Medizynicus Arzt Blog

Krankenhausalltag in der Provinz: Medizin und Satire, Ethik und Gesundheitspolitik

Telemedizin in Deutschland

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Eine ärztliche Fernbehandlung ist in Deutschland bekanntlich verboten. Über die Gründe mag man sich streiten – in anderen Ländern sieht man das Ganze bekanntlich lockerer.
Dennoch ist Telemedizin auch in Deutschland ein heißes Eisen. Die reine Beratung über Telefon oder Internet ist nämlich erlaubt. Es darf allerdings keine Diagnose gestellt werden. Eine Behandlung mit Rezept ist nicht möglich, allerdings dürfen – unter Vorbehalt – Empfehlungen ausgesprochen werden.
Vor einigen Jahren wurden Krankenkassen dazu verpflichtet, ihr Informations- und Beratungsangebot zu verbessern. Zahlreiche Kassen bieten seither Telefonberatung über Hotlines an – wobei dies meist nicht von den Krankenkassen selbst, sondern von extetrnen Dienstleistern durchgeführt wird.
Die Stiftung Warentest hat 2003 einige dieser Hotlines getestet und kam zu insgesamt zufriedenstellenden Ergebnissen.
Im deutschsprachigen Internet gibt es zahlreiche Gesundheitsportale und Foren welche eine individuelle Gesundheitsberatung anbieten, die meisten davon kostenlos. Auch diese Angebote sind von der Stiftung Warentest getestet worden – die Qualität der Beratungen war auf den verschiedenen Seiten sehr unterschiedlich und auch bei den gebührenpflichtigen Angeboten nicht unbedingt verläßlich.
In vielen Foren kann man sich anonym mit Nickname anmelden, die Antworten auf die gestellten Fragen sind dann meist öffentlich wobei nicht nur „Experten“ (die in der Regel als solche erkennbar sind) sondern auch „normale User“ antworten können. In einigen Foren muss bei der Anmeldung der echte Name sowie Telefonnummer und Adresse angegeben werden, was möglicherweise Datenschutzprobleme aufwirft.
Insgesamg sind Telefon- und Onlineberatung in Deutschland noch ziemliches Neuland. Krankenkassen sehen hier die Chance, langfristig Geld sparen zu können. Die meisten Ärzte betrachten die Sache aus demselben Grund eher skeptisch.
Man darf also gespannt sein.

Written by medizynicus

11. Oktober 2010 um 06:39

3 Antworten

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  1. Telemedizin in dem Sinn, wie du sie beschreibst kenne ich zwar nicht, aber in Schweden wird in Spitälern ein Videokonferenz-System zur Beratung von, weit vom Krankenhaus entfernt wohnenden, Patientinnen und Patienten eingesetzt. Die Beratung erfolgt meist interdisziplinär, mit Arzt, Physio- und Ergotherapie – ich habe das extrem positiv erlebt und es hat, in den Fällen in denen ich dabei war, sehr gut funktioniert.

    Ein bisschen ausführlichere Info’s dazu gibt es in dem zugehörigen Blogartikel am handlungs:plan.

    Markus

    11. Oktober 2010 at 10:26

  2. Hajo…mal wieder aus Patientensicht:

    Du musst echt höllisch aufpassen. Diese Foren wie gutefrage.net etc. wo die Laien sich da gegenseitig Tipps geben, die zumindest mir die Schuhe ausziehen, hauptsache, man muss nicht zum Arzt: Vergessen.

    Stichwort Medienkompetenz. Man muss da echt filtern, was grob fahrlässig und was gut ist.

    Das erfordert einen Haufen Recherche und 1 – 2 Ärzte im Familienkreis, die sich bereitwillig löchern lassen.

    Aber solange es Ärzte gibt wie meine, die *jede* Frage mit einem „weils so besser ist“ beantworten, das aber durchaus kreativ mit verschiedenster Wortwahl, solange wird es auch diese Schrottforen geben, wo jeder Trottel seine Fürze als Geistesgold verkaufen kann (Stichwort NGM und Hamer).

    Und solange die Ärzte das Wort „Interdisziplinär“ noch nicht mal schreiben können, braucht man mit irgendwelchen Neuerungen imho auch nicht anfangen.

    Tante Jay

    11. Oktober 2010 at 14:34

  3. Telemedizin hat nicht unbedingt etwas mit einer Sprechstunde per Telefon zu tun. Im Diabetes-Bereich kann der Arzt über eine Online-Datenbank direkt die Daten (Blutzucker, Medikation, Ernährungsgewohnheiten, Lebensweise) eines Patienten einsehen und auf den Verlauf der Werte reagieren ohne dass der Patienten in seiner Praxis zugegen ist. Sogar eine Alarmierung bei Über- oder Unterzuckerung ist möglich. Die Einsicht der Patientendaten kann natürlich nur der Patient auf Basis seines Vertrauens erlauben. Patient und Arzt müssen ein Vertrauensverhältnis haben und dieses lässt sich am Besten durch Praxisbesuche aufbauen. Trotzdem kann die automatische Führung eines Gesundheitstagebuchs den Arzt unterstützen.

    Stephan Berghoff

    25. Februar 2011 at 10:53


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