Digital Detox

Ein neuer Hashtag bahnt sich seinen Weg durch die Netzwelt: #Digital Detox. Und der liegt voll im Trend. Er beschreibt das Bedürfnis, mal ganz frei von Internet, Email, Telefon, Twitter, Facebook und allem Digitalen sein zu wollen. Und er suggeriert, dass all diese Techniken im Übermaß genossen toxisch seien und man sich daher erst mal unter schweren Entzugserscheinungen detoxizieren müsse, um wieder normal zu werden.

Vielleicht bin ich als bekennender Digital-Junkie auch verblendet, aber ich finde diese Sicht nicht richtig. Zuerst einmal ist es ja nicht das Medium, das potentiell schlecht ist, sondern meine Nutzung. Das ist wie mit dem Fernsehen. Oder dem Bahnfahren. Fernsehen an sich ist weder gut noch böse. Aber ich kann fernsehen sinnvoll oder schädlich nutzen. Und das Bahnfahren bei hohen Geschwindigkeiten schadet dem Menschen, anders als früher vermutet, an und für sich auch nicht.

Das Internet und seine Kommunikationstechniken werden deshalb so gerne genutzt, weil der Mensch seinem Wesen nach sehr sehr gerne kommuniziert. Er ist dafür geschaffen, ständig mit Mitgliedern seiner Gruppe, mit seinen engsten Angehörigen und mit ferner stehenden an gleichen Dingen interessierten Menschen zu kommunizieren. Wenn man alle Stecker zieht, redet der Mensch mit seinen Nachbarn, seinen Freunden und seinen Haustieren. Der Mensch kommuniziert halt gerne.

Und das Internet erleichtert die Kommunikation sehr. Ich kann das aber nicht toxisch finden. Es ist ja auch nicht toxisch, dass der Mensch isst und trinkt. Ein Übermaß könnte komisch sein, aber ich bin nicht sicher, wann das erreicht wäre. 

Es ist sicherlich sinnvoll, seine Freunde oftmals auch offline zu treffen, mit ihnen was zu kochen, zu essen und gemeinsam was zu erleben. Aber wenn meine Freunde alle weit weg wohnen, warum sollte ich dann nicht per Facetime, Facebook, Email oder Twitter in Verbindung bleiben?

Ich glaube, dass es übertrieben ist, zu sagen, man müsse sich öfters mal digital detoxizieren.

Aber:

Neulich habe ich eine Schiffsreise gemacht. Und auf hoher See hat man nun mal kein Netz. Sozusagen ein digitaler Zwangsentzug. Ich kann nicht anders, ich muss sagen: Das fand ich schon sehr erholsam. Es fiel mir viel leichter, mich auf ein Buch zu konzentrieren und mich auf die Dinge zu fokussieren, die ich gerade mache. Allein die Tatsache, dass ich ein funktionierendes Smartphone in der Tasche habe, hat offenbar schon etwas Ablenkendes.

Mein Fazit

Achtsamkeit ist auch im Umgang mit Digitalen Medien hilfreich. Ich teile ja auch sonst meine Aufmerksamkeit bewusst Dingen zu und gehe bewusst damit um, womit ich mich beschäftige. Das ist bei digitalen Medien nicht anders. Aber giftig sind sie deshalb nicht.

Wie denkt ihr über Digital Detox? Sinnvoll? Notwendig? Sollte man vom Arbeitgeber dazu gezwungen werden? Oder sollte man einfach mehr Schiffsreisen unternehmen? Schreibt eure Ansich in den Kommentar!

7 Gedanken zu “Digital Detox

  1. Ovid 14. Dezember 2014 / 19:03

    „Digital detox“ ist nur ein so neuer blöder Modebegriff. Man könnte es auch „Elektronische-Kommunikations-Fasten“ oder “ Internet- Auszeit“ nennen, das wäre gleich. Richtig ist natürlich, dass Kommunikation keine stoffliche Substanz ist, von der man entgiften muss. Aber sie kann durchaus zur Verhaltenssucht mutieren. Für mich ist so eine Auszeit ein Test: Fange ich an, mich unwohl zu fühlen? Denke ich ständig an mein Handy? Höre ich gar Phantomalarm bzw. fühle ich Phantomvibration?
    Fühle ich mich ausgegrenzt? Kann ich es nicht mehr abwartzen, mal wieder online zu sein? Wenn ich tagelang ohne diese Dinge sein kann , dann ist alles gut, ich brauche mir keine Sorgen zu machen.
    Habe ich die genannten „Symptome“, dann sollte ich da schon genauer hinsehen? Detox heißt das nur, weil das so wunderbar in Welness/Esoterik passt…

  2. Pharmama 14. Dezember 2014 / 19:59

    Interessant. Allerdings auch etwas ironisch, dass das als Hashtag bekannt wird 🙂

  3. Julita Kamann 14. Dezember 2014 / 20:42

    Wenn ich im Urlaub bin, dann brauche ich kein Handy. Vergangene Woche hat mich jedoch die Telekom unter Zwangsentzug gesetzt. Ich war selber überrascht, wie „verloren“ man sich fühlt. Kein Fernsehen, kein Telefon, kein Internet. Nach drei Tagen gingen mir langsam die Ideen aus, was ich noch machen könnte.

    Ich finde die Idee des „Digital Detox“ übertrieben, aber ich habe daraus gelernt, dass es einem wirklich die Augen, über sein eigenes Verhalten öffnen kann. Und wie mit allem im Leben, kommt es auf den eigenen Charakter an. Was für den einen „normal“ ist, kann für den anderen „extreme“ Formen annehmen.

    Wenn ich es schon in eine Schublade legen MÜSSTE, dann zu den Süchten und nicht zu den Vergiftungen.

  4. chefarzt 14. Dezember 2014 / 21:03

    Seh ich auch so. Die Nutzung ist das Problem. Aber: ein paar Wochen im Jahr offline ist Pflicht zur „Detoxikation“, hehe

  5. Ralf 15. Dezember 2014 / 09:20

    „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die dosis machts, daß ein Ding kein Gift sei.“
    Paracelsius.
    Ein zeitweiser bewuster Verzicht läst mich nicht nur erkennen in wieweit ich abhängig bin von einer Technologie sondern lässt mich auch dankbar werden für diese Technologie.
    Das bezieht sich nicht nur auf digitale Technologie, die erste heiße Dusche nach 2 Wochen wandern in der Wildnis ist ein hochgenuss. 🙂

  6. Peter Teuschel 15. Dezember 2014 / 20:38

    Was bringts dem Alkoholiker, wenn er jeden Monat mal 3 alkoholfreie Tage einlegt?
    Viel sinnvoller als eine zwischenzeitliche Entgiftung scheint mir die Überlegung, welche Medien man wie oft, wann und wie viel nutzen möchte. Also genau der von Dir propagierte bewusste Umgang mit den neuen Medien.

  7. Phaidros Krugmann 24. Dezember 2014 / 20:08

    Alles was wir sind, sind Gedanken. In meiner Praxis erlebe ich viele Irritationen was das Thema „Sucht“ angeht. Wie stehst um unser Denken? Wonach süchtigt denn unser Denken? Jetzt wird es richtig interessant …

    Herzliche Grüße
    Phaidros
    Krugmann

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