Kategorien
Paartherapie und Eheberatung Weitere Artikel

Alkohol- mein Partner trinkt zu viel

SAlkohol ©BillionPhotos.com Fotolia.com

Alkohol- er will auf den Genuss nicht verzichten

Was soll ich bloß machen? Als ich meinen Freund vor zwei Jahren kennenlernte, hat er bereits jeden Abend ein Bier getrunken, dazu noch hin und wieder einen Wodka. Dabei habe ich mir eigentlich gar nichts gedacht, das ist bei meinen Eltern nicht anders.

Inzwischen sind aus dem einen Bier zum Feierabend immer gleich mehrere geworden, und am Wochenende oder im Urlaub gibt es dann schon vormittags den Frühschoppen. Weil das halt zum Urlaubsfeeling dazugehört, meint er.

Ich persönlich finde das richtig furchtbar, weil ich ihn allmählich gar nicht mehr ohne Alkoholfahne kenne.

Ein paar Mal ist es jetzt auch schon vorgekommen, dass er morgens nicht aus dem Bett kommt, um zur Arbeit zu gehen. Dann bin ich es, die beim Arbeitgeber anrufen muss, um ihn wegen Migräne zu entschuldigen. Dabei glaube ich, dass er schlicht und ergreifend einen Kater hatte.

Ich habe ihn mehrfach gebeten, mir zuliebe mal ein Wochenende auf Alkohol zu verzichten. Natürlich könnte er das, sagt er dann, aber er habe einfach keine Lust dazu. Warum am Wochenende darauf verzichten, es sich schön zu machen? Genauso gut könnten wir beschließen, am Wochenende nicht mehr Essen zu gehen oder nicht mehr auszugehen.

Was mir Sorgen macht, ist, dass sein Alkoholkonsum rein mengenmäßig immer mehr zunimmt. Er ist zwar noch nie richtig betrunken gewesen, wird in letzter Zeit ziemlich komisch und reizbar. Ich traue gar nicht mehr, ihm mit irgendwelchen eigenen Problemen aus der Arbeit zu kommen, weil er mir sowieso nicht zuhört.

Meine Sorge ist, dass er irgendwann richtig abhängig wird und vielleicht auch noch gewalttätig.

Monika L. (Name geändert)

Alkohol- Eine ärztliche Untersuchung ist wichtig

Hallo Monika,

in unserer Welt gehört Alkohol zum Leben dazu- allerdings gibt es einen Punkt, an dem Alkohol zum Problem werden kann. Und bei Ihrem Freund scheint das der Fall zu sein.

So wie Sie das schildern, ist zu vermuten, dass Ihr Freund bereits jetzt die Kriterien für das Vorliegen einer Alkoholkrankheit erfüllt. Ein Abhängigkeitssyndrom kann auch vorliegen, ohne dass Ihr Partner einen Vollrausch bekommt oder körperlich gewalttätig wird.

Deshalb ist eine ärztliche Untersuchung wichtig für Ihren Mann, um eine genaue Untersuchung durchzuführen und gegebenenfalls eine Therapie einzuleiten. Dass Sie beide, selbst wenn Sie es wollten, alleine eine Alkoholkrankheit Ihres Freundes ohne fachliche Hilfe in den Griff bekommen, ist nahezu ausgeschlossen. Dazu ist eine Alkoholkrankheit zu schwer. Sie würden ja auch bei einem Verdacht auf Lungenentzündung zum Arzt gehen und nicht selbst die Behandlung anfangen wollen.

Alkohol-
Wie motiviere ich ihn zur Untersuchung?

Das Hauptproblem liegt erfahrungsgemäß darin, einen Alkoholkranken dazu zu bewegen, überhaupt zum Arzt oder Therapeuten zu gehen und sich untersuchen zu lassen. Eine gewisse Chance haben sie dadurch, dass Ihr Freund möglicherweise Ihnen zuliebe dazu bereit ist, wenn Sie ihm zeigen, wie wichtig es Ihnen ist, dass er sich untersuchen läßt und dass Sie diesen Wunsch aus Fürsorge und Liebe zu ihm haben.

Vielleicht ist aber auch der Umweg über eine Paartherapie eine Möglichkeit. Sie erklären Ihrem Freund, dass Sie sich ganz allgemein die Beratung durch einen Therapeuten wünschen: Dann müssen Sie selbst das Alkoholthema gar nicht aufbringen. Ein geübter Therapeut wird die mögliche Alkoholkrankheit Ihres Freundes sehr schnell bemerken und Ihnen dann weitere Vorschläge machen.

Die Gefahr der Co-Abhängigkeit umgehen

Was sehr gut ist, dass Sie gemerkt haben, dass Ihr Freund ein Problem mit Alkohol hat. Es gibt häufig den Fall, dass die Menschen in der Umgebung eines Alkoholkranken diese Krankheit selber vertuschen oder verharmlosen (sogenannte Co-Abhängigkeit), möglicherweise aus sozialer Scham, mit einem „Alkoholiker“ zusammen zu leben.

Solche Co-Abhängigkeit ist insofern gefährlich, als dadurch dringend notwendige Hilfe für den Alkoholkranken verschleppt oder verhindert werden kann. Der Alkohol ist kein Thema, das Sie mit sich herumtragen müssen. Sie sind auch nicht dafür verantwortlich, Ihren Freund vor den Folgen des Trinkens zu schützen, also zum Beispiel beim Arbeitgeber anzurufen, wenn er wegen seiner Alkoholkrankheit nicht zum Dienst erscheinen kann.

Gerade dann, wenn Sie Ihren Freund lieben, sollten Sie ihm sehr deutlich machen, dass es nur langfristig nur dann mit ihnen beiden weitergehen kann, wenn er sich einer Untersuchung bzw. Therapie nicht entzieht.

Wenn Sie Fragen haben: Ich freue mich, wenn Sie mich nochmals kontaktieren.

Mit herzlichem Gruß

Dr. rer. biol. hum. Michael Petery

 

 

Von mpetery

Zuletzt aktualisiert am 19.09.2017.

Ein paar Worte zu meiner Person:
Mein Name ist Michael Petery, bin verheiratet und arbeite in Hildburghausen (30km nordwestlich von Coburg) in meiner Praxis für Psychotherapie gemäß Heilpraktikergesetz.

Studiert habe ich in Tübingen, Paris und Berlin. Bis 2014 war ich am Universitätsklinikum in München-Großhadern tätig als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Klinik für Palliativmedizin und der Professur für Spiritual Care bei Prof. Dr. Eckhard Frick (Pychiatrie) und Prof. Dr. Traugott Roser (ev. Theologie). Daneben habe ich meine Klienten in eigener Praxis in München-Schwabing betreut.

Leitfiguren für meine therapeutische Arbeit sind Carl Rogers (clientenzentrierte Gesprächstherapie), Fritz Perls (Gestalt-Therapie) und Irvin D. Yalom.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert