Medizynicus Arzt Blog

Krankenhausalltag in der Provinz: Medizin und Satire, Ethik und Gesundheitspolitik

Böser, böser Hausarzt!

with 27 comments

Herr Klöbner schaut mich mit strafendem Blick an. Aber nicht ich bin es, den er strafen will.
„Mein Hausarzt!“ keucht er, „der hat versagt!“
„Warum denn?“ frage ich.
„Er hat meinen Herzinfarkt übersehen!“
„Hat er nicht…“ lenke ich ein.
„Doch! Das hätte er erkennen müssen! Wozu ist er schließlich Arzt?“
„Na, dann erzählen Sie mal die ganze Geschichte!“
Herr Klöbner seufzt. Dann setzt er sich kerzengerade auf in sein Bett und legt los.
„Also, damals, vor zwei Wochen, beim Schneeschaufeln…“
„Ja?“
„Da…. naja, man denkt sich ja nichts dabei. Halt ein bißchen Muskelkater. Man ist ja nicht mehr der Jüngste…“
Blick in die Akte: Herr Klöbner ist sechsundsiebzig. Okay.
„…aber man macht sich nichts draus. Will ja nicht jammern…“
„Wo war denn der Muskelkater?“
„Halt so in der Brust. Eher links. Und im Arm.“
„Aha? und dann?“
„Meine Frau sagt, ich soll zum Arzt gehen. Aber man will ja nicht so sein, wegen so’n bißchen Muskelkater. Wird aber nicht besser. Bin einfach so schlapp danach, wie… ja wie eine dicke Grippe…“
„Also?“
„Ja, nach einer Woche bin ich dann endlich zum Arzt gegangen…“
„…und der hat ein EKG geschrieben und Sie dann hierher geschickt. Also hat er genau das Richtige getan!“
Herr Klöbner schaut mich vorwurfsvoll an.
„Aber ohne Blaulicht! Stellen Sie sich mal vor: Ich habe einen Herzinfarkt und der schickt mich einfach so ohne Blaulicht los!“

Written by medizynicus

15. Februar 2011 um 07:55

Veröffentlicht in Alltagswahnsinn

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27 Antworten

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  1. Tja, wenn er schon so lange braucht, um zum Arzt zu gehen, sollen wenigstens Hausarzt und Rettungsdienst die verstrichene Zeit wieder rein holen 😉

    Der Krangewarefahrer

    15. Februar 2011 at 09:04

  2. Haha, genau die richtige Gesschichte, um heute gut gelaunt in den Tag zu starten! 😉

    Karoline

    15. Februar 2011 at 09:35

  3. Zwei Wochen nach dem Herzinfarkt ohne Blaulicht?

    Also das gar nicht !

    😉

    dabo57

    15. Februar 2011 at 09:42

  4. Also das GEHT gar nicht …

    sollte es heissen

    dabo57

    15. Februar 2011 at 09:43

  5. Eine Ewigkeit brauchen um zum HA zu gehen und dann noch meckern…das sind mir die Richtigen.

    Bestätigt leider mal wieder: In Deutschland wird immer und gerne gemeckert und Schuldige gesucht…Hauptsache, jemand anders ist verantwortlich und nicht man selbst!

    rettungsdienstblog

    15. Februar 2011 at 10:17

  6. Ok, bei einem zwei Wochen alten Herzinfarkt bringt der Transport mit Blau&Laut wohl auch nichts mehr, und wenn der Patient nach zwei Wochen noch schnauft, scheint die akute Lebensbedrohung nicht mehr riesengroß. Trotzdem würde ich das Fachpersonal 🙂 gerne fragen, wo Ihr hier die zeitliche Schwelle seht? Ab wann ist ein Infarkt so lange her, dass ein eiliger Transport nicht mehr lohnt? Ein Tag, drei Tage, eine Woche? Oder immer nur jeweils abhängig vom Patientenzustand? Nicht zuletzt: Wie kommt der zögerliche Patient denn nun vom Hausarzt in die Klinik? Mit den Öffis nach eigenem Ermessen, oder per KTW, RTW, etc? Für mich als Sani, dessen theoretische Ausbildung sich auf hochakute Notfälle beschränkt, durchaus interessante Fragen 🙂

    Hauptstadtsani

    15. Februar 2011 at 10:19

  7. …irgendwie süß, der Herr Klöbner….

    Seifenfrau

    15. Februar 2011 at 11:48

  8. Das geht aber echt gar nicht…

    Wie ihr da mit dem Leben des Patienten spielt!

    Der hätte sofort vom Hausarzt notfallmäsig mit RTW abgeholt werden müssen. Unterwegs schon die Lyse einleiten usw.

    Und du hättest auf keinen Fall so viel Zeit mit dem unnötigen Patientengespräch vergeuden dürfen und ihn sofort zur PTCA fahren müssen!

    Wenn ihr sowas im Haus nicht habt dann muss halt der Hubschrauber her…

    Ich kann den Herrn Klöbner schon verstehen 😉

    stachel

    15. Februar 2011 at 12:04

  9. @all:
    Also, damit wir uns recht verstehen:
    ‚Geht gar nicht‘ war ironisch gemeint 😉

    Bin nicht Mediziner, aber selbst als Laie, denke ich dass es nach zwei Wochen, wirklich nicht mehr auf einige Minuten/Stunden ankommt.
    Blaulicht und Martinshorn oder gar Hubschrauber also die totale übertreibung …

    dabo57

    15. Februar 2011 at 12:53

  10. @hauptstadtsani:
    Mhm, gute Frage auf die es sicherlich keine Patentantwort geben wird. Hier wird man jedes Mal nach dem Wohl des Patienten schauen müssen und anhand des Allgemeinzustandes überlegen müssen.
    Wenn der HI innerhalb eines Tages entdeckt wird, denke ich ist auf jeden Fall der Transport per RTW (bzw. mit EKG-Überwachung) angeraten.
    Bei einem mehrere Tage alten HI wird immer öfter ein KTW ausreichen.
    Den Patienten per Bus, Bahn, Taxi oder per Privat-PKW ins KRH zu befördern, kann einen heikle Sache werden, wenn es schief geht….wird aber bestimmt auch mal indiziert sein…

    Wie du siehts, keine Patentlösungen….

    Als Zeitfenster für eine Lyse habe ich gerade was von 6Std. Maximum gelesen….einfach mal „Zeitfenster Herzinfarkt“ eingeben bei Google…

    Gruss
    RDBlog

    rettungsdienstblog

    15. Februar 2011 at 13:33

  11. @dabo57

    Ich glaub da brauchst du dir keine Sorgen zu machen.

    Deinen Beitrag verstehen wahrscheinlich sogar Leser mit ganz schlecht gewarteten Ironiedetektoren 😉

    stachel

    15. Februar 2011 at 13:41

  12. @rdblog: Ich musste spontan an eine mir bekannte Anekdote mit zweifelhaften Wahrheitsgehalt denken, nach der ein Hausarzt einen RTW für einem Patienten mit akutem STEMI alarmiert hat und dann der in der Artzpraxis eintreffenden RTW-Besatzung erzählte, er habe den Patienten nur noch mal schnell nach Hause geschickt, um eine Tasche fürs Khs zu packen :-)Ist vielleicht Rettungsdienstlatein, aber kann ich mir bei meiner Hausärztin auch gut vorstellen 🙂

    Hauptstadtsani

    15. Februar 2011 at 14:07

  13. Tja… schnell schnell, Herr Dokter. Ich hatte ja schliesslich vor 2 Wochen nen HI 😉

    Würde auch sagen, dass nach 2 Wochen ohne wirklich lebensbedrohliche Problematik ein KTW ausreicht. Falls nicht doch und abgesichert und so.

    Ich erinnere mich an meine Ausbildung beim Internisten, zwei der 3 um die 60. Da durfte ich auch schonmal Patienten mit peversen Arhythmien mit meinem Privat PKW ins KH fahren, weil „is ja nur 700m entfernt“… und die Erstkraft sagt dann zu mir „nimm aber den Ambubeutel mit, falls was passiert….“

    Ja, mir wurds anders. Aber wer möchte als Lehrling im 1. o. 2. Lehrjahr, ohne wirklich großartige medizinische Kenntnisse (MFA is ein Verwaltungsberuf und im SAN A Kurs lernt man auch nicht „sowas“) denn mit dem Weißkittel-Chef streiten. Fands komisch, aber war halt so. Widerworte gabs da nicht.

    rettungsschnepfe

    15. Februar 2011 at 19:10

  14. Es ist wirklich empörend…
    die Hausärzte sind auch nicht mehr das, was sie mal waren….
    und die Klöbers scheinbar auch nicht, kriegen gleich einen kleinen Infarkt von so ’nem bißchen Schnee schippen…

    sweetkoffie

    15. Februar 2011 at 20:07

  15. Klar ist der Hausarzt eine Dumpfbacke. Bei der offensichtlichen Verkennung seines MI liegt bei dem Patienten natürlich eine Mikroembolie im Frontallappen vor, die er KHK-bedingt bei ner intermittierenden TAA bekommen hat, daher hätte er einen Heli vor der Praxis landen lassen müssen, seine Helferinnen und die unkranken Patienten hätte er zum Absperren der Straße nutzen können und dann den Patienten sofort ins nächste Großklinikum airliften lassen, um ihm das dringend nötige Glucose PET Scan mit MR-Angio zu verpassen. Im Heli natürlich transporttechnisch mit ITN die Anamnese ausbremsen und die Lyse anlegen, deren Kolben dann vom Neuroradiologen im Scanner eingepresst werden kann. Das Leute ist der Standard! Dieser Hausarzt mit seiner Schnarchversorgung sollte sich warm anziehen, denn die Fibromyalgieattacke der PMS-geplagten Nichte des Patienten hat er zu verschulden.

    Kreativarzt

    15. Februar 2011 at 23:19

  16. Herr Klöbner hatte bestimmt ’nen Hut auf, oder?

    schreibstoff

    15. Februar 2011 at 23:33

  17. Mit mehrfacher Lichtgeschwindigkeit sind Zeitreisen doch immerhin möglich, oder?

    Marco

    16. Februar 2011 at 09:39

  18. @Kreativarzt:

    Ohoh, haben wir es hier mit der Gattung „Ich bin Hausarzt und fühle mich gedisst“ zu tun?!?
    Euch Hausärzten will niemand etwas, am allerwenigsten in diesem Text…was nur ausser Frage steht, ist die mangelnde präklinische Notfallkenntnis über die ihr HAs nicht verfügt…

    rettungsdienstblog

    16. Februar 2011 at 10:46

  19. Ich denke mal Kreativarzt ist einfach nur genauso ironisch unterwegs wie alle anderen hier und fühlt sich in keinster Weise gedisst 😉

    Ina

    16. Februar 2011 at 11:07

  20. ad Rettungsschnepfe: „Würde auch sagen, dass nach 2 Wochen ohne wirklich lebensbedrohliche Problematik ein KTW ausreicht. Falls nicht doch und abgesichert und so“

    Vielleicht Deutschland, in anderen Ländern sieht man das pragmatischer: Ab ins Taxi, das reicht nach 2 Wochen bei dem von Herrn K. zu vermutenden Allgemeinzustand vollkommen.

    ad rettungsdienstblog: „…was nur ausser Frage steht, ist die mangelnde präklinische Notfallkenntnis über die ihr HAs nicht verfügt…“

    Ah, noch so einer mit dicken Eiern oder gehörst Du zu den weiter oben Erwähnten, mit den nicht gewarteten Ironie-Sensoren?. Es ist doch immer wieder beruhigend, dass bei Euch wenigstens eines sicher ist, Ihr wisst Bescheid!

    Klabauterdoc

    16. Februar 2011 at 11:49

  21. @Klabauterdoc:

    Mhm, dicke Eier..was für Ausdrücke auf einmal. Was denn in dich gefahren?! Aber sei beruhigt, ich gehöre weder in die Kategorie „zu dicke Eier“ noch in die Kategorie mit den zu schlecht gewarteten Ironie-Sensoren.

    Aber ich habe mein eigenes Bild zu vielen, nicht allen Hausärzten gemacht, machen müssen: Seitdem bei meiner Schwester der HA eine Fraktur mittels Ultraschall diagnostizieren wollte und keine erkannte, sie daraufhin wieder nach Hause schickte und nachher im KRH eine deutliche Fraktur erkannt wurde, hab ich meine Meinung….die leider in 3 Jahren RD bisher zu 99% gefestigt wurde…
    Und ja, es gibt wirklich gute Allgemeinärzte, die auch was drauf haben…aber leider sind die selten geworden! Die Gründe mögen verschieden sein….

    Und zu anderen Ländern. Ja, in anderen Ländern mag man das pragmatischer sehen, aber hier in D nunmal nicht…und wir haben nicht umsonst eine Luxus-Krankenversorgung auf einem hohen Niveau.

    Trotzdem Gruss
    RDBlog

    rettungsdienstblog

    16. Februar 2011 at 12:22

  22. @Klabauterdoc

    Dies ist vll. wirklich nur in Deutschland so. Dies aber auch nur teilweise. Das „ab ins Taxi“ gibts auch. Mir gehts eher mit dem KTW mehr um das „Absichern“ für den Hausarzt, falls es doch wider erwarten während dem Transport zu Komplikationen kommen SOLLTE und wir mittlerweile auch in einem Land leben, in dem die Schwelle zur Anzeige immer niederiger liegt.

    Und ich weiss ja nicht, irgendwie krieg ich hier öfters auch mit, das angeblich Taxischeine auch gar nicht mehr von der KK bezahlt werden für einmalige Krankenfahrten z.B. Einweisungen. Wohl nur noch zur Dialyse o. ambulanten Bestrahlung. Wie gesagt – das kriege ich hier nur immer öfter zugetragen von Patienten.

    rettungsschnepfe

    16. Februar 2011 at 13:42

  23. ad Rettungsschnepfe: Das Interessante ist, dass dort, wo der Patient mehr Eigenverantwortung trägt, vieles dem gesunden Menschenverstand folgt statt der Angst des Arztes. In der Schweiz beispielsweise, gibt es keinen Taxischein und auch KTW u.a. muss der Pat. auch mal selber zahlen. Komischerweise ist trotzdem weder das Sozial- noch das Gesundheitssystem schlechter. Aber das mit der Eigenverantwortung war ja in D schon immer problematisch.

    ad rettungsdienstblog: Da bin ich aber beruhigt, dass Du weder in die eine oder andere Kategorie gehörst. Ich frage mich allerdings wie man nach 3 Jahren Praxis (ist da die Ausbildung eigentlich schon abgeschlossen?) die Arbeit von Hausärzten, die im Schnitt 11 Jahre Ausbildung und bei der derzeitigen Demographie auch mehrere Jahrzehnte Berufspraxis als Fachärzte hinter sich haben, beurteilen kann. Für mich klingt das eher nach einer Expertise durch ein Astloch.

    Klabauterdoc

    18. Februar 2011 at 11:31

  24. @Klabauterdoc:

    Oho, jetzt wird es spannend: Eine Expertise durch ein Astloch?! Mal was, was ich noch nicht kenne, aber ich lerne ja dazu.
    Weisst du, manche Sachen braucht man in seinem Leben nicht ewig machen, um sich ein Urteil zu bilden. Ich habe mir persönlich nunmal ein Bild zu Hausärzten gemacht, dass durch persönliche Eindrücke geprägt wurde. Das ist nicht das beste Bild und wird es auch nicht werden.
    Ich habe nie behauptet, dass HÄ es einfach haben und nicht verlangt, dass sie in Notfallmedizin große Helden sind. Sie haben nunmal einen anderen „Kundenstamm“ und andere Sorgen. Aber dann sollen sie sich heraushalten aus Notfallmedizin und es den anderen Ärzten überlassen.

    Und im Übrigen: Ja, ich bin fertig ausgebildet. Und zu den 3 Jahren habe ich meine Ausbildung nicht dazugezählt….

    Aber du wirst wahrscheinlich einer von den Methusalem-HÄ sein…oh Mann…^^

    rettungsdienstblog

    18. Februar 2011 at 11:58

  25. Nur weil hier ein paar Leute die Lyse angesprochen haben: die ist in Dt. so gut wie nie mehr indiziert. Die Studien zeigen IIRC, dass im Akutfall lieber 1-2h Transport und dann PTCA deutlich besser ist als Lyse (und länger sollte ein Transport nicht mal aus’m tiefsten Wald dauern).

    docadenz

    19. Februar 2011 at 16:00

  26. ad docadenz: Ob der Hinweis auf fruchtbaren Boden fällt? Immerhin hat er das mit der Lyse sehr subtil gegoogelt. Und auch sonst weiss er über alles ganz genau Bescheid. Nur darüber, wie das mit der Expertise durch ein Astloch gemeint war, darüber grübelt er noch 🙂

    Klabauterdoc

    19. Februar 2011 at 21:40

  27. Oh Mann,

    @Klabauterdoc: Wir beide werden anscheinend keine gemeinsame Linie hier finden, ich hab meine meinung zu HÄ, die du nicht gerade verbessert hast und meine Meinung zu dir. Du hast anscheinend deine Meinung zu mir und sogar weitergehend anscheinend generell etwas gegen Jüngere, die nicht wie Methusalems vorgehen…so einer bist du wahrscheinlich!

    Und weil ich hier keinen Sinn mehr in der sinnlosen Diskussion sehe, werde ich mich hierzu sicherlich nicht mehr äußern.

    Und @Docadenz:
    Ich hatte lediglich die Frage nach dem Zeitfenster für eine Lyse beantwortet, dass Lyse DIE Lösung ist, habe ich nicht behauptet, wie Klabauterdoc weissmachen wollte…ich selber arbeite in einem RD-Bereich in dem es die Lyse quasi gar nicht gibt, wir haben 4 Katetherlabore in nächster Umgebung und haben deshalb dahingehend keine Probleme.

    Den anderen einen schönen Samstagabend,
    RDBlog

    rettungsdienstblog

    19. Februar 2011 at 21:57


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