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Possibility Management (PM)

Mit den Trainings:
„Expand the Box“ und
Possibility Laboratorien
Auf der website https://de.possibilitymanagement.org wird PM angepriesen als
„eine neuartige und zeitgerechte Art des Denkens, um Veränderung in den physischen, intellektuellen, emotionalen und energetischen Blockaden zu beschleunigen, die dich und dein Team vom Gebrauch naheliegender, aber unsichtbarer Möglichkeiten abhalten… usw, usf“.
was erst einmal recht vollmundig, fast ein wenig überheblich klingt.
Im Grunde geht es bei PM um Bewusstheit, Verantwortung und daraus resultierend hoffentlich ein bewusstes und erfülltes Leben.
Ausgetretene Denkweisen sollen erweitert, eingeschliffene Verhaltensweisen erkannt werden, damit eine Veränderung stattfinden kann. Der Tellerrand soll erweitert werden, um Dinge tun zu können, die vorher aufgrund der Limitierung durch Glaubenssätze, übliche Verhaltensmuster, alte und überholte Entscheidungen usw. nicht möglich waren.
Das Expand-the-box-Training (ETB) bietet sozusagen die Basis, den theoretischen Unterbau, damit darauf aufbauend später ein Laboratorium absolviert werden kann.
Hier lernt man verschiedene Landkarten kennen, die übliche Verhaltensweisen aufzeigen und bewusst machen sollen. Das meiste, was hier gelehrt wird, ist aus anderen Richtungen bekannt, aber darum nicht minder wertvoll. Wie bspw. Das Drama-Dreieck, in dem wir gemeinhin leben, welches aber nur wieder Drama erschafft.
Meiner Meinung hat das PM ein Alleinstellungsmerkmal bei der Gefühlsarbeit. Jeder Mensch ist in seiner Verhaltensweise fast ausschließlich durch seine Gefühle beeinflusst. Daher ist es ein echter Gewinn, wenn man Klarheit über seine Gefühle hat, diese beherrscht, und nicht mehr Opfer seiner Gefühle sein muss.
Ein weiterer wesentlicher Punkt bei PM ist die Schattenarbeit, die sog. „unbewusste Absicht“. Der Gedanke hierbei ist, daß der Mensch grundsätzlich bei allem, was er tut, eine Absicht verfolgt. Ist die Absicht unbewusst, kann sie auch gerne mal aus dem Schatten resultieren mit entsprechenden negativen Folgen. Insofern ist es sinnvoll, Bewusstheit über seine Schatten zu haben, zu wissen, wie die ticken, damit man sich ertappen kann, wenn man zufällig versehentlich seinen Schatten dienen will. Denn nur dann kann man etwas anderes tun.
Bei den Laboratorien geht es überwiegend um
• Schattenarbeit
• das Erkennen und Erleben alter, einengender Entscheidungen und die Möglichkeit, eine neue Entscheidung zu treffen.
• Gefühlsarbeit
Die Laboratorien dauern i.d.R. 4 Tage, von morgens um 7 bis abends open end, kann gerne auch mal bis tief in die Nacht gehen. Sie sind selbstorganisiert, also in den wenigen und kurzen Pausen muss von den Teilnehmern Essen gekocht, geputzt usw. werden.
Gehalten werden diese Laboratorien von 2 oder 3, selten auch mehr „Trainern“, also Laien ohne wissenschaftlichen ärztlichen und psychologischen Hintergrund. Ihr Wissen haben die Trainer aus den Büchern von Clinton Callahan, der das PM erschaffen hat, und aus regelmäßigen „Trainer-Laboratorien“, wo sie sich untereinander schulen.
Kritische Betrachtung
• Bei den Laboratorien geht es „ans Eingemachte“. Die tun richtig weh. Alte Kindheitserinnerungen werden hervorgeholt, Traumata neu erlebt. Die Trainer meinen, die „Box“ der Teilnehmer knacken zu können, indem diese sehr starkem, psychischen Druck unterzogen werden. So in etwa wie eine Gehirnwäsche.
Die Trainer sind leider im Bereich Psychologie und Medizin völlig ungebildete Laien mit unbewussten Absichten und eigenen Sichtweisen, welche die Teilnehmer gerne in eine Richtung pushen, die sie für richtig halten, aber nicht unbedingt dem Wohle des Teilnehmers dienen und auch nicht zu seiner Heilung beitragen. Das Gegenteil kann auch passieren, sozusagen als billigend in Kauf genommener Kollateralschaden.
Die fachliche Überforderung der Trainer wird eigentlich nur von ihrem Hochmut übertroffen, alles richtig zu machen.
• Das PM geht von der Annahme aus, daß jeder erwachsene Mensch für sich sorgen kann und sollte. Das liegt in seiner Verantwortung. Daraus resultiert, daß
o jeder Mensch für sich alleine geht,
o Erwartungen grundsätzlich Gift sind und nicht sein dürfen, also zurückgenommen werden müssen,
o jeder Mensch auf seine eigenen Probleme zu achten hat und darauf, Probleme anderer Menschen nicht zu seinem Problem zu machen
o man auf gar keinen Fall andere Menschen „retten“ darf, also helfen, ohne um Hilfe gebeten worden zu sein o.ä.
o und dergleichen mehr.
Es geht also rein um das „erwachsene Ich“, welches für sich alleine sorgen kann und muss, dabei keine Bedürfnisse zu haben hat, welches von anderen Menschen gestillt werden muss.
Dabei wird nicht erkannt, daß auch in jedem erwachsenen Mensch ein „kindliches bedürftiges Kind“ schlummert mit grundlegenden Bedürfnissen, die nur von anderen Menschen gestillt werden können. Werden aber bspw. in einer Partnerschaft die jeweiligen Bedürfnisse des Partners nicht gestillt, dann wird diese Partnerschaft nicht glücklich und von Dauer sein. Gleiches gilt für jede Form menschlicher Beziehungen. Da für den Menschen Beziehungen das Wichtigste im ganzen Leben sind, wird konsequentes PM nicht zu einem glücklichen Leben führen. Es führt zu Hochmut, Arroganz, überhöhtem Ego, daraus resultierend zu Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit.
• Im PM werden starre Konzepte vermittelt, trainiert und nach diesen soll gelebt werden. Ausgedacht wurden diese von dem sehr charismatischen, guruesk verehrten Clinton Callahan und einigen seiner Gefolgsleute. Weder sind diese Konzepte wissenschaftlich untermauert, noch gehen sie flexibel auf Menschen ein. Es sind Universalkonzepte, die für alle Menschen Anwendung finden: Für den ungehobelten Menschen gleichwohl wie für den hochsensiblen, für das junge Mädchen wie für die reife Frau nach 30 Jahren Ehe, für denjenigen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung wie für den Narziss, für den Suizidgefährdeten wie auch für den Psychopathen, usw. Es werden alle über einen Kamm geschert. So etwas kann nicht funktionieren, tut es auch nicht.
Manche Elemente des PM sind wohl wissenswert. Ein ETB-Training kann wenig Schaden anrichten, aber für viele wichtige Erkenntnisse sorgen.
Wer Wert auf seine Partnerschaft oder überhaupt auf Beziehungen legt, dem rate ich von einem Expand-the-Box Training oder gar einem Laboratorium ab. Wer hingegen lernen will, für seine eigenen Ziele einzustehen, für den könnte das sehr hilfreich sein. Man sollte nur aufpassen, nicht als Anhänger dieser sektenartigen Gemeinschaft zu enden. Wie so häufig, findet man auch im PM viele recht schwache Persönlichkeiten, die sich vom PM „auffressen“ und instrumentalisieren lassen.
Auch rate ich, den Inhalt der Bücher von Herrn Callahan mit kritischen Augen zu betrachten. Vieles, was gut klingt, erweist sich bald als Trugschluß, Luftschloß und Irrweg.
Die Laboratorien halte ich für extrem bedenklich. Hier wird von ungebildeten Laien in voller Überzeugung, das Richtige zu tun und die Wahrheit gepachtet zu haben, an den Teilnehmern tiefenpsychologisch ohne Sinn und Verstand herumgedoktert. Das kann im schlimmsten Fall sehr großen Schaden hinterlassen.

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