Die Vertreter_innen der Bundesländer haben heute den Entwurf für das „Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen“ angenommen.

Das sogenannte Prostiuiertenschutzgesetz (ProstSchG) soll laut dem federführenden Bundesfrauenministerium das „Selbstbestimmungsrecht von Menschen in der Prostitution“ stärken, „verträgliche Arbeitsbedingungen“ schaffen sowie „gefährliche Auswüchse und kriminelle Begleiterscheinungen durch bessere Überwachungsmöglichkeiten der Behörden“ zurückdrängen.

Die Gesetzesnovelle sieht unter anderem die Einführung einer Erlaubnispflicht für Betreiber_innen von Prostitutionsstätten, eine Anmelde- und gesundheitliche Beratungspflicht für Sexarbeiter_innen sowie eine Kondompflicht vor. Darüber hinaus werden mit dem ProstSchG Überwachungsbefugnisse, Kontroll- und Betretensrechte für zuständige Behörden sowie Bußgeldvorschriften eingeführt.

Die Länderkammer hatte bereits im Mai dieses Jahres weite Teile des Gesetztes gebilligt, einige Punkte allerdings abgelehnt und sich dabei vor allem gegen die weitgehenden behördlichen Befugnisse gegenüber Sexarbeiter_innen positioniert.

Der Deutsche Bundestag hat das Gesetz trotzdem im Juli dieses Jahres angenommen und aus der Stellungnahme des Bundesrates lediglich eine Klarstellung übernommen. Auch die für die heutige Sitzung vorgelegten Empfehlungen des Ausschusses für Frauen und Jugend, wonach unter anderem der Vermittlungsausschuss angerufen werden sollte, um das Inkrafttreten des Gesetzes auf den 1. Januar 2018 zu verschieben, fanden keine Mehrheit.

Das Gesetz wird nun dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet. Es soll, wie geplant, zum 1. Juli 2017 in Kraft treten.

Gegen die neuen Bestimmungen gab es bereits im Vorfeld massiven Protest, so von Sexarbeiter_innen-Organisationen, Fachverbänden und Beratungseinrichtungen, von Gesundheitsämtern, Datenschützer_innen sowie Ländern und Kommunen. Der Berufsverband für erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD) kritisierte das Gesetz als „Instrument zur Abschreckung, Verdrängung und ‚Eindämmung‘ von Sexarbeit“ sowie als Eingriff in die Grundrechte.

Auch die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) hat sich wiederholt öffentlich gegen das ProstSchG ausgesprochen und in einer Stellungnahme auf die drohenden Gefahren für HIV-Prävention und Gesundheitsförderung sowie die Sicherheit von Sexarbeiter_innen hingewiesen. So werde das neue Gesetz Sexarbeiter_innen, statt sie zu schützen und zu stärken, zusätzlich stigmatisieren und viele in die Illegalität drängen, wo sie für Beratung und Hilfe kaum zu erreichen seien.

(Christina Laußmann)

Quelle/weitere Informationen:

Mitteilung auf der Seite des Bundesrats vom 23.9.2016

„Der richtige Weg wäre, an der Stigmatisierung zu arbeiten“ – Interview mit der Sexarbeiterin Johanna Weber auf magazin.hiv vom 18.9.2015

Die Deutsche AIDS-Hilfe zum ProstSchG:

Stellungnahme der Deutschen AIDS-Hilfe zum Gesetzentwurf  vom September 2015

„Bundesregierung schützt Koalitionsfrieden statt Prostituierte“, Pressemitteilung der Deutschen AIDS-Hilfe vom 3.2.2016

„Prostituiertenschutzgesetz: neue Gefahren statt Schutz“, gemeinsame Pressemitteilung mehrerer Organisationen vom 21.9.2015

„Koalitionspläne: Prostituierten drohen neue Gefahren“, Pressemitteilung der Deutschen AIDS-Hilfe vom 28.1.2015

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Christina Laußmann

Christina Laußmann hat Kulturwissenschaft, Medienwissenschaft und Neuere deutsche Philologie an der Humboldt-Universität und Technischen Universität Berlin studiert. Seit 2013 arbeitet sie als Autorin und Lektorin bei der Deutschen Aidshilfe.

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