Die UNO und der jüdische Staat

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Wien. Heidelberg. Berlin: ein israelischer Blick auf Deutschland
un/zugehörig

Heute ist der 29. November, der Tag, an dem 1947 die UNO die Teilung Israels/Palästinas in einen “jüdischen” und einen “arabischen” Teil beschlossen hat. Viele Araber und viele Juden machen daraus, bis heute, eine sehr große Sache. Zeit ist es also für eine Klarstellung.

  1. Im Gegensatz zur weit verbreiteten Meinung ist die UNO keine moralische, geschweige denn rechtliche Instanz. Es ist ein Zusammenschluss von Staaten – nicht mehr, nicht weniger. Diese Organisation kann, wie jede andere, Kluges machen, genauso gut aber auch Dummes. Die Tatsache, dass etwas von der UNO beschlossen wird, bedeutet nichts anderes als eben ein Beschluss durch die UNO. Es macht die beschlossene Sache weder gerecht noch ungerecht, weder sinnvoll noch sinnlos, weder richtig oder falsch.
  2. Die Beziehung zwischen dem jüdischen Volk und dem jüdischen Land war nie Sache der UNO. Selbstverständlich konnte die UNO auch nicht über das Recht der Juden auf Souveränität im eigenen Lande entscheiden. Die UNO kann natürliche Menschenrechte, die von der UNO absolut unabhängig sind, weder an- noch aberkennen.
  3. Die Wiedererrichtung jüdischer Souveränität stützt sich nicht auf den UNO-Beschluss, sondern auf die Gerechtigkeit. Die UNO kann sich von der Gerechtigkeit inspirieren lassen und dabei helfen, aber auch das positivste Hilfsmittel ist eben nur ein Hilfsmittel – kein Grund und keine Begründung.
  4. Inwiefern sich die UNO dabei wirklich nur von Gerechtigkeit hat inspirieren lassen, ist fraglich. Höchstwahrscheinlich spielte auch der Eigennutz eine große Rolle, nämlich die Verankerung einer moralisch-historischen Legitimierung für die UNO. Denn:
  5. Nicht die UNO legitimiert Jerusalem, sondern Jerusalem legitimiert die UNO. Und zwar das freie, eine Jerusalem als Akt der Gnade zugunsten der UNO, deren Wahnvorstellung für den Judenstaat eben dieses Jerusalem nicht einmal vorsah.

 

PS. Ein Rabbiner hat mir erklärt, dass sogar der Koran die Beziehung des jüdischen Volkes zu seinem Land und umgekehrt bekundet, und dass die heutigen Fanatiker eigentlich gegen den Koran agieren. Da soll nämlich stehen (5:20-21):

Und wie Moses zu seinem Volke sprach: «O mein Volk, besinnt euch auf Allahs Huld gegen euch, als Er aus eurer Mitte Propheten erweckte und euch zu Königen machte und euch gab, was Er keinem anderen (Volke) auf der Welt gegeben. O mein Volk, betretet das Heilige Land, das Allah für euch bestimmt hat, und kehret nicht den Rücken, denn dann werdet ihr als Verlorene umkehren.»

 

 


In eigener Sache: Jewish Heritage Tours in Berlin


  • Veröffentlicht in: Ethik

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www.berlinjewish.com/

Mancherorts auch als der Rebbe von Krechzn* bekannt, heißt der Autor von "un/zugehörig" eigentlich Yoav Sapir. Er ist 5740 (auf Christlich: 1979) in Haifa, Israel, geboren und hat später lange in Jerusalem gelebt, dessen numinose Stimmung ihn anscheinend tief geprägt hat. Nebenbei hat er dort sein M.A.-Studium abgeschlossen, während dessen er sich v. a. mit dem Bild des Juden im Spielfilm der DDR befasst hat. Seit Sommer 2006 weilt er an akademischen Einrichtungen im deutschsprachigen Mitteleuropa: anfangs in Wien, später in Berlin und dann in Heidelberg. Nach einer Hospitanz im Bundestag arbeitet er jetzt selbstständig in Berlin als Autor, Referent und Übersetzer aus dem Hebräischen und ins Hebräische. Nebenbei bietet er auch Tours of Jewish Berlin. * krechzn (Jiddisch): stöhnen; leidenschaftlich jammern.

15 Kommentare

  1. Eines steht aber mal glasklar fest: Solche Worte betreiben (systemrationale) Spaltung, gegen jegliche Bemühungen die Menschen in EINER wirklich-wahrhaftigen Welt- und Werteordnung zu vereinen!

      • Ich denke wir sollten mal über die Vorsehung sprechen, also die Zeit, wo Mensch als Mensch die eigenverantwortliche Entwicklung nach der “Vertreibung aus dem Paradies” durchlebt und ERKENNEN sollte – gottgefällig und mit der Möglichkeit für ALLE, oder “gottesfürchtig” und wie vorhergesehen weiterhin im tierisch-bewußtseinsschwachen / instinktiven Wettbewerb des geistigen Stillstand.

        Irgendwann sollen laut dieser Vorsehung “14400 auf dem Berg Zion” stehen, im Sinne des Wettbewerbs nur Juden / nur Jehovas Zeugen / nur Moslems, usw. – wenig glaubwürdig, jedenfalls für die Aussicht auf heute und morgen!?

        Mensch IST gleich, in UNWAHRHEIT & UNVERNUNFT, egal welche Rasse, welche Nationalität, welche Religion – GLEICHERMAßEN bewußtseins- und glaubensschwach für diese Realität entwickelt / dogmatisiert, ist der intrigante GESCHÄFTSSINN, für die entmenschlichende Hierarchie von und zu materialistischer “Absicherung” 😉

  2. Wenn man die UNO als Sprachrohr der in ihr verammelten 191 Nationen nimmt, dann hört man viele und laute Stimmen, die sich immer wieder gegen Israel richten. Ich zitiere aus Eva-Lottas Blog

    Von den 690 Resolutionen der UN-Vollversammlung, die vor 1990 angenommen wurden, waren 429 gegen Israel gerichtet. Ebenso im Weltsicherheitsrat, der, wie sein Name sagt, immer dann tätig werden soll, wenn die Sicherheit in der Welt gefährdet ist: Von seinen 175 Resolutionen, die vor 1990 verabschiedet wurden, waren 97 gegen Israel gerichtet. Es gibt viel Leid auf der Erde, viele Länder, Despoten und Kriege – doch ein Drittel ihrer Zeit widmet die UNO Israel.                                                 

    Dass Israel all diese gegen  es gerichteten Resolutionen nicht viel anhaben konnten, deutet auf eine gewisse Schwäche der UNO hin. Dennoch müssen sich die Israelis ungemütlich fühlen, wäre da nicht die USA, deren Bevölkerung zu mehr als 60% hinter Israel steht, wobei der bedingungslose Rückhalt in der evangelikalischen Bewegung sogar grösser ist als bei den liberalen Ostküstenjuden. 
    Doch auf ewig sicher hat Israel nicht einmal die USA auf ihrer Seite. Zumal ihre Rolle als Weltmacht schwindet. 

    Der Teilungsplan für Palästina, der am 29.November 1947 von der UNO-Vollversammlung angenommen wurde, wurde von der jüdischen Bevölkerung Palästinas mit Freude aufgenommen und von den Arabern mit Wut. Bis heute stützt sich (Zitat)  ” die Wiedererrichtung jüdischer Souveränität ….. auf die Gerechtigkeit.  ….. und auf natürliche Menschenrechte nicht aber auf die Anerkennung als souveräner Staat durch  alle Nachbarstaaten und die meisten Araber der Region. Die  Wiedererrichtung jüdischer Souveränität mündete ja im Staat Israel, der genau so ein Staat ist wie Deutschland. Deutschland aber muss weder Gerechtigkeit noch Menschenrechte beanspruchen um seine Existenz zu begründen. Und auch die meisten Israelis wollen wohl in Israel einen Staat wie jeden andern sehen.

      • In der GLEICHERMAßEN unverarbeiteten und somit leicht MANIPULIERBAREN Glaubens- und Bewußtseinsschwäche von systemrational-gepflegter ANGST, GEWALT und “INDIVIDUALBEWUßTSEIN” auf Sündenbocksuche, ist NICHTS ZUFALL oder gar ein Wunder, schon garnicht die NORMALITÄT der Brutalität im Wettbewerb um … – Bewußtseinsbetäubung ist UNWAHRHEITLICH, zynisch, heuchlerisch, verachtenswert und NORMAL!?

  3. Die bekannte Problematik mit der UN ist übrigens auch der Grund, warum die zuletzt diskutierten Klimaabkommen, die verpflichtende Zahlungsfolgen im Auge haben, nicht oder nur in groben Ansätzen zustande kommen.

    MFG
    Dr. W

  4. “Die Wiedererrichtung jüdischer Souveränität stützt sich nicht auf dem UNO-Beschluss, sondern auf der Gerechtigkeit. ”

    So ist es , aber gerade deshalb ist es schon hilfreich , wenn die UNO dahintersteht , auch wenn das ohne Zweifel nicht ausreicht, ohne die gewonnenen Kriege zur Selbstverteidigung wäre der Respekt wohl deutlich geringer gegenüber Israel , wir leben immer noch in einer archaischen Welt.

  5. Die Menschenrechte sind universell, Institutionen wie die UNO können ihnen aber ansatzweise rechtlich Geltung verleihen. Aber gegenüber der UNO verhalten sich die Staaten gerne als Rosinenpicker, man unterstützt und lobt sie, wenn das Thema den eigenen Absichten entspricht, man ignoriert sie oder macht sie lächerlich, wenn es gegen den eigenen Staat läuft. Die UNO ist das Projekt einer Verrechtlichung des Zusammenlebens der Staaten, um so das “Recht des Stärkeren”, wenn möglich, abzulösen. Aber kein Staat will auf ein Stückchen Souveränität verzichten.

    Die Umsetzung von Gerechtigkeit in Recht ist stets ein großes Problem gewesen. Gerechtigkeit für das jüdische Volk kann nicht bedeuten, für die arabischen Palästinenser Ungerechtigkeit zu schaffen. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker gilt nicht nur für die Juden bzw. Israel, sondern auch für die arabischen Palästinenser, die Jerusalem auch als ihre Hauptstadt beanspruchen. Dann wird es mit dem “einen” Jerusalem schwierig, oder stellen Sie sich Jerusalem als “freie” Hauptstadt zweier Staaten, Israel und Palästina, vor?

    Ihren Punkt 5 verstehe ich nicht, er ist für mich zu kryptisch formuliert.

      • Verstehe ich das richtig, dann könnten jetzt auch alle Nachfahren und Mitglieder der Heimatvertriebenen-Verbände rufen: Und wer sind etwa die richtigen Ostpreussen, die richtigen Schlesier, usw.!?

        Diese Welt- und “Werteordnung” wird so sicher nicht besser oder rechtmäßiger!?

  6. Ich denke, wir wissen beide ganz genau, welche Palästinenser gemeint sind, nämlich jene, die in den Gebieten Gazastreifen, Westjordanland und Ostjerusalem sowie in Israel leben und nicht die israelische Staatsbürgerschaft annehmen wollen. Und die sind nicht alle nach der Gründung Israels eingewandert, sondern Nachfahren der dortig anssässigen Bevölkerung.

    “Ende 1946 hatte Palästina knapp 2 Mio. Einwohner, wovon nur etwa 603.000 Juden waren.[12]”
    http://de.wikipedia.org/wiki/Pal%C3%A4stinensergebiete#Bev.C3.B6lkerung

    Offensichtlich gibt es auch eine palästinensiches Arabisch und dazu auch Literatur aus dem frühen 20. Jahrhundert.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Pal%C3%A4stinensisch-Arabisch

    Wenn Israel so einen großen Wert auf den Begriff “Palästina” legen wollte, hätte es das tun können. Meines Wissens nennt sich der Staat Israel aber eben nicht Palästina. Israel entstand durch Einwanderung, Ich verstehe nicht, warum sie Migration jetzt als Argument gegen die Palästinenser verwenden.

    Sie die Araber in Palästina etwas (un-)zugehörig?

    • Dieses Thema wurde hier in den letzten Jahren oft diskutiert. Die allermeisten sind erst im 19. und 20. Jh. zugewandert als Folge des zionistischen Wirtschaftsbooms.

  7. Wenn es angeblich nur “Menschen” gibt, warum gibt es dann auch noch “Juden”, “Deutsche”, “Bayern-Fans” etc. etc. etc. ?

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