Medizynicus Arzt Blog

Krankenhausalltag in der Provinz: Medizin und Satire, Ethik und Gesundheitspolitik

einfach mal blaumachen

with 8 comments

Morgen mache ich blau.
Jawoll.
In diesem Moment liege ich gerade auf meinem werten Sofa, draußen nieselt der Regen und drinnen bullert die Heizung auf Hochtouren und neben mir stehen eine Flasche Bier und eine Tüte Chips, die zweitklassige Krimi-DVD ist gerade zu Ende und in siebeneinhalb Stunden oder so muss ich im Kreiskrankenhaus Bad Dingenskirchen wieder auf der Matte stehen… oder auch nicht?
Andere Leute machen auch blau. Im letzten Dienst in der Ambulanz sind mir mehrere von denen übern Weg gelaufen: irgendwelche Wehwehchen, Fuß umgeknickt oder so, nix gebrochen, alles gut verpflastert und dann die dringenste Frage: „Krieg ich denn auch nen Krankenschein?“
Nein, dafür ist eigentlich nicht das Krankenhaus zuständig sondern der Hausarzt.
Ich habe keinen Hausarzt. Ich weiß ehrlich gesagt, überhaupt nicht, wie es bei Hausärztens zugeht. Und wie blaumachen funktioniert weiß ich schon gar nicht. Was muss man da erzählen? Kann man Tacheles reden? Oder muss man augenzwinkernd irgendeine Geschichte erfinden, die man selbst nicht glaubt und der Arzt schon gar nicht, denn ganz so blöd sind die doch auch nicht, selbst die Hausärzte nicht, oder?
Hmmm.
Wahrscheinlich trau ich mich nicht.
Also geh ich jetzt lieber brav ins Bett. Und stelle doch lieber den Wecker.

Written by medizynicus

9. Dezember 2009 um 00:02

Veröffentlicht in Alltagswahnsinn

8 Antworten

Subscribe to comments with RSS.

  1. Bei uns funktioniert das so:
    Email an Chef: Chef, ich arbeite heute zu hause.
    Email von Chef: ok.

    (Und tatsächlich kriege ich dann zuhause vom Sofa aus in der Hälfte der Zeit das Doppelte fertig… Warum auch immer).

    Benedicta

    9. Dezember 2009 at 00:56

  2. Wenn’s wirklich nur um Krankschreibung ohne (ansteckende) Krankheit geht, reden die meisten Patienten Klartext und die wenigen, die sich was aus den Fingern saugen, haben so lächerliche Vorstellungen, dass man sehr schnell dahintersteigt. Ich frag dann immer ganz direkt was denn los ist.

    Aber grundsätzlich heißt es ja <b<"Arbeits-Unfähigkeitsbescheinigung", d.h., ich kann auch aus anderen Gründen (z.B.weil ich mich wegen eines Todesfalls nicht auf eine komplizierte Arbeit konzentrierten kann, oder weil ich mit meinem schmerzenden Knöchel nicht unbedingt auf Dächern oder Freileitungsmasten herumklettern soll, oder weil ich mit hohem Blutdruck nicht unbedingt einen 40-Tonner oder ein Atomkraftwerk fahren sollte, u.s.w.) arbeitsunfähig sein.

    Es ist auch absolut widersinnig zu glauben, wer „krank geschrieben“, in Wirklichkeit „arbeitsunfähig geschrieben“ ist, müsse sich ausschließlich im Bett aufhalten: bei reaktiver Depression aufgrund von Mobbing z.B. kann man auch durchaus sein Selbstwertgefühl in der Disko oder (im Sommer) am Baggersee aufpolieren. Man muß es nur richtig begründen.

    @benedicta: ich glaub, wir sollten mal tauschen. Das hab ich mir schon immer gewünscht!

    der Landarsch

    9. Dezember 2009 at 09:25

  3. Tja. Hast du wohl das Falsche studiert 😛
    (Naja, zugegeben – SO easy ist es wohl wirklich nur an der Uni. Und die allgemeine Wurschtigkeit zumindest meines Chefs hat auch ihre Schattenseiten. Davon mal abgesehen: wenn ich Verpflichtungen hab – Vorlesung, Übung, etc. – bin ich eh nie krank.)

    Benedicta

    9. Dezember 2009 at 13:00

  4. Hm also krank bin ich nur an besonderen Tagen (z.B. früher Ferien, Feiertage, Weihnachten, ect) und sonst hm bei uns in der Uni lohnt Blaumachen nicht, weil man je nach Fach dermaßen viel verpasst. Ich kenn allerdings (Haus-)Ärzte die geben jedem der will ein Attest (brauchten wir für die Schule).

    DelfinStern

    9. Dezember 2009 at 16:55

  5. ich bekomme morgen eine Infusion, wird so 4 Stunden laufen (mal sehen was die toleranten Mitpatienten und Schwestern sagen, wenn mein handy klingelt, denn das KANN ich nicht ausmachen) und anschließend arbeite ich terminmäßig ab, was sein muss und bis abends das Bürokratische…. Krankenschein??

    Miki

    9. Dezember 2009 at 17:04

  6. das mit dem mitkriegen ist schon so ne sache^^
    jedenfalls wenn man sich auf etwas harmloses, kurzfristiges beruht. kopfschmerzen z. B. … oder stress.

    in der ausbildung bekam man da echt tolle tipps 😉 aber all zu oft zieht das wohl nicht. Ich glaube auch, dass so etwas nur glaubwürdig herüberkommt, wenn man schon mehrmals in der praxis war. obwohl, wahrscheinlich kriegen sie es mit – haben aber weder die lust noch die zeit rumzudiskutieren…

    kaeks

    9. Dezember 2009 at 20:09

  7. natürlich habe ich nicht blau gemacht, ich Weichei!
    Aber einfach mal so in die Runde gefragt:
    Welche Story „zieht“ denn am besten beim Haus-Doc wenn man einen „gelben“ haben will?
    @Landarsch: danke für die ausführlichen Insider-Tipps
    @kaeks: Nu verrate doch mal die geheimen Tricks von den Kollegen aus der Ausbildung!
    @Miki – Deine Arbeitsmoral in Ehren, geht mir ja eigentlich auch so… leider…

    medizynicus

    9. Dezember 2009 at 22:57

  8. In der Schule hieß das bei uns immer „Schwindelgefühle“.

    Benedicta

    10. Dezember 2009 at 02:07


Hinterlasse einen Kommentar