Medizynicus Arzt Blog

Krankenhausalltag in der Provinz: Medizin und Satire, Ethik und Gesundheitspolitik

Fusel-Franze ist auch wieder da

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Es weihnachtet immer brutaler: Am Adventskranz im Schwesternzimmer brennen inzwischen alle vier Kerzen und der Weihnachtsbaumverkäufer gegenüber vom Krankenhausparkplatz macht Bombenumsätze. Gestern habe ich mich ausschließlich von Kaffee und Weihnachtskeksen ernährt, so dass mir abends kotzübel war. Dieser Süßkram steht halt buchstäblich überall herum während die Kantine immer gerade geschlossen hatte, als ich vor der Türe stand. Sogar der Kiosk in der Eingangshalle konnte mir nichts halbwegs Gesundes zu Essen verkaufen, und so blieb es also bei Kaffee mit Keksen und abwechselnd Kekse mit Kaffee. Bei der Visite habe ich es geschafft, die Station weitgehend leer zu kriegen, nur noch eine kleine Restpatientenbesatzung ist übrig geblieben und ein paar von denen werden morgen früh die Biege machen.
Nun denn…
Da geht mein Piepser. Notaufnahme, wir haben einen Zugang.
Und wer mag das wohl sein?
Na, wer wohl!
Einen langen weißen Bart hat er und einen Mantel, der wohl mal dunkelrot gewesen ist und auf dem Kopf träght er eine knallrote Zipfelmütze mit weißem Saum und weißem Bommel.
„Hab ich vom Weihnachtsmarkt, Doc!“ ruft er mir über den Gang entgegen.
Er liegt auf einer Trage und strahlt mich an. Die beiden Jungs vom Rettungsdienst füllen noch die Formulare aus.
„Herzlich Willkommen, Franze!“ sage ich und drücke seine Hand – nicht ohne mir vorher einen Gummihandschuh übergezogen zu haben denn Fusel-Franze verbreitet auch am Tag vor dem Heiligen Abend sein gewohntes Aroma.
Und sein Auftritt vor Weihnachten ist so sicher wie das „Stille-Nacht“ in der Christmette.
Und ich freue mich wirklich, ihn wiederzusehen. Denn an Heiligabend gehört er einfach zum Inventar.
In Holland feiert man die Ankunft des Nikolaus als Weihnachtsboten – bei uns in Bad Dingenskirchen ist es Fusel-Franze.
Wenn Fusel-Franze da ist, dann ist Weihnachten nicht mehr weit!

Written by medizynicus

23. Dezember 2009 um 07:57

Veröffentlicht in Alltagswahnsinn

3 Antworten

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  1. kicher. Ich gestehe Dir was: Mein Schwiegervater sieht auch so aus. Er säuft zwar nicht (weiß man’s so genau?), also auf jeden Fall kommt er hier nüchtern an… Aber er hat einen weißen Bart und ist irre fett. Und er ist alles andere als ein gutmütiger Nikolaus. Aber ich hab mir vor Jahren angewöhnt, ihn an Weihnachten als solchen zu betrachten. Dann ertrag ich ihn besser..

    frau kuni

    23. Dezember 2009 at 13:38

  2. Hach Medizynikus, du bringst alte Erinnerungen auf *g*
    vor mehr als 20 Jahren arbeitete ich in einem Vorstadthospital einer mitteldeutschen Großstadt. Dort lebte Gitarren-Ludwig, der so ziemlich genau der Beschreibung von Fusel-Franze entsprochen hat. Besonders an so kalten Wintertagen, an Feiertagen war er wie eine Zecke. Ein fast perfekter Simulant! Bis ihn eines Tages wirklich ein Fetzeninfarkt ereilte.
    Im Zuge der medizinisch notwendigen Intensivbehandlung musste man ihm den langen weißen Bart abschnippeln….
    Es war uns allen ein bißchen Trost, dass er sich selbst nie wieder im Spiegel ansehen musste.. so ganz ohne..

    Petra

    23. Dezember 2009 at 13:49

  3. […] die Quelle ist verschwunden. Man kann gegen Fusel-Franze sagen, was man will, aber er ist unser treuester Kunde, unser Maskottchen, er gehört zu uns, wie der Geruch ungeleerter Bettpfannen. Fusel-Franze darf […]


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