Medizynicus Arzt Blog

Krankenhausalltag in der Provinz: Medizin und Satire, Ethik und Gesundheitspolitik

Freimüssig für Afrika

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„Und Sie machen auch mit?“
Es gibt schönere Dinge als das Gesicht von Schwester Paula, vor allem morgens um halb acht vor dem ersten Kaffee.
„Mitmachen womit?“ erwidere ich grummelig und schenke mir einen Becher Koffeinsuspension ein.
„Bei unserer Weihnachtsaktion!“
„Bei unserer… äh… bei Eurer…. was, bitte?“
„Na, die Weihachtsaktion für Afrika!“
Moment mal… vorsichtiger Schluck, trotzdem Zunge verbrannt.
„Also, der Pfarrer Klusenschröter, der macht das jedes Jahr!“
„Und was habe ich mit dem Pfarrer Klusenschröter zu tun?“
„Na, der sammelt doch für Afrika!“
„Was sammelt der?“
„Herr Doktor, tun Sie doch nicht so!“
Okay, Hirnzellen anwerfen! Was sammelt man in der Vorweihnachtszeit für Afrika? Vermutlich weder gebrauchte Stinkesocken noch abgebrannte Silvesterraketen. Also vermutlich Kohle, Asche und Moneten.
„Wessen Geld denn?“
„Na Ihres natürlich!“
Und schon hält sie mir ein Klemmbrett vor die Nase, darauf geklemmt ein Blatt Papier.
„Was soll ich damit?“
„Eintragen natürlich, Herr Doktor! Sie sehen doch, fast alle machen mit!“
Fast alle?
Tatsächlich! Schön säuberlich in Reih und Glied stehen da ziemlich viele Namen und hinter jedem Namen steht eine Zahl, genau genommen ein Geldbetrag. Manchmal sind es beeindruckend große Summen. Oberarzt Biestig läßt sich nicht lumpen, hätte man gar nicht gedacht, von dem alten Knauserer. Jenny hingegen zahlt nur einen Kleckerbetrag. Hat sich wohl im Weihnchtsshopping zu sehr verausgabt, die Kleine. Ehrlich gesagt, schon ziemlich interessant, diese Liste. Trotzdem… irgendwas stört mich daran…
„Äh… gibt’s da nicht irgendwo so ein Schwein, wo man auch anonym was reinstecken kann?“
Schwester Paula schüttelt lachend den Kopf.
„Darum geht’s doch gerade bei der Weihnachtsaktion!“
„Worum geht’s da?“
„Darum, dass man sieht, dass alle mitmachen!“
Aha?
„Äh… wohin geht das Geld eigentlich genau?“
Schwester Paula reißt mir das Klemmbrett aus der Hand.
„Ich seh schon, Sie wollen nicht!“ sagt sie und verschwindet hinter der nächsten Ecke wo man sie mit Bettpfannen klappern hört.

Written by medizynicus

20. Dezember 2011 um 20:22

5 Antworten

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  1. „Äh… wohin geht das Geld eigentlich genau?“

    Na in die Tasche vom Pfarrer 😉

    jaynesabbath

    20. Dezember 2011 at 20:43

  2. Das wollen Sie nicht wissen. Nein, wirklich nicht!! Wie kommen Sie überhaupt darauf, das zu fragen? So was hat’s ja noch nie gegeben!!!

    opatios

    20. Dezember 2011 at 23:44

  3. Doc…, Sie denken zu kompliziert. Nicht fragen, sondern zahlen! Es ist garantiert die gleiche Chose, wie bei allen „Spenden für….“: abzüglich der anfallenden Bearbeitungskosten im Sammelland erreicht ein Kleckerbetrag die Empfänger. Wenn ich in den Medien die angeblich gigantischen Summen sehe, die bei irgendwelchen Galas und/oder sonstigen Veranstaltungen „für“ irgendwen oder irgendwas gesammelt werden, stellt sich mir jedes Mal die Frage, wie viel, äääääh….wenig davon wohl vor Ort ankommt.

    Auch wenn es hartherzig klingt – aber meine Börse und mein Konto stehen definitiv nicht mehr zur Verfügung!

    Sanna

    21. Dezember 2011 at 07:56

  4. Gar nicht spenden ist vllt auch nicht die loesung, man kann sich ja informieren und sollte vllt eine organisation waehlen von der man schon mal gehoert hat 😉

    Ich

    21. Dezember 2011 at 23:35

  5. es gibt auch genügend einheimische organisationen, einrichtungen, wohltätige vereine oder ähnliches, die sich über eine spende nicht beklagen. menschen in not gibt es nicht nur in afrika…

    silberträumerin

    23. Dezember 2011 at 10:25


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