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Krankenhausalltag in der Provinz: Medizin und Satire, Ethik und Gesundheitspolitik

Darf ein Krüppel Sex haben? Die Sache mit Herrn Kolbermann

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„Hätten Sie vielleicht nachher noch einen Moment Zeit, Herr Doktor?“ fragt Herr Kolbermann.
Äh, ja… also, wenn’s denn unbedingt sein muss… Natürlich würde ich die Visite jetzt gerne pünktlich beenden, und dann muss ich zur Besprechung und dann würde ich gerne noch einen Happen essen gehen bevor die Kantine schließt und heute Nachmittag… wer weiß, was heute Nachmittag noch alles passiert!
„Können wir das nicht gleich klären?“ frage ich.
Herr Kolbermann druckst ein wenig herum.
„Äh… das wäre mir jetzt schon ein wenig peinlich!“
Peinlich? Ich sehe, wie mein Patient verlegen in Richtung Jenny schielt. Ist irgendwas mit der?
„Sie würden gerne unter vier Augen mit mir sprechen?“ frage ich.
Herr Kolbermann nickt zustimmend.
„Ist Okay,“ sage ich zu Jenny, „ich mache schon alleine weiter!“
Sie verzieht kurz den Mund, aber dann verlässt sie nicht ohne ein wenig geschmollt zu haben das Zimmer.
„Also, was kann ich für Sie tun?“
„Bei mir… bei mir läuft einfach nichts mehr!“
„Hmm.“
Herr Kolbermann erfüllt alle notwendigen Kriterien, um ihn als „arme Sau“ zu bezeichnen. Auf medizinisch klingt das natürlich anders: seine Krankengeschichte ist so dick wie ein Telefonbuch. Ein bösartiger Tumor mit zahlreichen Metastasen hat seinen Körper zu langsamem Siechtum verurteilt. Beide Beine und der rechte Arm sind fast vollständig gelähmt und auch im linken Arm ist seine Kraft deutlich gemindert. Ehrlich gesagt wundere ich mich ein wenig darüber, dass er überhaupt noch lebt. Aber das hat er seinem starken Willen, seinem fast gesunden Herz und dem stabilen Kreislauf zu verdanken: Herr Kolbermann ist noch keine fünfzig Jahre alt.
„Wie meinen Sie das jetzt?“
Der Patient schluckt. Es kostet ihn offenbar Überwindung.
„Herr Doktor, Sie sind ein Mann!“
Aha, hatte ich mir schon gedacht, wo der Hase langläuft.
„Aha, Sie meinen also… es geht um Erektionsprobleme!“
Seine Frau hatte sich letztens von ihm getrennt. Angeblich deshalb, weil er „kein richtiger Mann mehr sei“. Unnötig zu erwähnen, dass ihn die Sache ziemlich getroffen hat.
Jetzt schüttelt er den Kopf.
„Nein, da im Untergeschoss funktioniert alles prima!“ sagt er, „Es ist nur…“
jetzt wird er rot, „…es ist nur, es geht halt nicht…“
Ich runzele die Stirn.
„Reden Sie mal Tacheles!“ sage ich.
Er seufzt.
„Also, ich habe nach wie vor Erektionen… fast jeden Abend… aber was soll ich denn machen? Wissen Sie, mit der rechten Hand geht ja gar nichts. Und mit der linken… da kriege ich auch immer Krämpfe!“
Ich muss gestehen, manchmal gibt es mediziniche Probleme, die selbst mich vor eine große Herausforderung stellen!

Written by medizynicus

12. Januar 2012 um 12:20

Veröffentlicht in Alltagswahnsinn

4 Antworten

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  1. Wohl dem, der solche Frage niemals stellen muß.

    Thomas

    12. Januar 2012 at 13:09

  2. Es gibt Spielzeugs für Männer das „automatisch“ funktioniert, einfach mal im gängigen Shop nach Masturbatoren fragen oder im Internet gucken. Damit sollte es auch ohne Handeinsatz funktionieren.

    Naklar

    12. Januar 2012 at 13:21

  3. je nach finanzlage: entweder professionelle hilfe oder entsprechende hilfsmittel aus dem fachhandel – ist ja nicht so, dass der markt da gar nichts zu bieten hätte 😉

    silberträumerin

    12. Januar 2012 at 13:50


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