Citalopram gegen Agitation bei Patienten mit Alzheimer Demenz

Es ist eine verbreitete Unsitte, agitierten dementen Patienten hochpotente Neuroleptika zu verordnen.  Natürlich kann es Ausnahmen geben. Wenn ein Patient im Rahmen seiner Demenz eine psychotische Symptomatik entwickelt, und diese Symptomatik ihn beunruhigt und verängstigt, dann ist die Verordnung eines Neuroleptikum selbstverständlich wirksam. Es ist jedoch häufig zu beobachten, dass Demenzpatienten, die sich im Altenheim oder auf einer Krankenhausstation unruhig verhalten, auch ohne jedes psychotische Symptom mit einem hochprozentigen Neuroleptikum behandelt werden. Dieses zeitigt üblicherweise keine großen Erfolge. Neuere Studien zeigen sogar, dass hierdurch die Sterblichkeit infolge kardiovaskulärer Ereignisse zunimmt. Eine aktuelle Studie (der vollständige Artikel ist dort als pdf frei zugänglich) im Journal of the American Medical Association hat nun die Frage untersucht, ob Citalopram einen beruhigenden Effekt auf die Agitation bei Alzheimer Demenz hat. Hier findet ihr ein Video, in dem der Autor der Studie die Ergebnisse in 5 Minuten für Euch zusammenfasst: 

Das Ergebnis ist, dass Citalopram bei diesen Patienten tatsächlich die Agitation reduzieren kann, dafür aber spürbare negative Auswirkungen auf die kognitive Leistungsfähigkeit hat. Darüber hinaus ist eine in der Gerontopsychiatrie besonders relevante Nebenwirkung des Citaloprams, eine mögliche Verlängerung der Qtc-Zeit, zu berücksichtigen. In der zitierten Studie wurden 30 mg Citalopram gegeben, inzwischen liegt die Empfehlung für ältere Patienten bei maximal 20 mg Citalopram pro Tag.

Meine Einschätzung:

Sicher ist, dass man nach der aktuellen Erkenntnislage nicht mehr 30 mg, sondern 10 oder 20 mg Citalopram versuchen sollte. Die Ergebnisse der Studie zeigen schon eine deutliche Reduktion der Agitation, und Citalopram in einer Dosis von 10-20 mg pro Tag ist allemal sicherer als ein Neuroleptikum. Aber die mit Citalopram behandelten Patienten zeigten auch einen um 1,05 Punkte niedrigeren Wert im MiniMental State Test. 1 Punkt hier ist viel. Die Behandlung der Agitation bei dementen Patienten stellt immer wieder eine Herausforderung dar. Sinnvoll ist es, zunächst alle nicht-medikamentösen Maßnahmen einzusetzen:

  • Spaziergänge
  • Bewegungstherapie
  • Ausgang im Garten
  • Architektur mit “Rundgängen” auf gerontopsychiatrischen Stationen

Im zweiten Schritt kann ein sedierendes niederpotentes gut verträgliches Neuroleptikum versucht werden.

Wie geht Ihr vor?

Welche weiteren Behandlungsmethoden gegen die Agitation bei dementen, nicht-psychotischen Patienten kennt Ihr? Hat jemand Erfahrung mit Citalopram in dieser Indikation? Setzt jemand 10-20 mg Citalopram ein?

Ein Gedanke zu “Citalopram gegen Agitation bei Patienten mit Alzheimer Demenz

  1. seelenklempner 21. Februar 2014 / 15:41

    Moin.

    Naja, eine (Off-Label-) Medikation mit Citalopram in einer Dosis, die in keinster Weise juristisch vertretbar ist. Insbesondere deshalb, da viele Demenz-Patienten darüber hinaus Substanzen erhalten, die die QTc-Zeit ohnehin beeinflussen, was an sich ja schon ein KO-Kriterium für Citalpram ist. Ich habe mir die Untersuchung noch nicht genauer angeschaut, aber ich frage mich beim Überfliegen schon, warum Citalopram und nicht Sertralin eingesetzt wurde, was ja keine QTc-Verlängerungen macht?

    Unruhe ergibt sich meistens dann, wenn Demenzpatienten Ihren Bedürfnissen nicht nachkommen können. Warum kann man sie denn nicht wandern, puzzeln, entdecken lassen? Insofern: „Gebt den dementen Menschen etwas sinnvolles, bedürfnissgerechtes zu tun, dann klappt’s meistens auch mit der Unruhe!“ 😉
    Ich weiss natürlich, dass dies vor dem real-finanzierungspolitischen Hintergrund der Pflege von Demenz-Patienten nicht wirklich vereinbar ist. Wer darin jetzt Kritik erkennt, reiche sie bitte weiter an sein zuständiges MdB!

    Bis denne.

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