Kunden erziehen …

Wir haben da so eine Patientin – nennen wir sie Frau Misteli-  die … ist wirklich gut darin, das System zu bearbeiten. Sie ist etwa 50, bezieht Sozialhilfe und ist offensichtlich unfähig zu arbeiten. Woran das liegt, weiss ich nicht, anhand der Medikamente, die sie bekommt, kann ich keinen Grund sehen. Jedenfalls. Wenn ich sage „System bearbeiten“ meine ich aber nicht nur die Sozialhilfe. Sie bekommt ausserdem Unterstützung zuhause in Form der Haushilfe, die für sie aufräumt und einkaufen geht. Mittags sieht man sie häufig im Cafe des Quartiers, das nicht weit von uns liegt. Dort pflegt sie ihre sozialen Kontakte, bevor sie dann selber shoppen geht – unter anderem auch bei uns.

Sie bezieht so ziemlich alles, was möglich ist via Arzt und Rezept … das ist für sie praktisch, da ihr die Krankenkassenprämien ziemlich sicher auch von der Sozialhilfe bezahlt werden, also kostet es sie kaum etwas. Sehr häufig will sie von uns Vorbezüge … und dass wir danach beim Arzt selber das Rezept verlangen. Der Arzt unterschreibt auch immer brav alles … obwohl ich ihn auch schon darauf hingewiesen habe, dass ich sehr wohl dazu bereit wäre das einzuschränken. Wir reden hier von Dingen wie Halswehlutschtabletten, Sinupret, Nasenspray und derartigem, nicht nur ihrem Blutdruckmittel.

Gelegentlich will sie auch, dass man ihr Dinge vorbeibringt. Wir haben ja einen gratis Hauslieferdienst. Das ist in Ordnung, nur … Jetzt fängt sie an da zu übertreiben.

Sie kann ihre Sachen selber holen – Kleider, Lebensmittel und häufig auch einfach Nippes schleppt sie auch ganz alleine nach Hause. Ich denke, sie lässt das nur aus dem Grund machen, weil es für sie soviel praktischer ist. Sie hat auch keine (erkennbaren) psychischen Probleme – also so etwas wie Panikatacken. Tatsächlich ist sie direkt schamlos, was den Umgang mit anderen Leuten angeht. Ein bisschen distanzlos auch.

 

Das nur als Vorgeschickte, als Erklärung für das was folgt. Ehrlich – wir verhalten uns nicht jedem Patienten gegenüber so …

 

Also gestern, da ruft sie am Morgen an, weil man ihr ein Medikament vorbeibringen soll. Das Blutdruckmedikament. Auf Vorbezug – sie habe das Rezept zu Hause. Man macht das. Sie gibt dem Lehrling aber das Rezept nicht mit. Deshalb ruft man sie danach an, worauf sie sagt:

„Ich habe vergessen, dass da noch ein paar Sachen auf dem Rezept drauf stehen … ich schicke die Spitex vorbei. Ich kann heute unmöglich aus dem Haus gehen!“

Später bringt die Spitex dann 2 Rezepte (!)– gefolgt vom Telefonanruf der Frau: „Ich brauche die restlichen Sachen dringend noch heute! Bringen Sie mir das um 2 Uhr.“

Mit Mühe überzeugt mein gutmütiger Lehrling Minnie sie, bis nach der Mittagslieferung zu warten … ich daneben mache nur ausholende „Nein! Nein, NEIN!“ Gesten : dass wir 2 x am Tag bei einer Kundin vorbeigehen – das sollte für Notfälle vorbehalten bleiben. Die Sachen auf den Rezepten … die übrigens mehrere Tage alt sind … fallen da wirklich nicht drunter.

Es nützt nix. Trotz allem also geht der Lehrling das bringen … und kommt eine geschlagene Stunde später wieder zurück: „Sie hat so lange auf mich eingeredet. Ich bin einfach nicht weggekommen!“ jammert sie.

„Das nächste Mal sagst Du, dass Du in 5 Minuten zurückerwartet wirst. Ansonsten bekommst Du Probleme- von mir.“

Eine Stunde später sagt meine Pharmaassistentin zu mir, die aus dem Fenster schaut: “Du, Frau Misteli ist gerade vorbeigelaufen und ins Cafe gegangen.”

„Nein!” Sage ich. “Ernsthaft?“
Tatsächlich, da sitzt sie.

Der würde ich am liebsten was erzählen, was wir davon halten, dass sie uns durch die Gegend hetzt, eine Mitarbeiterin eine geschlagene Stunde von der Arbeit abhält und danach geht sie, als ob nichts sei, einen trinken!

„Ich weiss auch wie“ – sagt meine Pharmassistentin und grinst. „Darf ich rasch etwas kaufen gehen gegenüber?“

„Klar.“ Sage ich.

Und schaue ihr zu, wie sie (im Schurz) ins Cafe über der Strasse geht – an Frau Misteli vorbei. Die hat sie natürlich gesehen und versucht sich hinter ihrem Kaffee zu verstecken. Donna, meine PA tut als ob sie stutzt, macht einen Schritt zurück und wendet sich dann Frau Misteli mit einem erstaunten / enttäuschtem Gesichtsausdruck, wie nur sie das hinbekommt direkt zu. Was sie ihr sagt, kann ich nicht sagen, aber die Reaktion von Frau Misteli sehe ich: sie versinkt fast im Stuhl.

„Was hast Du gesagt?“ frage ich Donna, als sie zurück ist.

Och nur: „Frau Misteli ?!? Sie hier?!?“

„Und sie?“

„Hat nur etwas gestammelt von ‚es ginge doch auf einmal besser und da konnte ich doch raus.’“

Ich glaube, das nächste Mal überlegt sie sich das noch einmal, ob sie uns durch die Gegend hetzen soll, wenn sie danach noch ins Cafe will.

Hoffentlich.

Neues Geschäftsmodell

Neulich tauchte Balthasar wieder mal hier auf. Schick sah er aus. Na gut, ein wenig prollig vielleicht, aber das war auch früher schon sein Stil: teure Markenklamotten, Goldkettchen und am Handgelenk eine Uhr, die vermutlich den Gegenwert einer kleinen Eigentumswohnung gekostet hat. “Kannst Du auch haben, wenn Du willst!” sagte er und grinst sein übliches […]

Neues Geschäftsmodell

Neulich tauchte Balthasar wieder mal hier auf. Schick sah er aus. Na gut, ein wenig prollig vielleicht, aber das war auch früher schon sein Stil: teure Markenklamotten, Goldkettchen und am Handgelenk eine Uhr, die vermutlich den Gegenwert einer kleinen Eigentumswohnung gekostet hat. “Kannst Du auch haben, wenn Du willst!” sagte er und grinst sein übliches … … Weiterlesen

Die Grenzen der deutschen Sprache

Patient: “Ich brauche meine Tabletten vom Dauerrezept.”

Pharmama: “Okay, wie heissen Sie?”

Patient: “Es sind diejenigen, die ich für meinen hohen Blutdruck nehme.”

Pharmama: Und wie ist Ihr Name?”

Patient: “Es fängt mit L.. an. L…isino…irgendsowas.”

Pharmama: Ja, aber ich brauche erst Ihren eigenen Namen damit ich im Computer in ihrem Dossier nachschauen kann.”

Patient: “Oh, entschuldigen Sie. Ich heisse Meister.”

Mullpepper's Apothecary, Winkelgasse, London

Als ich in den Ferien war, habe ich natürlich nach Apotheken Ausschau gehalten. Obwohl meine Kinder einfach nie verstehen konnten, warum ich schon wieder eine Apotheke fotografiere 🙂
Die ersten Fotos sind vielleicht etwas speziell. Aber weil sie ja gerne den Hitchhiker’s Guide lesen, dachte ich, vielleicht lesen sie auch gerne Harry Potter. Wir waren in London in den Studios und dort kann man durch die Winkelgasse gehen. Neben einer Pharmacy, von der man nur die Tür und nichts sonst sieht, gibt es Mr. Mullpepper’s Apothecary. Und da Apotheker in der Schweiz auch mehr sind als nur Medikamentenverkäufer, dachte ich, dass das passt.

Petra

Mullpepper's Apothecary, Winkelgasse, London
Mullpepper's Apothecary, Winkelgasse, London
Mullpepper's Apothecary, Winkelgasse, London
Mullpepper's Apothecary, Winkelgasse, London

Ja – Harry Potter habe ich auch sehr gerne gelesen. … tatsächlich sogar mein Mann – und der liest sonst gar nicht gerne. J.K. Rowling erschafft da eine zauberhafte und auch spannende kleine Welt – nicht nur für Kinder (die letzten Bücher vielleicht sogar ganz sicher nicht für kleine Kinder).

Und jetzt wissen wir auch, wo Snape die Inhaltsstoffe für seinen Zaubertrankkunde-Unterricht herbekommt. 🙂

 

Verwechslungsgefahr!

Verwechslungsgefahr!

Als Eltern weiss man (oder besser: sollte man wissen), wie wichtig es ist Medikamente ausserhalb der Reichweite von Kindern aufzubewahren.

Trotzdem kommen in Amerika pro Jahr 67 Tausend Kinder ins Spital wegen unbeabsichtigten Vergiftungen mit Medikamenten. Und in der Schweiz sind es laut toxi.ch jährlich an die 5000 Beratungen wegen von Kindern versehentlich eingenommener Medikamente.

Medikamente und Süssigkeiten sehen aber auch teils ähnlich aus.

Im Bild oben ist ein Lebkuchen-Häuschen mit Süssigkeiten und das andere mit Medikamenten dekoriert.

Sehr anschaulich!

Quelle: East Tennessee Childrens Hospital