ein.

Als wir am Funk den Status 4, also das Eintreffen am Einsatzort, drückten, gab uns die Leitstelle noch den Hinweis, dass es sich wohl nun um einen Atemstillstand handeln sollte. Damit war ich schon fast auf eine Reanimation vorbereitet. Wir luden unser gesamtes Equipment mit Notfallkoffer, Beatmung, EKG/Defi-Einheit und Absaugung auf die Trage, denn dies geht im Altenheim meist am schnellsten. Der Notarzt und sein Fahrer, ein angehender Rettungsassistent im Paktischen Jahr nahmen den Weg über die Treppe und waren so ein paar Sekunden schneller.

Auf der angebenenen Station wurden wir bereits erwartet. Eine Schwester brachte uns zum Patienten. Der noch nicht so alte Mann lag auf dem Boden im Essbereich am Ende der Station.

Der NEF-Fahrer kontrollierte zunächst die Vitalzeichen. Doch weder Atmung noch Puls waren vorhanden. Es lief somit auf eine Reanimation hinaus. Der Oberkörper des Mannes wurde entkleidet und mit der Herzdruckmassage begonnen. Gleichzeitig schaltete der Rettungsassistent die EKG/Defi-Einbheit ein und wir klebten die Defi-Elektroden auf. Es erfolgte eine erste Analyse. Diese zeigte eine Asystolie, also weiter mit den Maßnahmen.

Der Notarzt hatte sich währenddessen darum gekümmert, die Krankenakte des Patienten zu bekommen. Hierin war jedoch nicht viel zu finden, jedenfalls gab es keine Patientenverfügung, was immer zu prüfen ist. Leider hat das Personal im Pflegeheim als Erstmaßnehmen einmal wieder nichts gemacht. Seit dem Ereignis sind bereits einige Minuten vergangen, was sich leider nie positiv ist.

Nun läuft alles standardmäßig ab. Auch wenn man nicht täglich reanimiert, so ist dies doch durch und durch ein tranierter Ablauf. Ich bereite eine Infusion vor und ziehe Adrenalin auf. Der Notarzt legt einen Zugang und spritzt immer wieder Supra. Derweil beatmet der Rettungsassistent den Patienten mit der Maske. Danach wird eine Intubation mittels Larynxtubus vorbereitet und durchgeführt. Nun kann der Mann kontinierlich mit dem Beatmungsgerät beatmet werden.

Der angehende Rettungsassistent führt noch immer die Herzdruckmassage druch. Ich löse ihn nach der nächsten Analyse ab. Er holt jetzt unser modernes automatisches Gerät, welches die Herzdruckmassage durchführt. Bis zu dessen Eintreffen und der Anlage des Gerätes drücke ich fleißig auf dem Brustkorb des Mannes herum. Es ist ein seltsames Gefühl, wenn man merkt, dass man ihn eine Rippe bricht. Leider passiert mir dies aber bei jeder Reanimation. Der Mann ist schlank und das Drücken fällt mir leicht. Im Hintergrund läuft das Metronom des EKGs, welches den Rhythmus vorgibt. Ich gebe mir Mühe beim Drücken, besonders bei der Tiefe und der Entlastung.

Danach folgt die nächste Analyse, immer noch kein Schock empfohlen und Asystolie. Wir befestigen das Thoraxkompressionsgerät, welches uns von nun an die Arbeit abnimmt. Sehr gleichmäßig und immer gleich tief drückt das elektrische Gerät. Zusammen mit der Gabe von Supra zeigt sich eine Wirkung.

Der Mann hat nun eine Herzfrequenz. Diese zeigt sich sehr gut im EKG. Wir beenden also zunächst die Herzdruckmassage. Ich wechsele an die Kopfseite und soll den Mann mit dem Beatmungsbeutel beatmen. Doch leider bleibt der regelmäßige Herzrhytmus nicht lange erhalten. Es ist aber leider auch keine Herzaktivität, die man zum Beispiel wie ein Kammerflimern defibrilieren könnte.

Der Notarzt gibt immer wieder Adrenalin, was kurzfristig Wirkung zeigt. Derweilen wird die elektrische Herzdruckmassage weitergeführt. Ich darf auch weiterhin über den Beutel beatmen.

Mittlerweile ist uns allen fast klar, dass diese Reanimation nicht erfolgreich enden wird. Der Mann hat einfach zu lange ohne irgendwelche Maßnahmen auf dem Boden gelegen. Mit jeder Minute ohne Herzdruckmassage und damit Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff ist seine Überlebenschance gesunken.

Nach einer knappen halben Stunde mit Reanimationsmaßnahmen beendet der Notarzt seine Bemühungen. Er stellt den Tod des Mannes fest. Jetzt bleibt uns nur noch abzuwarten, dass das Adrenalin im Körper seine Wirkung verliert und ein abschließender Ausdruck des EKGs mit einer Nulllinie möglich ist.

Der Notarzt schreibt nun sein Protokoll. Auch wird eine Lagemeldung über Handy bei der Leitstelle abgegeben sowie wegen der ungeklärten Todesursache die Polizei angefordert. Der angehende Rettungsassistent und ich befreien den Verstorbenen schließlich von den ganzen Equipment. Ich extubiere den Mann und ziehe den Zugang. Mein Kollege entfernt die Elektroden und schließt das Hemd des Mannes wieder. Er soll friedlich eingeschlafen aussehen. Das sind wir ihm als letztes schuldig.

Währenddessen trifft auch die völlig aufgelöste Ehefreu ein. Sie ist sehr schockiert, da ihr Mann vor ein paar Stunden noch sehr fit gewesen war. Er wurde noch nicht einmal 65 Jahre alt. Sie wird zunächst von der Altenpflegerin betreut. Doch eigentlich möchte sie mit ihrer Trauer allein sein.

Aus diesem Grund räumen der RA im Praktischen Jahr alles zusammen und packen wiederum alles auf die Trage. Die ganzen Einmalartikel wie Beatmungsbeutel und Maske, Tubus, Filter, Schlauchsystem, Elektroden und einiges mehr füllen einen ganzen Mülleimer. Dies sind die Hinterlassenschaften einer Reanimation.

Wir beide gehen mit der Trage schon einmal zum Ausgang und laden alles wieder in den Rettungswagen. Dort fülle ich den Notfallkoffer auf. Nun kommen auch der Rettungsassistent sowie der Notarzt heraus. Mein Kollege und ich machen auch das Beatmungsgerät und EKG wieder fit für den nächsten Einsatz. Der Notarzt bespricht nun noch kurz mit dem gesamten Team den Einsatz nach. Leider wieder einmal eine erfolglose Reanimation, die mit qualifizierten Erstmaßnahmen vielleicht hätte anders ausgehen können.

6 Kommentare

  1. Was mich an diesem Artikel gerade echt schockiert, ist die Tatsache, das der Notfall in einem Altenheim passiert ist und trotzdem „nur“ der Notarzt informiert wurde. Auf offener Straße ist vielleicht nicht immer jemand zur Stelle der Ahnung haben sollte, aber muss man als Altenpflegerin nicht reanimieren können?

    1. Ja, das ist auch echt traurig, doch leider wird in den Alten- und Pflegeheimen fast nie reanimiert. Die Gründe weiß ich auch nicht. Man könnte wenigstens schauen, ob eine Patientenverfügung vorhanden ist und dann die Reanimation beginngen. Doch man wartet lieber ab bis der Rettungsdienst eintrifft und es eben meistens zu spät ist.

  2. Ich finde es schlimm, das im Altenheim keine ausreichenden Erstmaßnahmen ergriffen wurden. Normalerweise müssen die das können. Das ist Pflicht, auch eine Fortbildung zu diesem Thema, oder ist das in Altenheimen nicht so?
    Was mich nun stutzig macht, ist die Tatsache, das die Polizei ja informiert wurde, weil es sich um eine unklare Todesursache handelt. Lässt man nicht dabei alle Zu-und Ableitungen mit Tubus usw. im Körper?

  3. Hm finde ich auch erschreckend irgendwie … als Leiter eines Alten- bzw. Pflegeheims würde ich gerade Wert darauf legen, dass die Angestellten mit einfachen Erste-Hilfe-Maßnahmen vertraut sind und diese dann im Ernstfall auch anwenden. Ist ja nicht so, dass so ein Vorfall dort total ungewöhnlich wäre und man es dort nur mit (jungen) fitten Bewohnern zu tun hätte.

  4. Alten- und Pflegeheime in DE sind in der Regel Verwahranstalten mit überfordertem Personal, das froh ist, wenn es einen „Kunden“ weniger hat, den es zu betreuen gilt.
    Außerdem hatten die meisten ja auch ein langes und erfülltes Leben, da wäre es doch gegen die Menschenwürde das jetzt noch unnötig zu verlängern (liest man ja auch oft genug in Blogs von RD’lern).

    1. Muss dir da leider voll und ganz zustimmen. Leider ist das Verhalten des Personals in Alten- und Pflegeheimen sehr oft so, doch wir als Rettungsdienst kommen dan und müssen reanimieren. Bis zu unseren Eintreffen sind die Überlebenschancen des Patienten sehr gering geworden.
      In dem geschilderten Fall war der Patient noch recht jung und bis dahin halbwegs fit.

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