Chemie-Nobelpreis für CRISPR?

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OK, machen wir uns nichts vor: Für die Entdeckung des CRISPR/Cas9-Systems zum Gene umschreiben wird es wohl früher oder später einen Nobelpreis geben. Die Frage ist natürlich wann. Eigentlich das Thema schon letztes Jahr heißer Kandidat für den Chemie-Preis, und seitdem hat das Thema Gene Editing noch Fahrt aufgenommen. Es gibt allerdings mehrere Gründe, die gegen einen Chemie-Nobelpreis 2016 für die CRISPR/Cas-Community sprechen. Der wichtigste ist der epische Patent-Showdown, der sich derzeit zwischen den Teams um Doudna/Charpentier einerseits und um Feng Zhang andererseits abspielt.

Das Elend in Kurzform: Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna haben das von ihnen entwickelte CRISPR-Cas9-System 2012 publiziert, allerdings erst 2013 zum Patent angemeldet. Zu dem Zeitpunkt hatten allerdings andere Teams schon gezeigt, dass man diese Form von Gene Editing auch an Menschen durchführen kann – darunter besagter Feng Zhang, der einen Haufen eigener CRISPR/Cas-Patente hält. Das Charpentier/Doudna-Patent ist noch in der Prüfung.

Krieg um CRISPR

Das Ding ist: Wenn deren Patent durchkommt, sind Zhangs Patente nur noch einen Bruchteil wert. Alle Beteiligten stecken in Gene-Editing-Unternehmen drin und deswegen treffen sich die drei nicht einfach auf ein Bier und einigen sich, sondern kämpfen das Ganze mit sehr viel Geld und teuren Anwälten bis zum letzten Blutstropfen aus.

Screenshot von ThomsonReuters
Citation Laureates 2016: Man könnte meinen, Thomson Reuters hätte die Seite gewechselt. Tatsächlich steht hinter der Liste ein Algorithmus auf Basis von Zitierungen.

Das Problem sieht man sehr schön an den Citation Laureates von Thomson Reuters, in denen jedes Jahr die heißesten Kandidaten für die jeweiligen Preise aufgelistet werden, zusammen mit ihrem Thema. Dort erschienen 2015 Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna mit CRISPR/Cas9 als Kandidatinnen. Dieses Jahr… aber seht selbst.

Das Nobelkomitee könnte natürlich einfach allen dreien je ein Drittel des Preises zuerkennen. Aber auch dann würden wohl beide Seiten vor Gericht die genauen Begründungen für den Preis und seine Teilung in ihrem Sinne auslegen. Egal wie, wenn der Chemie-Nobelpreis 2016 etwas mit CRISPR/Cas zu tun hat, hängt das Nobelinstitut mit einem Fuß in diesem leidigen Patentstreit. Ich glaube nicht, dass man da in Stockholm Lust drauf hat.

Mal wieder Katalyse!

Vorstellen könnt ich mir, dass der Preis in die Biochemie geht. Da gibt es Franz-Ulrich Hartl und Arthur Horwich mit ihren Untersuchungen über Chaperone. Proteinfaltung ist das letzte grundlegende große Proteinchemie-Thema ohne Nobelpreis, das ist seit Jahren auf meiner Liste. Außerdem die Kernrezeptoren, für die Pierre Chambon und Ronald Evans den Preis kriegen könnten. Beides wäre nicht allzu überraschend.

Wenn es tatsächlich mal wieder einen echten Anwendungspreis gäbe, müsste der dringend (weil der Mann schon über 90 ist) an John B. Goodenough gehen, den Entwicker der Lithiumionenakkus. Steckt überall drin, ist immens wichtig und wird wohl auch nicht mehr übertroffen. Glaube ich aber auch nicht dran.

Ich persönlich fänd’s mal wieder an der Zeit, einen Nobelpreis für Katalyse oder zumindest Synthese zu vergeben. Zum Beispiel an Krzysztof Matyjaszewski, der Entwickler der Atom Transfer Radical Polymerisation (ATRP), einer Variante der “lebenden” Polymerisation, oder Leroy Hood und Marvin H. Caruthers, die Pioniere der chemischen DNA-Synthese.

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