Guttenplag, Chefärzte und der Doktortitel
Unser Herr Minister, Freiherr von und zu hat einen Fehler zugegeben und darf weiter Minister bleiben. Nur gut, dass der Herr Minister kein Chefarzt ist. Chefärzte nämlich dürfen keine Fehler machen, wenn sie weiter Chefärzte sein wollen, das heißt Fehler machen dürfen sie schon, tun sie sogar, und nicht zu knapp, nur zugeben dürfen sie es nicht, wenn sie ihre Approbation behalten wollen.
Bei Politikern ist das bekanntlich anders: der eine plagiiert Doktorarbeiten, der andere verführt kleine Praktikantinnen und beide bleiben im Amt. Warum?
Vielleicht, weil die Wähler doch nicht so doof sind wie man denkt: Ein Minister braucht keinen Doktortitel um ein Ministerium zu führen.
Ein Chefarzt hingegen schon. Oder doch nicht?
Womit wir dann endlich beim Thema wären:
Wie ist das denn so bei Euch, liebe Kollegen?
Wer von Euch hat denn noch keinen…?
Und falls Ihr keinen Doktortitel habt, welche Aussage trifft dann am Ehesten zu, bitte ankreuzen:
- Lebenslüge Nr. 1: Meine Doktorarbeit, die schon seit 10 Jahren irgendwo in der Schublade liegt werde ich noch fertigschreiben. Ich muss ja nur noch…..
- Lebenslüge Nr. 2: Irgendwann, irgendwann mal fange ich eine neue, schnelle Doktorarbeit an….
- Lebenslüge Nr. 3: Irgendwann mal, irgendwann mal nehme ich eine Stelle in einer Uniklinik an, da wird mein Chef mich schon unterstützen…
- Lebenslüge Nr. 4.: Irgendwann mal, wenn ich in Rente bin….
- Doktortitel? Ist mir doch wurst….
- Ja, ich habe schon mal dran gedacht, mir einen Titel zu kaufen. Weiß aber noch nicht, wo.
Ja, und damit wären wir dann entgültig beim Thema:
Medizynicus möchte sich nämlich auch einen Doktortitel kaufen.
Jawohl, kaufen. Also, so mit Copy und paste kann ich natürlich schon umgehen. Aber ich will ja nicht, dass es mir so ergeht wie dem Herrn Minister und den sauer erworbenen Titel irgendwann mal zurückgeben müssen nur weil irgendwer dahinter… äh, nee, dann lieber echte Qualität, also, das ist mir die Sache wert, da mache ich schon ein paar Euros locker. Ernstgemeinte Angebote bitte ins Kommentarfeld unten!
Also ist das Thema jetzt auch bei Dir gelandet… 😉
Wir haben da ein kleines Problem:
Die Titelmühlen, bei denen sich manche Menschen den Doktortitel kaufen, sind keine Universitäten. Damit sind sie auch nicht berechtigt, einen Doktortitel zu vergeben oder zu verkaufen.
Auf das Führen eines nicht berechtigten Doktortitels steht in Deutschland bis zu 1 Jahr Haft.
Persönlich würde ich mich daher zunächst mal durch einen Adligen adoptieren lassen, das geht schnell, ist vollkommen legal und Du hast da dann schon mal Deinen Freiherr von und zu Bad Dingenskirchen. Da hat jeder Respekt davor und Du hast die Boulevardblätter auch schon mal auf Deiner Seite.
Anschließend würde ich – bei dem ganzem Notdienst und der Arbeitsbelastung – jemanden engagieren, der Dir die ganze Arbeit schreibt. Man muss nur aufpassen, dass man da keinen Stümper engagiert, der seitenweise von anderen Quellen abschreibt, ansonsten wird das verdammt peinlich.
Aber selbst wenn das der Fall sein sollte und die Sache auffliegt: Dann stell Dich halt hin und sage, dass Du einen Fehler gemacht hast und dass Deine ärztliche Tätigkeit ja nichts mit Deiner wissenschaftlichen Karriere zu tun hat und die Leute werden Dir vergeben.
Aber falls Du den akademischen Grad immer noch kaufen möchtest: Mein Institut für Kristallaurahokuspokustherapie hat in dieser Woche das Angebot: Zahle für einen Doktorgrad und kriege zwei. Gegen Zahlung von 20.000 Euro schick ich Dir ein schönes PDF zum Selbstausdrucken zu.
– Ironie off –
Steven
25. Februar 2011 at 08:39
Frag doch mal Guttenberg nach einer Adresse, er scheint ja seine Arbeit auch nicht wirklich zu kennen.
murmel
25. Februar 2011 at 08:40
Was das Thema Dissertation angeht: die liegt seit fast sieben Jahren irgendwo in der Ecke, aber entgegen Deinen Vorschlägen habe ich mich dazu entschieden ehrlich zu sein und habe mir vor 4 Jahren eingestanden, dass ich sie nicht fertigstellen werde. Zum einen fehlt mir das nötige Kleingeld für einen guten Ghostwriter, zum anderen: wofür? Nur, damit ich meine Nase gegenüber dem unpromovierten Volk höher halten kann? Das lohnt doch nicht…
Also lebe ich tatsächlich glücklich und zufrieden ohne Doktortitel weiter und muss mir auch keine Sorgen machen, dass mir Plagiatsvorwürfe gemacht werden…
Luto
25. Februar 2011 at 09:21
Ich sitze auf einer Dipl-Ing.-Stelle ohne jemals studiert zu haben.
Der Alltag hat mich ausgebildet.
Das einzige, was mich von studierten Kollegen unterscheidet ist die Signatur in den EMails.
Und zu einem kleinen Teil der Lohn.
Marco
25. Februar 2011 at 09:22
Schon erstaunlich was ein Betrüger so alles bewirken kann!
Ergaunert sich ein Politiker einen Doktortitel und stellt sich dazu noch dumm. Wie wohl diese ganzen Seiten in seinen Rechner gekommen sind???
Nun, was kann man auch schon vom Adel erwarten. Da schreibt hier einer, allein der Adelstitel flößt Respekt ein?!
Also bei mir nicht, das wäre ja noch schöner. Adel, das sind doch alles Nachfahren von Verbrechern. Raubmörder, Brandschatzer, eigentlich sämtliche Straftaten die man sich so vorstellen kann.
Lächerlich und grotesk. Adel.
Doch das dumme Fußvolk liebt solches Gesocks, unglaublich. Das Gewese derzeit wieder um diese Inselaffen wegen DER Hochzeit des Jahres.
Berechne mal bitte jemand, wieviel Kinder verhungern während dieser unendlichen Trauungszeremonie!!!
Kriegt man höheres Gehalt, wenn man so`n Doktortitel hat?? Erbringt man dann bessere Arbeitsqualität??
Welche Probleme diese Welt wieder einmal hat ….
DocConsult
25. Februar 2011 at 09:59
Ich hatte schon hervorragende Ärzte ohne Dr. und auch schon Stümper mit Dr. (und umgekehrt).
Medizynicus, ich finde du brauchst keinen Titel. Nur rausgeschmissenes Geld.
Blogolade
25. Februar 2011 at 10:26
Wieso denn irgendwo kaufen? Spende dein Geld lieber an irgendeine Hochschule und lass dir den Ehrendoktor verleihen 😉
krankeschwester
25. Februar 2011 at 12:10
Ich besitze keinen Dr.Titel
Für eine Uni-Karriere halte ich den Erwerb für so nötig, wie eine große Oberweite im Bordell.
Im Privatleben halte ich ihn für peinlich. Er hemmt Menschen im direkten Umgang, weil sein ostentatives Vorzeigen den Mitmenschen auf einen niedrigeren Rang verweisen will.
Im Umgang mit den Patienten entsteht das nötige Vertrauensverhältnis, das aus professioneller Autorität wächst, vollkommen titelfrei. Bei mir sogar ohne den weißen Kittel, den ich seinerzeit im Krankenhausspint vergessen habe.
Ich möchte niemand verletzen (kein Guttenplagzitat) der ihn mit viel Arbeit erworben hat aber im Alltag ist er entweder hinderlich oder Symptom einer Ichschwäche. Und DESWEGEN halte ich unseren übernächsten Bundeskanzler Guttenplag für völlig ungeeignet.
Kreativarzt
26. Februar 2011 at 01:36
Da kann ich den Herrn Kollegen nur auf den Anzeigenteil des Deutschen Ärzteblatts verweisen. Suchwort „Promotionsberatung“.
chammann
26. Februar 2011 at 04:54
@Blogolade
Da hast du vollkommen recht 🙂
@Medizynicus
Wie wäre es denn mit einem schicken h.c.?
Squirrel
26. Februar 2011 at 07:57
Squirrel: ich bin mir sicher dass Herr von und zu bald auch einen h.c. bekommt. Als Entschädigung quasi. Nur nicht unbedingt aus Bayreuth 😆
Blogolade
26. Februar 2011 at 08:33
Das Problem an dem Blöden Titel ist, dass dich ja quasie jeder damit anspricht:
„Herr Doktor, könnten sie mal…?“
Möchte man den Patienten dann verbessern und sagen: „Ich bin Arzt, Doktor bin ich nicht“?
Meiner Meinung nach gehört ein Doktortitel zum Arztsein dazu. Ich respektiere allerdings auch Ärzte, die diesen Titel nicht tragen. Schließlich gibt es viele gute Ärzte ohne Titel und genug Stümper mit!
Robert
27. Februar 2011 at 11:03
Ich denke das mindestens die Hälfte der Patienten ohnehin glauben, das Ärzte zwangsläufig einen Doktortitel haben müssen…
Klabund
27. Februar 2011 at 20:42
Ich hab seit letztem Jahr nen Doktor, und bei der Wohnungssuche dieses Jahr sind mir all diese widerlichen Vermieter und Makler sowas von in den Allerwertesten gekrochen… früher hatte ich ausserhalb der migrantenreichen Stadtteile überhaupt keine Chance.
Also, hat sich schon gelohnt, insgesamt. 🙂
Em
27. Februar 2011 at 21:39
@Kreativarzt
Doktortitel sind im Alltag nicht zwangsläufig hinderlich. Man kann ihn ja weglassen wenn man will. Und im Beruf finde ich ihn ok. Mich hat es nämlich immer angenervt, wenn mich Patienten als „Frau Doktor“ angesprochen hatten obwohl ich gar keine war. Kam mir dann immer wie eine Betrügerin vor und ständig zu betonen, dass man keine Doktorin ist, macht auch irgendwann mürbe. Mittlerweile habe ich einen Doktortitel und kann sogar drüber hinwegsehen, wenn ihn mal ein Patient weglässt…understatement macht auch manchmal Spaß (gilt auch für den Alltag…;-)
docangel
28. Februar 2011 at 11:22
Also zu mir passen Lebenslügen eins und fünf!
Bam! Und 1.1: „ich bin fast fertig, ich muss nur noch schreiben“
ass100
1. März 2011 at 19:26
Bei Ärzten merkt ohnehin keiner, wer einen Titel hat und wer nicht. Doktor ist da Berufsbezeichnung. Man verdient auch nicht mehr. In der Klinik, wo ich PJ mache gibt es sogar einige Oberärzte ohne Titel, zu denen trotzdem jeder Doktor sagt. All diese Leute hatten null Arbeit oder mit der Promotion verbundene Sorgen; so wie ich momentan mit der Angst vor dem Rigorosum, das bald ansteht. Und der vielen Arbeit, die hinter mir liegt. Mir wird immer weniger klar, was das alles gebracht haben soll, und bringen soll.
M.S.
22. November 2011 at 21:30